Weber David - Schwerter des Zorns - 2
wunderschönen Stickerei
en zu vollenden, und Bahzell überströmten zärtliche Erinnerungen,
als er ihre geschickten Hände bei der Arbeit beobachtete. Sein Groß
vater, Prinz Karath, war entsetzt gewesen, als sein Ältester und
Thronerbe Bahnak Arthanal Farlachstochter als Braut nahm. Sicher,
sie war eine Pferdediebin und zudem eine Nichte ersten Grades des
Prinzen von Mazgau. Der Clan der Eisenaxt und ihr eigener Kriegs
hammer-Clan waren aber alles andere als gute Freunde. Außerdem
war sie eine schlanke, für eine Hardani beinahe zierliche Frau. Ka
rath und seine eigene Gemahlin hatten in ihrer sechsundachtzigjäh
rigen Ehe nur drei Kinder gezeugt, und er hegte ernste Sorge, wie
viele Enkel wohl ein zerbrechliches, junges Ding wie diese Arthanal
werfen würde.
Schlimmer noch war ihr Ruf als schüchternes Mädchen, das zu al
lem Überfluss auch noch »belesen« war. Für Karath entsprach sie
damit nicht gerade der Art von Gemahlin, die einen politische Hilfe
für einen Regierenden Prinzen darstellte, der ein kriegerisches Volk
zu vereinen gedachte. Karath hatte alles unternommen, um diese in
seinen Augen höchst unpassende Vereinigung zu verhindern. Doch
zum ersten Mal, soweit er sich erinnern konnte, hatte die Unnach
giebigkeit seines Sohnes seiner eigenen Paroli geboten. Bahnak war
aufmerksam, höflich und auch bereit gewesen, einzuräumen, dass
einige Argumente seines Vaters durchaus stichhaltig waren. Gleich
zeitig war er ebenso unerschütterlich geblieben wie ein Granitmas
siv. Schließlich hatte Karath widerwillig eingesehen, dass eine Ent
fremdung von seinem Thronerben eine weit verheerendere Wirkung
hätte als eine kränkelnde Kriegshammer-Schwiegertochter.
Allerdings hatte Prinz Bahnaks Auserwählte die Befürchtungen
seines Vaters alsbald Lügen gestraft. Gewiss, sie hielt sich lieber im
Hintergrund, aber ihre scheinbare Zurückhaltung gründete sich in
einem gelassenen Selbstbewusstsein. Das sagte ihr, dass ihre Stärken
in weniger öffentlichen Bereichen lagen. Also sah sie keine Veranlas
sung, sich in den Vordergrund zu spielen. Sie war eine scharfsinnige
Beobachterin und kluge Deuterin. Ihre Belesenheit entsprang dem
selben Wissensdurst, der auch Bahnak antrieb. Allerdings war es in
ihrem Fall die Liebe zum Wissen um des Wissens willen, während
Bahnak nach Wissen gierte, weil es das einzige Mittel war, mit dem
er sein Volk aus der Barbarei erheben konnte. Trotz seiner anfängli
chen Zurückhaltung ertappte sich Prinz Karath sehr bald dabei, dass
er ganz aufmerksam Arthanais Rat lauschte. Und so zerbrechlich sie
auch aussehen mochte, sie war alles andere als kränklich. Die Nie
derkunft seines ersten, sehr stämmigen und sehr lauten Enkels lie
ßen Karaths Sorgen auf eine angenehme Art verstummen, und bald
schon dämmerte ihm, dass diese Ehe auch ihre Kriegshammer-Ver
wandten von Feinden in Verbündete verwandelte. Der alte Sturkopf
stand nicht in dem Ruf, seine Meinung rasch zu ändern, wenn er
überhaupt dazu bereit war, doch bei Arthanal warf er diese Ge
wohnheit über Bord. Schon bald war er geradezu in sie vernarrt.
Und die Entschlossenheit seines Sohnes, mit der er sich seinen Wün
schen widersetzt und einen derartigen Schatz geehelicht hatte, ver
stärkte Karaths Vertrauen in Bahnaks Urteilsvermögen beträchtlich.
Selbst jetzt wussten nur sehr wenige Vertraute, wie sehr sich Bahn
ak auf Arthanal verließ. Sie war nicht nur seine Kollaborateurin, sei
ne Deuterin und seine engste strategische Beraterin, sondern sie war
auch sein Ausgleich, der Ruhepol, der seine gelegentlichen Ausbrü
che von überbordender Begeisterung für ein Projekt oder eine Stra
tegie dämpfte, sowie das Zentrum, um das sich der ganze innere Fa
milienkreis scharte. Auch wenn sie selbst weiterhin im Hintergrund
blieb, hatte sie ihre Töchter ermutigt, ihren Herzen zu folgen und
ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Halah und Adaiah, die bei
den jüngsten Töchter, waren sehr nach ihr geraten, Marglyth und
Maritha jedoch, die beiden älteren Mädchen, hatten sich ebenso
kühn in Bahnaks Vorhaben gestürzt wie Arthanais und Bahnaks
Söhne.
Sharkah, die mittlere Schwester Bahzells, war das Einzige der
Mädchen, die aus der Art geschlagen war. Sie fand weder Ge
schmack an Büchern noch an Politik, sondern interessierte sich nur
für Kampftechnik. Entsprechend klebte sie wie eine Klette an Kaeri
tha. Bahzell war überzeugt, dass Kaerithas Vorbild der letzte Trop
fen war, der den zähen Einwand seines Vaters wegspülen
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