Weg damit
überhaupt etwas zu sagen, ist im Ursprung immer eine Versagensangst. Diese Angst hat nichts mit der statistischen Wahrscheinlichkeit zu tun, dass einen ein Stimmbandkrampf auf offener Bühne ereilt. Im Theater nennt man sie Lampenfieber. Und jeder Darsteller weiß, in dem Moment, in dem es ernst wird, kann man sich darauf verlassen, dass die Angst weicht. Die Erfahrung, diese Angst schon des Öfteren
gut überstanden zu haben, verleiht die nötige Routine, vor großen Gruppen zu sprechen. Übung hilft hier ungemein!
Oft befällt den Redner die Angst, vor einer großen Gruppe auf bestimmte Fragen keine Antwort zu haben, etwas schlichtweg nicht zu wissen. Das war auch meine größte Angst, als ich eine Zeit lang eine Gastprofessur in Designtheorie innehatte. Der gefürchtete Moment kam natürlich, und ich machte dabei zweierlei Erfahrungen: Zum einen hörte ich mich plötzlich eine Antwort geben, die ich gar nicht hätte wissen können. Ich holte die Antwort entweder aus meinem tiefen Innern oder ich hatte Zugriff auf das, was Rupert Sheldrake morphogenetische Felder nennt - jene energetischen Felder also, die uns umgeben und in denen alles Wissen gespeichert ist. Wer durch eigenes Wissen genügend Input leistet, kann auch auf genauso viel Output hoffen, wenn er es einmal nötig hat. In einem anderen Fall gestand ich meinen Studenten ganz offen: »Ich weiß es nicht.« Wir besprachen zusammen, aus welcher Literatur wir diese Information beziehen könnten, und zwei Studenten zogen in die Bibliothek. Etwas nicht zu wissen ist menschlich und normal. Aber so zu tun, als müsse man perfekt sein und dürfe nicht versagen, ist unmenschlich!
Weitaus brisanter ist die Versagensangst in Prüfungen. Wer hier seine Angst nicht im Griff hat, obwohl er fachlich gut ist, scheitert langfristig ohne professionelle Hilfe. Die Angst baut sich über den inneren Druck auf, den man als Schüler durch die Eltern und später durch sich selbst erfährt. Außer dass man die Prüfung wiederholen muss, kann doch eigentlich nichts passieren. Und die Welt geht auch nicht davon unter, dass man mal durchfällt.
Entspannen
Bestimmte Gemütszustände »funktionieren« nicht zusammen mit Angst. Können Sie sich beispielsweise vorstellen zu lachen, während Sie Angst haben, und umgekehrt? Sie können also versuchen, sich selbst vor Prüfungssituationen zum Lachen zu bringen. Als Prüferin habe ich immer versucht, den Kandidaten auf diese Weise angstfrei zu stimmen. Lockere Unterhaltung und
kleine Scherze helfen mehr als die Versicherung »Es wird schon nicht so schlimm werden«.
Wer wirkliche Probleme mit Ängsten hat, dem empfehle ich die regelmäßige Übung von Entspannungstechniken. Wenn diese erst einmal ein Teil des normalen Lebens geworden sind, wird sich die Angst wie von allein legen. Entspannung und Anspannung durch Angst schließen sich nämlich gegenseitig aus. Techniken wie Qigong, Yoga, Meditation, autogenes Training stärken Körper, Geist und Seele. Meines Erachtens braucht heutzutage jeder, der beruflich stark engagiert ist, seine ganz persönliche Entspannungstechnik!
Mit dem Schlimmstmöglichen rechnen
Es geht nicht in erster Linie darum, die Angst zu bekämpfen, sondern sich ihr zu stellen. Heute kenne ich zum Beispiel Lampenfieber so gut wie überhaupt nicht mehr. Diese innere Erregung, die Ausschüttung von Adrenalin, kann man durchaus auch als Kick genießen. Ich rede vor einem Saal voller Menschen und freue mich daran. Meine Geschichte von der kleinen schüchternen Dozentin glaubt mir heute keiner mehr. Die Frage ist ja auch die: Was passiert im schlimmsten Fall? Bewerfen mich die Leute mit Tomaten? Was soll denn tatsächlich passieren, das mich in irgendeiner Weise gefährden könnte? Ich bleibe stecken, verliere den Faden? Dann frage ich laut: »Wo war ich doch gerade?« Der souveräne Umgang mit der eigenen Unzulänglichkeit ist entwaffnend und wird vom Publikum als menschliche Komponente geschätzt. Und auch das Geständnis: »Da habe ich wohl gerade Blödsinn erzählt« nimmt potenziellen Kritikern den Wind aus den Segeln.
Die Angst vor Fehlern
Als ich vor Jahren noch im Design Center für Projekte zuständig war, passierte mir einmal ein besonders peinlicher Fehler: Ich übersah beim Korrekturlesen einen Satzfehler auf einer Einladungskarte. Diese war am Ende zweitausendmal gedruckt und unterschrieben von der »Prädidentin« des Amtes. Ich wäre gern in den Erdboden versunken! Jetzt gab es mehrere Möglichkeiten.
Ich
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