WattenMord (German Edition)
erwiderte Theves.
„Na, der ist doch in Ordnung“, erwiderte Wiebke und bemerkte erst jetzt den hochgewachsenen Mann Ende vierzig, der sich zu ihnen gesellte. Er wirkte ziemlich nervös, daran änderte auch der wachsame Blick seiner blauen Augen und der gesund wirkende, braune Teint nichts. Zu einer khakifarbenen Hose trug er ein dunkelblaues Hemd, auf dessen Brusttasche das Multimar-Logo aufgestickt war. Ein Mitarbeiter also, wahrscheinlich einer der Vorgesetzten, schätzte Wiebke. Sie sparte es sich, die Dienstmarke zu zücken. „Kommissarin Ulbricht, mein Kollege Hauptkommissar Petersen von der Kripo Husum.“ Sie deutete mit dem Daumen auf Jan Petersen.
„Ralf Finner, Moin.“
Petersen erwiderte den Gruß. „Sie gehören zu dem Laden, nehme ich an?“
Manchmal war er einfach nur peinlich, durchzuckte es Wiebke.
Jan Petersen hatte eine etwas rustikale Art, die nicht immer angebracht war. Doch wer ihn kannte, wusste, dass er es nicht böse meinte.
Finner hatte die flapsige Anmerkung offenbar überhört.
Er nickte. „Schrecklich, was da passiert ist.“
„Führen Sie uns zum Fundort?“, bat Wiebke höflich.
„Natürlich.“ Finner nickte. „Bitte kommen Sie mit.“
„Wir kommen zurecht, danke“, sagte Petersen an Polizeimeister Theves gewandt. Er hatte Anstalten gemacht, sich der Gruppe anzuschließen. „Bleib man hier und halt die Stellung, nicht dass noch jemand von der Presse mit reinrutscht.“
„Allns torech.“ Theves nickte dienstbeflissen und zog die schwere Metalltür mit dem Bullauge zu.
Nun standen sie in einem gefliesten Korridor. Links gab es eine Stechuhr, die auf „Gehen“ stand.
Sie betraten ein recht unspektakuläres Treppenhaus, das steil nach oben führte. Die Wände waren weiß getüncht, der Boden wirkte frisch gewischt. Unterwegs berichtete Finner ihnen, was geschehen war.
„Wo befindet sich Ihre Mitarbeiterin jetzt?“, fragte Wiebke.
„Im Aufenthaltsraum. Wie Sie sich vorstellen können, steht Sie unter Schock.“
„Natürlich.“
Durch eine weitere feuerfeste Tür gelangten sie in die Ausstellung. Wiebke war vor einigen Jahren schon einmal hier gewesen. Doch seit ihrem letzten Besuch hatte sich vieles geändert im Multimar. So wie es aussah, hatte man die Ausstellung vergrößert. Jetzt aber fand sie keine Zeit, sich in Ruhe umzublicken, denn Finner marschierte zielstrebig zum „Forum“, wie er den theaterähnlichen Raum nannte. Anstatt einer Bühne bot sich den Zuschauern ein atemberaubender Ausblick auf eine faszinierende Unterwasserwelt.
„Ich krieg’ Hunger“, flüsterte Petersen an Wiebke gewandt.
Sie warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, den er mit einem Grinsen quittierte.
„Riech doch mal – es duftet ganz herrlich nach Fischstäbchen!“, bekräftigte er unbeeindruckt.
„Du spinnst!“ Wiebke tippte sich bezeichnend gegen die Stirn.
„Das Thema ,vom Meer auf den Teller‘ haben wir tatsächlich in unserer Ausstellung aufgegriffen“, mischte sich Ralf Finner jetzt ein. „Das ist für unsere kleinen Besucher ganz wichtig, sie lernen zum Beispiel, wie aus Fisch ihre geliebten Fischstäbchen werden.“
Petersen nickte und warf Wiebke einen „Siehst du, ich hab‘s dir doch gesagt“-Blick zu.
„Das hier ist also das Forum?“, kam Wiebke zum Grund ihres Besuches im Multimar zurück. Sie blickte sich in dem Raum um. Durch eine gut sechs mal sechs Meter große Panoramascheibe konnten sie gleich in die Nordsee blicken – so sah es wenigstens aus.
Wiebke erkannte einen großen Hummer, der neugierig aus einer Felshöhle kam. Der Felsen bildete das zentrale Element im Wasser, um ihn herum tummelten sich die Fische. Sie erschauderte, als sie sich den Anblick eines Toten in dieser Unterwasserwelt vorstellte, und fragte Finner, welche Fische sich in dem Großbecken befanden.
„Fünf Kabeljaue, Lachse, zwei Störe, Steinbutts, Nagelrochen, Katzenhaie, Meerforellen und da unten unser großer Hummer“, zählte der Biologe auf.
„Was mich viel mehr interessiert“, fuhr Petersen dazwischen, der angestrengt ins Wasser starrte, „wo ist die tote Person denn abgeblieben?“
Finner zog die Mundwinkel nach unten. „Im Technikraum, der sich oberhalb des Beckens befindet. Leider konnten wir nichts mehr für ihn tun. Das Wasser ist konstant auf 11 Grad temperiert. Ein Mensch stirbt bei diesen Temperaturen nach spätestens zehn Minuten.“
Wiebke riss sich vom Anblick der künstlichen Unterwasserwelt los und wechselte einen Blick mit
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