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Wassermelone: Roman (German Edition)

Wassermelone: Roman (German Edition)

Titel: Wassermelone: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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ein paar Jahre richtig arbeiten lassen, bevor sie sich entscheiden dürfen, ob sie weiterlernen wollen.«
    »Hast du das getan?«, fragte ich ihn. »Ich meine, richtig gearbeitet?«
    »In gewisser Hinsicht«, beschied er mich knapp. Offensichtlich wollte er nicht mehr sagen. Das wurde immer sonderbarer. Da hat also unser Saubermann Adam eine Vergangenheit. Jedenfalls klang, was er sagte, so.
    Ich wette, er will nur geheimnisvoll tun und einen Mythos um sich herum aufbauen, dachte ich unfreundlich. Vermutlich hat er die letzten sechs Jahre in einer Behörde gearbeitet. Sicher in der ödesten Abteilung, die sie da haben, beispielsweise Lizenzvergabe für Großviehhaltung, falls es so was gibt .
    Laura richtete die zweite Frage an Adam, die man Studenten grundsätzlich stellt (die erste ist: »Was studierst du?«).
    »Was willst du nach deinem Studium machen?«, fragte sie. Ich hielt den Atem an.
    Bitte, lieber Gott, bitte, lass ihn nicht sagen, dass er Autor oder Journalist werden möchte, flehte ich stumm. Nicht eins dieser unerträglichen Klischees. Ich begann ihn zu mögen und zu achten, und bei einer solchen Antwort wären meine Empfindungen geradezu absurd geworden. Ich faltete die Hände zum Gebet und hob die Augen gen Himmel.
    »Ich würde gern was mit Psychologie machen«, sagte er. (Ich war erleichtert.) »Mich interessiert, was in den Köpfen der Menschen vor sich geht. Ich könnte mir vorstellen, eine Art psychologischer Berater zu sein. Andererseits würde ich vielleicht auch gern in die Werbung gehen und meine Psychologiekenntnisse dort anwenden«, erklärte er. »Bis dahin ist aber noch viel Zeit.«
    »Und was ist mit Englisch?«, fragte ich ihn nervös. »Macht dir das keinen Spaß?«
    »Natürlich«, sagte er. »Mein Lieblingsfach. Aber ich sehe nicht, wie ich damit meinen Lebensunterhalt verdienen könnte. Außer ich würde versuchen, Autor oder Journalist zu werden. Das will aber jeder Zweite.«
    Gott sei Dank!, dachte ich. Ich freue mich, dass es ihm gefällt. Ich könnte nur nicht ertragen, schon wieder von jemandem zu hören, dass er ein Buch schreiben will.
    So plauderten wir weiter. Laura ging zur Theke, um noch etwas zu trinken zu holen. Adam wandte sich mir zu und lächelte.
    »Ich finde es großartig«, sagte er, »mich mit jemandem niveauvoll zu unterhalten.« Ich glühte.
    Er schob sich ein bisschen näher an mich heran.
    Auch wenn ich vielleicht nicht mehr den Körper einer Siebzehnjährigen habe, kann ich immer noch einen Mann unterhalten, dachte ich selbstgefällig.
    Ich kam mir vor wie eine reife, starke Frau, die weiß, wohin sie gehört. Selbstsicher, eigenwillig, aber auch amüsant und unterhaltsam. Witzig und klug. Natürlich Unfug. Keine halbe Stunde war vergangen, seit ich geheult hatte, weil meiner Überzeugung nach jeder im Lokal wusste, dass ich das Letzte war. Alles eine Frage der Einstellung.
    In dem Augenblick fühlte ich mich gut, und das war Adams Verdienst. Aber spielte es eine Rolle, wer dafür sorgte, dass ich mich gut fühlte? War es nicht besser, als sich schlecht zu fühlen?
    »Adam, wir gehen jetzt. Kommst du mit?« Die hübsche Blondine war neben ihm aufgetaucht.
    »Nein, Melissa, noch nicht. Aber wir seh’n uns morgen, in Ordnung?«, fragte er.
    Es war klar, dass es alles andere als in Ordnung war. Melissa verzog ärgerlich das Gesicht. »Aber … ich dachte … kommst du nicht mit zur Party?« Es klang, als könnte sie ihren Ohren nicht trauen.
    »Ich glaub nicht«, sagte Adam, etwas entschlossener.
    »Na schön!«, sagte Melissa und ließ keinen Zweifel daran, dass es alles andere als schön war. »Hier sind deine Sachen.« Mit diesen Worten ließ sie eine riesige Sporttasche zu Boden plumpsen. Laura und mir warf sie einen giftigen Blick zu. Verwirrt, aber giftig. Offensichtlich konnte sie nicht verstehen, was Adam mit zwei alten Schachteln wie uns wollte, wo er doch freie Wahl unter all den knackigen Siebzehnjährigen im Lokal hatte.
    Offen gesagt verstand ich es auch nicht. Melissa stolzierte davon, und Adam seufzte.
    »Noch ’ne Studentenparty würde ich nicht aushalten«, erklärte er matt. »Warmes Dosenbier. Aufs Klo kannst du nicht, weil da drin gebumst wird. Wenn du deine Jacke auf dem Bett liegen lässt, kotzt jemand drauf. Jede knutscht mit jedem. Für so was bin ich zu alt.«
    Mit einem Mal tat er mir richtig leid. Ich überlegte, dass es ihm wohl ernst damit gewesen war, dass er sich über ein niveauvolles Gespräch freute.
    Für einen erwachsenen

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