Weddingplanerin mit Herz (German Edition)
an.
Warum rechtfertige ich mich eigentlich? Sollen diese blöden Angeber sich eben was Besseres ausdenken.
»Ein sehr guter«, sagt Madame.
Habe ich etwas nicht mitgekriegt? Das war ein Lob, oder?
»Isch frage misch«, fährt sie fort, »ob du dir schon einmal Gedanken über deine beruflische Zukunft gemacht hast.«
»Wie jetzt?« Ich bin verwirrt. Reden wir noch über die Hochzeit meiner Schwester? Was hat die mit meiner Zukunft zu tun?
»Entschuldige, Julia, das muss isch besser erklären. Wir sind seit einiger Zeit auf der Suche nach einer zuverlässigen Praktikantin in den Ferien und am Wochenende. Wir zahlen gut, erwarten aber jemand Pfiffigen, der uns wirklisch unterstützt. Hast du Interesse?«
Ich traue meinen Ohren nicht. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit kommen wieder ein paar Silben aus mir heraus. »Sie – ich – warum?«
Endres tippt auf meine Zettelsammlung. »Weil du das sehr gut gemacht hast.«
Mir schwirrt immer noch leicht der Kopf, doch ich fange an zu begreifen. Ohne mich zu bewerben, habe ich soeben einen Nebenjob abgegriffen, einen sehr interessanten sogar. Das zusätzliche Geld kann ich gut gebrauchen, denn ich schätze, nach der Hochzeit meiner lieben Schwester wird nicht mehr allzu viel für meine Extrawünsche übrig sein. Und davon gibt es einige, unter anderem den Führerschein. Taktisch sollte ich wahrscheinlicheine Nacht drüber schlafen, aber das würde nichts ändern.
»Okay!«, sage ich.
»Ehrlich? Superb!«, ruft Endres.
»Wir werden uns aber nischt nur mit der Hochzeit deiner Schwester befassen«, warnt Madame Sandrine. »Obwohl ihre Gästeliste dein erster Auftrag sein wird, damit wir die weiteren Schritte auf Sylt planen können.«
Ich nicke. Ich habe in jeder Hinsicht verstanden und lerne gleich meine erste Lektion, wie ich eine Kundin zu einer zumindest groben Einschätzung ihrer Gästeanzahl bewege, die sich davor derart drückt wie Meli.
Einteilung der großen Menge in kleine, besser überschaubare Gruppeneinheiten:
Verwandte
Schulfreunde
Arbeitskollegen
Nachbarn
Sportfreunde
Das ist bei Weitem nicht der einzige Trick, den Madame auf Lager hat und der großartig funktioniert. Die 50 Leute stehen fest, endlich!
Meli freut sich mit mir über meinen Job und verspricht hoch und heilig: »Ich werde von jetzt an die einfachste Braut von allen sein, damit du keine Schwierigkeiten mit mir hast! Ich bin total erleichtert, dass wir nicht komplett auf die Strandparty verzichten müssen.Sylt finde ich super. Bin gespannt, was Joachim dazu sagt!«
Ich lächle in mich hinein. Wetten, meine Schwester hat ihren Schwur bald vergessen! Und Joachim wird sicher »was immer du willst, Liebste« sagen, denn das tun die künftigen Ehegatten fast immer. Hat Endres mir erklärt. Erstaunlich, wie sehr er sich über seinesgleichen lustig macht. Nicht grob, aber mit vielen feinen Spitzen. Er weiht mich in die Geheimnisse der Agentur ein. Das Meiste läuft über den Computer, logisch, das ist ja nirgends anders. Bisherige Angebote an die Paare, zahllose Powerpoint-Präsentationen, Preislisten, thematisch sortierte Webseiten …
Und dann gibt es die Kästen und Regale. In anderen Büros würde das »Aktenschränke« heißen und danach aussehen. Aber Endres erklärt mir: »Wenn du etwas Schönes verkaufen willst, musst du es ebenso schön verpacken! Nur dann trauen die Leute dir den Job zu.«
Deshalb ist zum Beispiel der Kasten, in dem die neuesten Kataloge sämtlicher Brautkleider lagern, perlmuttfarben angemalt und mit einer Tüllschleife verschnürt. Die Reiseanbieter sind sandfarben mit Muschelgriff, die Juweliere golden mit Strasssteinen, die Kirchen und Standesämter haben eine Marmoroptik, die Floristen und Dekorateure ein Rosenmuster und so weiter.
»Wozu gibt es das alles doppelt?«, wundere ich mich. »Fast alles davon könnten sich die Leute auch im Internet ansehen.«
»Das ist nicht dasselbe«, sagt Endres. »Am verständlichstenist es bei unseren Stoffmustern und Dekobeispielen, die kann man auch befühlen und ihre Wirkung sehen. Die meisten können sich das auf einem Bildschirm, und sei er noch so groß, nicht sehr gut vorstellen.«
»Na gut, aber in den Katalogen sind auch nur Bilder …«
»Warte es ab, den Unterschied verstehst du nach einer Weile. Gemütlich im Sessel blättern und mit dem Partner die Köpfe zusammenstecken ist einfach was anderes.«
Meinen ersten Nachmittag verbringe ich damit, dieses Ablagesystem zu aktualisieren. Alte Kataloge und
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