Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen, falls sie ebenfalls ihr Gewehr zum Einsatz würde bringen müssen.
»Alpha-Zwo, auf ein Uhr!«, bellte Alicia, als sechs oder sieben Gestalten plötzlich neben einem der Kasernengebäude auftauchten. Jede einzelne war bewaffnet, und sie alle hielten geradewegs auf Corporal Chul zu.
Chul reagierte nicht. Wahrscheinlich hätte sie Alicias Warnung auch überhaupt nicht benötigt, doch das war Alicia nur recht. Lieber sollte man ihr vorwerfen, sich zu viele Sorgen zu machen, als dass sie unnötige Risiken eingehe. Nicht, dass Chul Byung Cha ihrerseits zu irgendwelchen Risiken bereit gewesen wäre. Ihr eigenes Gewehr zuckte in Schussposition, dann spie es, perfekt gezielt, Tod und Verderben. Drei der Verteidiger des Lagers waren tot, bevor die anderen auch nur begriffen, dass sie beschossen wurden. Zwei weitere starben, ehe Sergeant McGwire, ihr Katschmarek, auf sie auch nur zielen konnte. Die beiden letzten Insassen fanden fast gleichzeitig den Tod, während sie noch verzweifelt versuchten, zu Boden zu gehen - in dem Augenblick hatten McGwire und Chul auch ihnen beiden ihre Aufmerksamkeit zuteil werden lassen.
»Winchester-Eins übernimmt Bravo-Eins-Drei«, verkündete Alicia und änderte ein wenig den Kurs: Sie steuerte das Gebäude an, dessen Funktion die Nachrichtendienstler nicht hatten ermitteln können. Eigentlich hätten Chul und McGwire diese Aufgabe übernehmen sollen, doch durch den Gegenangriff - oder was auch immer das eigentlich hatte darstellen sollen - waren sie ein wenig zurückgefallen. Wahrscheinlich hätte ich das lieber jemand anderen übernehmen lassen sollen, ging es Alicia durch den Kopf, und sie dachte an das zurück, worüber sie noch vorhin sinniert hatte. Doch Cateau und sie waren besagtem Gebäude am nächsten, und sie wollte, dass der Rest der Alpha-Gruppen weiter vorrückte und nicht etwa das Tempo drosselte, um sich mit einem Gebäude zu befassen, dessen Zweck oder Bedeutung ihnen nicht bekannt war.
Es entging Alicia nicht, dass Cateau kein Wort sagte. Was natürlich nicht bedeuten musste, dass sie diese Entscheidung guthieß.
Jetzt bewegten sich weitere Gestalten auf dem Gelände, doch es war für Alicia ganz offensichtlich, dass sie immer noch nicht begriffen, was hier eigentlich vor sich ging. Diese Gestalten dort bewegten sich immer noch auf die Angreifer zu, sie reagierten defensiv - wahrscheinlich sogar instinktiv, ohne jegliches bewusstes Nachdenken -, und das hätten sie niemals getan, wenn ihnen klar gewesen wäre, dass sie es hier mit dem Kader zu tun hatten. Sich vom Kader zurückzuziehen, und das so rasch wie möglich, wäre eine deutlich umsichtigere Vorgehensweise gewesen.
Andererseits neigten Leute in Panik nun einmal dazu, dumme Dinge zu tun - und das galt vor allem für unerfahrene Leute in Panik.
»An alle Winchesters, denken Sie an die Einsatzbestimmung!«, sagte Alicia scharf. Wahrscheinlich war auch das völlig unnötig, aber dieser Teil des Einsatzes lag nun einmal in ihrer Verantwortung. Währenddessen rückte sie weiter vor, geradewegs auf das Gebäude zu, dem man die Kennung Bravo-Eins-Drei verliehen hatte.
Sie war noch etwa dreißig Meter davon entfernt, als mit einem heftigen Ruck die Tür aufgerissen wurde und eine Gestalt ins Freie taumelte.
Wieder erschien das Fadenkreuz auf Alicias HUD, bewegte sich scheinbar kriechend durch ihr Blickfeld, als mit unvorstellbarer Geschwindigkeit ihr Gewehr erneut in Schussposition schnellte. Auf der Brust des Fremden blieb das Fadenkreuz dann stehen, doch Alicia eröffnete noch nicht das Feuer. Wie sie ihren Leuten gerade eben selbst noch ins Gedächtnis gerufen hatte, galt EB Delta, und so hielt sie sich zurück, während ihre Sensoren den Fremden vollständig sondierten.
Männlich, erwachsen, Körpergröße 1,71 Meter, meldeten sie. Trotz der kühlen Nachtluft war der Oberkörper nackt. Eine rote Linie betonte die Konturen eines kurzen Messers mit erstaunlich breiter Klinge, das er in einer Scheide auf der rechten Hüfte trug, doch von einem Gewehr oder einer Pistole waren keinerlei Anzeichen zu erkennen.
Alicia verbiss sich einen Fluch und schwenkte die Waffe von dem Fremden fort. Ob mit Handfeuerwaffe oder ohne: Es war fast unendlich wahrscheinlich, dass er zu den Terroristen gehörte, die zu töten oder gefangen zu nehmen sie hierher gekommen waren. Doch im Augenblick hatte er keine Waffe bei sich, mit der er Alicia oder einen ihrer Soldaten hätte bedrohen können,
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