Wege des Herzens
zurück.
Amy, die gerade die morgendlichen Becher mit Kaffee verteilte, betrachtete sie lange.
»Du musst die heilige Ania sein, die Polin«, sagte sie schließlich zu ihr.
»Und du bist Amy, die Tochter von Peter Barry«, erwiderte Ania.
»Dann bist du also wieder da. Und ich kann verschwinden. Richtig?«
»Ich bin keine Heilige, und ich kann von Glück reden, wenn sie mich wieder nehmen.«
»Ach, ich bitte dich. Die sind doch alle verrückt nach dir!«
»Hat es dir hier gefallen?«
»Ja, sehr sogar.«
»Ich bin heute Morgen am Krankenhaus vorbeigegangen und habe gesehen, dass sie für die Notaufnahme jemanden suchen, der die Berichte schreibt, damit die Krankenschwestern Zeit für ihre eigentliche Arbeit haben.«
»Gehört das zu Frank Ennis’ Territorium?«
»Ja, das ganze Krankenhaus mehr oder weniger.«
»Aber ist er nicht unser natürlicher Feind?«, fragte Amy.
Ania lachte. »Ich glaube, ich bin gerade noch rechtzeitig zurückgekommen. Du hast ja alles schon ganz gut im Griff.«
Ania und Carl trauten ihren Augen nicht, als sie sahen, was für eine Wohnung Bobby für sie angemietet hatte.
»Das können wir nicht annehmen, Dad«, sagte Carl gerührt.
»Wozu habe ich denn mein Leben lang geschuftet, doch nur, damit du irgendwann mal was Eigenes hast?« Bobby strahlte über das ganze Gesicht.
»Aber alles auf einmal ist zu viel. Du wirst die Villa verkaufen und dir woanders etwa Neues kaufen müssen. Da musst du für diese Wohnung nicht auch noch tief in die Tasche greifen.«
»Wir können die Miete doch selbst bezahlen, Bobby«, schlug Ania vor. »Ich nehme einfach noch ein paar Jobs an. Das ist kein Problem.«
»Nein, Kind, du schickst dein Geld weiterhin an deine Mutter. Deswegen bist du doch überhaupt nach Irland gekommen.«
»Oh, meine Mutter freut sich sehr, Bobby. Wenn Sie nur sehen könnten, wie schön das Haus umgebaut wird! Sogar meine Schwestern sind mit mir zufrieden. Und das ist normalerweise nicht der Fall.«
»Hast du sie denn alle kennengelernt, Carl?«
»Das habe ich, und sie waren alle sehr nett zu mir. Das heißt, das denke ich wenigstens, da ich nicht ein Wort von dem verstanden habe, was sie zu mir gesagt haben.«
»Oh, sie waren sehr nett, Carl. Sie haben dich mit offenen Armen willkommen geheißen.«
Bobby räusperte sich. »Rosemary tut dieses Missverständnis sehr leid …«, begann er. Er sah, wie Carls Gesicht sich verhärtete, aber Ania legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm.
»Bitte, sagen Sie ihr, dass alles längst vergessen ist. In gewisser Weise hat sie uns sogar damit geholfen. So waren wir gezwungen, endlich das zu tun, was wir tun wollten.«
»Ich bin nicht sicher, ob Rosemary wirklich ausziehen will, aber es geht nicht anders. Und sie wird sich daran gewöhnen. Es ist sehr großzügig von dir, Ania, die Dinge so positiv zu sehen.«
»Es gibt eine Menge, wofür ich dankbar sein muss«, erwiderte sie.
»Und was ist mir dir, Carl?«
»Nein, so weit bin ich noch nicht. Ich habe keine so positive Einstellung wie Ania.«
»Du könntest dir eine zulegen«, meinte Ania.
»Ja, vielleicht tue ich das eines Tages.«
»Vielleicht auch schon etwas eher, Carl, damit dein Vater in diesen anstrengenden Zeiten noch ein paar friedvolle Tage genießen kann.«
»Vielleicht«, antwortete Carl. Doch er hatte nicht die geringste Absicht, mit seiner Mutter zu reden.
Den Stoff für Fionas Hochzeitskleid – einen meterlangen indischen Seidensari in Gelb und Weiß – hatte Ania auf einem der vielen Märkte in Dublin gekauft. Das Kleid würde wunderbar aussehen.
Während Ania ihre Maße nahm und eine Art Unterrock absteckte, der als Vorlage für das eigentliche Kleid dienen sollte, stand Fiona stocksteif wie eine Statue da, die Arme ausgestreckt. Sie brachte kaum ein Wort heraus und wollte von Ania weder etwas über ihre Reise nach Polen noch über die neue Wohnung wissen, auch nicht darüber, was Carl gesagt hatte, als er bei ihrer Mutter eingetroffen war.
Normalerweise hätte Fiona sie bis ins kleinste Detail ausgefragt.
Auch ihre Hochzeit war kein Thema. Jedes Gespräch, das Ania begann, schien ins Leere zu laufen. Ja, es war großartig, von Father Brian getraut zu werden. Ja, das Gemeindezentrum schien ein wunderbarer Ort für das Hochzeitsfest zu sein. O ja, es würden viele ihrer Freunde aus dem Ausland kommen. Und gewiss doch, die beiden Mütter verstanden sich bestens.
Schließlich stellte Ania das Döschen mit dem Stecknadeln beiseite.
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