Wege des Herzens
»Fiona, sei ehrlich zu mir. Willst du, dass jemand anders dein Hochzeitskleid macht?«
»Nein, Ania, wie kommst du denn auf die Idee?«
»Was ist dann mit dir los?«
Gequält sah Fiona sie an. »Ich kann Declan nicht heiraten«, sagte sie plötzlich. »Ich verstehe absolut nichts von Männern. Ich kann das nicht durchziehen.« Dann fing sie heftig zu schluchzen an.
»Und was sagt Declan dazu?«, fragte Ania.
»Er weiß es nicht«, erwiderte Fiona unter Tränen.
»Na, dann musst du es ihm sagen.«
»Das kann ich nicht.«
»Du musst aber. Ich bin schon dabei, ihm eine Weste aus demselben Stoff wie dein Kleid zu nähen. In Gottes Namen, er
muss
es erfahren, Fiona.«
Carl hatte seine Freunde Nora und Aidan Dunne zum Essen in die neue Wohnung eingeladen. Ania hatte ein Lachsgericht vorbereitet, und Carl hatte ihr Blumen mitgebracht. Das Leben konnte nicht besser sein.
Sie waren sehr nett, die Dunnes, und sehr ineinander verliebt. Das sah man sofort an der Art, wie sie einander zuhörten und sich hin und wieder an den Händen berührten. Ania hatte Aidan bereits als Patient in der Herzklinik kennengelernt, auch seine Frau Nora, aber sie hatte keine Ahnung, was für ein interessantes Leben die beiden bisher geführt hatten. Glücklich und gelöst, als hätte sie nie etwas anderes getan, denn als Gastgeberin zu fungieren, saß sie am Tisch und unterhielt sich mit ihnen. Gegen neun Uhr klingelte es an der Tür.
Ania nahm den Hörer ab. Wer mochte wohl so spät noch kommen? Ein Blick auf den kleinen Bildschirm zeigte Ania, dass es Carls Mutter war.
»Bitte entschuldigen Sie, dass ich nicht vorher angerufen habe, aber ich weiß, dass Carl mich nicht sehen will.«
»Das ist nicht das Problem, Mrs.Walsh, aber wir haben Gäste zum Abendessen.«
»Es dauert nur eine Minute. Ich möchte Ihnen etwas sagen. Ich muss Carl deswegen gar nicht belästigen.«
»Das ist jetzt vielleicht keine gute Zeit, Mrs.Walsh.« Ania sah, wie Carl die Augen zur Decke verdrehte.
»Sag ihr, sie soll verschwinden«, flüsterte er.
Doch Ania war eben ein freundlicher Mensch. »Kommen Sie doch herein, Mrs.Walsh, aber bitte nur kurz. Ich hoffe, Sie nehmen uns das nicht übel.« Dann drückte sie auf den Türöffner.
Ania kehrte an den Tisch zurück. »Wir werden ihr wenigstens ein Glas Wein anbieten.«
»Verdient hätte sie einen Tritt!«, sagte Carl.
Ania lächelte entschuldigend den beiden Gästen zu. »Es ist eine lange Geschichte«, fügte sie hinzu.
»Wir kennen den größten Teil davon«, antwortete Nora. »Sollen wir nicht lieber gehen?«
»Nein, bitte nicht. Ich werde mit Carls Mutter nach nebenan gehen und dort mit ihr reden.«
»Du musst das nicht tun, Ania. Sie hat sich wirklich schrecklich benommen.«
»Du warst höflich zu
meiner
Mutter, obwohl du nicht ein Wort von dem verstanden hast, was sie gesagt hat. Ich werde höflich zu deiner sein.«
Ania führte Rosemary Walsh in ihr Schlafzimmer, wo Fionas Hochzeitskleid an der Wand hing.
»Und das ist das Kleid für …?«
»Für Fiona.«
»Ich verstehe.« Rosemary versuchte erst gar nicht, ihre Erleichterung zu verbergen.
»Möchten Sie sich nicht setzen?« Ania nahm auf dem breiten Bett Platz.
»Sie ziehen ein Doppelbett zwei getrennten Betten vor, wie ich sehe«, sagte Rosemary Walsh.
»Ganz recht. Ich habe Ihnen ein Glas Wein mitgebracht«, sagte Ania.
»Ich möchte jetzt keinen Wein, danke. Ich bin gekommen, um Ihnen zu sagen, dass meine Äußerungen Ihnen gegenüber bei der Party falsch waren. Ich hätte das nicht sagen dürfen. Sie waren schließlich Carls Gast, und das wusste ich. Ich habe mich sehr schlecht benommen.«
»Sie hatten sicher Ihre Gründe.«
»Nein, wenn ich es recht bedenke, fallen mir keine nennenswerten Gründe dafür ein.« Rosemary Walsh schien verlegen.
»Dann ist die Sache damit erledigt, Mrs.Walsh.«
»Nein, nichts ist erledigt. Ich möchte, dass Sie meinem Mann Bobby klarmachen, dass er unser Haus nicht verkaufen kann. Sie sollen ihm sagen, dass Sie und Carl zu uns ziehen und uns dabei helfen werden, ihn zu versorgen und nach oben zu bringen.«
»Ich denke, das sollten Sie besser mit Bobby und mit Carl, aber nicht mit mir besprechen.«
»Aber wenn Sie zusicherten, dass Sie als Pflegerin zur Verfügung stünden, dann wären die anderen bestimmt auch einverstanden.«
»Das denke ich nicht. Bobby ist fest entschlossen, sich etwas Neues zu suchen. Er hat uns bereits alle möglichen Anzeigen und Verkaufsprospekte
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