Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten
hatte auch nur den Hauch einer Chance, sich einem AlphaSyntho-Schiff entgegenzustellen, nichts außer einer anderen AlphaSyntho konnte es einholen, und Alicia wagte gar nicht daran zu denken, wie die Navy wohl darauf reagieren würde, sollte es Tisiphone und ihr tatsächlich gelingen, dieses Schiff zu stehlen. Das verdammte Ding kostete alleine schon fast so viel wie ein halber Dreadnought, aber das Wissen, dass sich eines dieser Schiffe in der Hand einer unzweifelhaft Wahnsinnigen befand, würde jeden einzelnen Admiral der gesamten Navy über Nacht ergrauen lassen. Sie würden alles tun, um dieses Schiff wieder in ihre Gewalt zu bringen.
Sie versuchte, einfach nicht darüber nachzudenken, als sie den Bengal -Shuttle auf Träger Eins zusteuerte und dann beinahe mechanisch die einzelnen Phasen des Andockmanövers durchging, doch es war fast unmöglich, das panische Geschnatter in ihrem Hinterkopf zu unterdrücken. Es war ja schon schlimm genug, von jedem Schiff des Imperiums, egal auf welchem Planeten, gejagt zu werden, aber wenn ihnen dieser Diebstahl hier gelänge, würde es noch viel schlimmer werden. Viel, viel schlimmer, denn es gab nur eine einzige Möglichkeit, ein AlphaSyntho-Schiff zu steuern, und es schnürte Alicia die Kehle zusammen, als sie sich vorstellte, den Bordcomputer kennen lernen zu müssen. Ihn prägen zu müssen, sich mit ihm zu paaren, eins mit ihm zu werden ...
Alicia hatte schon fast wieder abgekoppelt, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein, und nun schloss sie die Augen und keuchte mit zusammengebissenen Zähnen, als die Panik in ihr immer weiter zunahm. Doch Tisiphone hatte wirklich alle Brücken hinter ihr abgebrochen; es gab keinen Ort mehr, an den Alicia noch hätte gehen können, so erschreckend die Vorstellung auch war, und so fluchte sie heftig, allerdings lautlos.
»Sorge dich nicht so, kleines Menschenkind! Ich habe bislang lediglich daraufgewartet, dass dieses Fahrzeug fertiggestellt wird, und ich nehme keine Dinge in Angriff, die scheitern können.«
»Verdammt noch mal! Du hast mich nicht gewarnt, dass so etwas kommen könnte!«
»Ich sah keinen Grund dafür«, gab die lautlose Stimme nüchtern zurück. »Ich brauche deinen Körper und deine Hände, und du hast mir geschworen, sie mir zu geben.«
»Körper und Hände, ja, aber doch nicht das hier! Hast du eigentlich eine Vorstellung davon, was du hier von mir verlangst?«
»Selbstverständlich.«
»Das bezweifle ich, Lady! Das bezweifle ich ernstlich. Ich habe keinerlei Erfahrung mit so etwas - man hat mich nicht einmal für CyberSyntho-Links freigegeben, geschweige denn für ein AlphaLink. Ich weiß noch nicht einmal, ob meine SynthoLink-Software mir eine Interaktion hier überhaupt gestatten wird!«
»Früher hätte sie das nicht getan. Jetzt schon.«
»Na wunderbar. Vielen Dank auch! Und hast du auch schon daran gedacht, dass ich, wenn mich dieses Ding überhaupt reinlassen wird - was höchstwahrscheinlich überhaupt nicht der Fall sein wird -, ein Teil davon sein werde? Dass ich dieses Link niemals wieder lösen kann?«
»Durchaus.« Tisiphone hielt inne, dann sprach sie weiter, und in ihrer lautlosen Stimme schwang Unnachgiebigkeit mit, zugleich aber auch ein gewisses Mitgefühl. »Kleines Menschenkind, es ist unwahrscheinlich, dass du lange genug überleben wirst, um das überhaupt als Problem zu erachten.« Diese Worte jagten Alicia einen eisigen Schauer über den Rücken. Überrascht war sie von diesen Worten nicht, doch es erschreckte sie dennoch, es endlich ausgesprochen zu hören. »Ich bin nicht, was ich einst war. Das weißt du auch, und daher weißt du auch, dass ich deine Feinde nur mit deiner Hilfe besiegen kann. Dieses Schiff wird dein Schwert sein, dein Schild, und doch lässt alles vermuten, dass diese Piraten über mehr Feuerkraft verfügen, als selbst dieses Schiff aufzubringen vermag. Wir werden sie suchen und aufspüren, und wir werden ihre Anführer vernichten, doch das ist alles, was ich dir versprechen kann - und auch alles, was ich dir versprechen werde.« Einen Moment lang hielt die Furie inne. »Mehr habe ich dir niemals angeboten, Alicia DeVries, und du bist kein Kind, sondern gehörst zu den größten Kriegern, die ich jemals kennen lernen durfte. Willst du mir wirklich erzählen, du hättest nicht schon längst selbst begriffen, dass es daraufhinauslaufen muss?«
Alicia ließ den Kopf sinken und schloss die Augen. Sie wusste, dass Tisiphone nichts als die Wahrheit gesagt hatte.
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