Wege des Herzens
gezeigt.«
»Doch nur deshalb, weil er glaubt, dass Carl nicht mehr für ihn da sein wird.« Rosemary sah Ania fast flehend an.
»Ich glaube, dass Carl hier sehr glücklich ist, und Bobby freut sich für uns, dass wir zusammen sind, Mrs.Walsh. Deshalb werde ich weder etwas sagen noch etwas tun, um daran etwas zu ändern.«
Rosemary betrachtete die junge Frau. »Die anderen haben recht. Sie
sind
intelligent und haben einen scharfen Verstand. Ich habe einen Fehler gemacht. Auch dafür möchte ich mich entschuldigen. Mein Ansinnen mag Ihnen unverschämt vorgekommen sein.«
»Es war ein Missverständnis, Mrs.Walsh. Vergessen wir es.«
»Sie sind sehr klug, das sehe ich jetzt, aber zu spät.«
»Es ist nie zu spät.«
»Doch, das ist es. Ich werde jetzt gehen, Ania.«
»Sind Sie sicher, dass Sie nicht doch ein Glas Wein mit uns trinken möchten?«
»Ich bin sicher. Vielen Dank.«
In dem Moment ertönte Lachen aus dem Zimmer nebenan.
Rosemary schaute zur Tür. »Carl hat nie Freunde zum Essen mitgebracht, als er noch zu Hause gewohnt hat.«
»Nun, vielleicht hat er einfach seine eigene Wohnung gebraucht.«
»Auf Wiedersehen, Ania.«
»Auf Wiedersehen, Mrs.Walsh.«
Fiona wollte ihm etwas sagen. Man musste nicht Einstein sein, um das zu sehen. Sogar ein Hund wie Dimples schien es zu wissen. Ohne einen Laut von sich zu geben, lag er da und leckte seine Pfoten ab. Declans Vater Paddy war mit seinem Freund Muttie und anderen Kumpels im Pub, und seine Mutter Molly führte ein langes Gespräch mit Fionas Mutter Maureen. Wie immer ging es um die passende Garderobe für die Hochzeit.
»Declan?«
»Irgendetwas stimmt nicht, habe ich recht?«
»Du spürst es auch?« Fiona schien erleichtert.
»Ich spüre, dass du wegen etwas beunruhigt bist, ja.«
»Ich kann dich nicht heiraten«, sagte sie.
»Du hast einen anderen Mann kennengelernt«, neckte er sie.
»Du weißt, dass das nicht stimmt.«
»Liegt es an mir? Hast du mich satt?«
»Ich bitte dich, Declan Carroll.«
»Was ist es dann, Schatz?«
»Das ist eine lange Geschichte«, erwiderte Fiona.
»Wir haben alle Zeit der Welt«, sagte Declan und verschränkte die Arme vor der Brust, um sich eine höchst komplizierte und verworrene Geschichte anzuhören, von der er kaum ein Wort verstand. Außer, dass Fiona wegen einer falschen Einschätzung, das heißt,
noch schlimmer
, aus generellem Mangel an Einschätzungsvermögen, nicht heiraten konnte und nicht heiraten würde.
Niemals im Leben.
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KAPITEL ZWÖLF
V iele Menschen heiraten vermutlich nur deshalb, weil sie Angst davor haben, in letzter Minute alle Hochzeitsvorbereitungen über den Haufen zu werfen. Nur wenige heiraten deshalb, weil sie wirklich füreinander bestimmt sind, dachte Fiona. Sie verstand das nur allzu gut. Allein die Vorstellung, wen sie mit ihrer Entscheidung alles vor den Kopf stoßen würde. Sie wagte nicht einmal, an Declans Eltern, an ihre Eltern und an ihre Schwestern zu denken, die jetzt keine Brautjungfern werden würden. Man würde sich frühestens in der nächsten Generation von ihrer Absage erholt haben. Dann waren da noch all die Cousinen und Cousins, die Tanten und Onkel von beiden Seiten, die bereits ihre Hochzeitsgarderobe bestellt und in manchen Fällen auch schon ein Hochzeitsgeschenk geschickt hatten.
Und ganz zu schweigen von Vonni, die nach Jahrzehnten zum ersten Mal wieder nach Irland zurückkehren wollte, und von David, der das erste Mal aus England zu Besuch kam, dann ihre Kollegen aus der Herzklinik, die sich sehr für sie gefreut hatten, und Father Flynn, dessen Zentrum unten an der Liffey sie mit ihrer Hochzeit sozusagen eingeweiht hätten und der sich nun wie ein Narr vorkommen würde; die Zwillinge Maud und Simon, die ganz Dublin erzählt hatten, dass dies der Beginn ihrer großen Karriere war – auch sie wären am Boden zerstört. Und schließlich Ania, die endlich wieder glücklich war und ihr Lachen wiedergefunden hatte. Sie hatte ihr ein traumhaft schönes Hochzeitskleid genäht und würde jetzt darauf verzichten müssen, ihre Kreation vor dem Altar bewundern zu können.
Es war nur allzu verständlich, weshalb andere Frauen unter dem Druck nachgegeben hatten, statt sich die halbe Welt zum Feind zu machen. Doch andere Frauen waren auch nicht in den Genuss der großen Einsicht gekommen, die Fiona zuteilgeworden war.
An dem Tag, an dem sie in der Zeitung diesen Bericht über das kurze Leben und den erbärmlichen Tod von Shane O’Leary gelesen hatte,
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