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Wassermelone: Roman (German Edition)

Wassermelone: Roman (German Edition)

Titel: Wassermelone: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Menschen konnte es nicht leicht sein, von aufgeregt kichernden Achtzehnjährigen wie Helen und Melissa umgeben zu sein. Es konnte auch nicht leicht sein, dass sich so viele junge Mädchen in einen verliebten. Jedenfalls dann nicht, wenn man ein warmherziger Mensch war – und dafür hielt ich Adam – und sie nicht verletzen oder kränken wollte.
    In manchen Fällen ist Schönheit nicht nur angenehm. (Auch wenn ich da nicht aus eigener Erfahrung sprechen kann.) Man muss seine Macht klug und verantwortungsbewusst nutzen.
    Während der nächsten zehn Minuten zog ein unaufhörlicher Strom junger Mädchen an unserem Tisch vorbei, die sich von Adam verabschieden wollten. Offensichtlich ein Vorwand. Vermutlich hatte Melissa Bericht erstattet, und sie kamen, um zu sehen, wie hässlich und alt Laura und ich waren.
    Wenn man den Spieß umgedreht hätte, wäre ich eine der Ersten gewesen, die sich über Schuhe, Kleidung, Make-up und Frisur der Störenfriede mokiert hätte.
    Allerdings sah Laura mit ihren rötlichen Locken und dem Alabasterteint richtig bezaubernd aus und nicht annähernd wie dreißig. Ich glaube auch, dass ich nicht besonders übel aussah. Wahrscheinlich hat das trotzdem keine davon abgehalten zu sagen, wie uralt wir schienen. Welche Rolle spielte das auch?
    Jemand hielt mir eine Sammeldose unter die Nase und klapperte damit.
    »Möchten Sie etwas für Kinder in Not spenden?«, fragte ein Mann im nassen Mantel mit sorgenzerfurchtem Gesicht.
    »Klar«, sagte ich, durch den Alkohol etwas großzügiger als sonst, und steckte ein Pfund in den Schlitz.
    »Sie?«, fragte er mit Blick auf Laura. Adam hatte er nicht einmal seiner Frage gewürdigt. Offensichtlich erkannte er den mittellosen Studenten auf den ersten Blick.
    »Ach, ich leiste meinen Beitrag unmittelbar«, erklärte sie.
    »Tatsächlich?«, fragte ich verwirrt. Ich hatte nicht gewusst, dass sich Laura um das Wohlergehen von Kindern kümmerte.
    »Ja. Ich geh regelmäßig mit einem von ihnen ins Bett«, erklärte sie. »Wenn das kein unmittelbarer Beitrag ist, weiß ich wirklich nicht.« Der Mann machte ein entsetztes Gesicht und wandte sich schleunigst dem nächsten Tisch zu. Adam brüllte vor Lachen. »Mit Pädophilen hatte ich noch nie was zu tun«, sagte er.
    »Ist nur ein Witz. Kleinen Kindern tu ich nichts«, sagte sie. »Das fragliche Kind ist neunzehn.«
    Wir tranken aus, zogen unsere Mäntel an und brachen auf. Allmählich leerte sich das Lokal. Alle an den Tischen um uns herum schienen bester Laune zu sein – mit Ausnahme der Bedienungen; sie flehten die Leute praktisch an, das Lokal zu verlassen.
    »Ich hab jetzt dreizehn Abende am Stück gearbeitet«, hörte ich einen Kellner an einem Tisch mit besonders aufgedrehten Gästen sagen. »Ich bin total kaputt.« Offen gestanden sah er erschöpft aus, aber sein Appell an ihre Menschlichkeit war wohl Zeitverschwendung.
    »Mir kommen die Tränen«, sagte ein ziemlich betrunkener junger Mann spürbar ironisch.
    »Wenn Sie das Glas nicht austrinken, nehm ich es so mit«, drohte ein Kellner an einem anderen Tisch in der Nähe. Er fühlte sich in der Rolle des freundlichen Gastgebers erkennbar am wohlsten.
    Also trank der Gast fast einen halben Liter unter anfeuernden Rufen wie »Gut gemacht! Keinen Tropfen vergeuden!« in einem Zug aus. Selbst Laura rief ihm zu: »Runter mit dem Zeug, alter Junge.«
    Etwa fünf Minuten später kamen wir vor dem Lokal an ihm vorüber. Einige seiner Begleiter, die ebenso betrunken waren wie er, hielten ihn, während er sich übergab.
    Wir merkten, dass es wieder regnete.
    »Mein Wagen steht nicht weit von hier am anderen Ende der Straße«, sagte Laura. »Ich lauf schnell hin.« Wir umarmten einander zum Abschied.
    »Ich komm am Sonntag, um mir Kate anzusehen«, sagte sie. »Es war nett, dich kennenzulernen, Adam.« Dann lief sie in die nasse Nacht und wäre beinahe mit dem sich übergebenden Mann zusammengestoßen.
    »’tschuldigung«, rief sie.
    Adam und ich blieben einen Augenblick stehen. Ich wusste nicht recht, was ich sagen sollte, und er schwieg.
    »Kann ich dich nach Hause bringen?«, fragte ich. Ich kam mir dabei etwas sonderbar vor, ungefähr wie eine mannstolle ältere Frau, die einen mittellosen, gutaussehenden jungen Mann kauft.
    »Das wäre wirklich toll«, sagte er mit einem Lächeln. »Ich glaube, ich hab den letzten Bus verpasst.« Ich entspannte mich. Keine Rede davon, dass ich seine Situation ausnutzte – ich tat ihm einen Gefallen.
    Wir gingen durch

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