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Wege des Herzens

Wege des Herzens

Titel: Wege des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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etwas mehr Schwung und eine andere Form verpassen. Sie wollen es doch ein bisschen kürzer, und mehr glänzen soll es auch, oder?«
    Als kurz und glänzend hätte Hilary ihr Haar beschrieben, bis sie sich in dem Moment im Schaufenster gesehen hatte.
    »Ja, aber nicht zu kurz.«
    »Vertrauen Sie mir«, sagte Kiki, und bald fielen Hilarys Haare büschelweise zu Boden.
    Hilary wusste nicht so recht, warum sie dieser jungen Frau mit den großen, dunkel umrandeten Augen und dem grünen Nagellack vertraute, doch irgendeinen Grund musste es dafür geben.
     
    Clara blieb vor Bewunderung fast die Luft weg, als Hilary nach ihrem Friseurbesuch in die Klinik zurückkam. »
Wo
haben Sie Ihre Haare schneiden lassen, Hilary? Sie sehen ja zehn Jahre jünger aus. Da muss ich unbedingt auch hin.«
    Hilary zeigte ihr die Visitenkarte des Salons. »Fragen Sie nach Kiki. Sie hat grüne Fingernägel.«
    »Also, Haare schneiden kann sie jedenfalls. Sie sehen umwerfend aus. Ich glaube, Sie und ich, wir sollten mal einen Abend lang auf Männerfang gehen.«
    »Ich mag mir gar nicht vorstellen, was uns dabei alles ins Netz gehen könnte«, erwiderte Hilary lachend, doch ihre Augen blickten traurig.
    »Ich muss Sie wohl nicht fragen, wie es zu Hause bei Ihnen aussieht. Die Situation ist unverändert, wie?« Claras Stimme war voller Mitgefühl.
    »Nein, sie hat sich sogar leicht verschlimmert. Gestern Nacht ist Mutter hinaus auf die Straße und hat alle Passanten nach der Uhrzeit gefragt.«
    »Und wie spät war es?«, wollte Clara wissen.
    »Es war vier Uhr nachts, aber sie hat gedacht, es ist vier Uhr nachmittags und dass ich bald zum Tee nach Hause kommen würde.«
    Clara erwiderte nichts.
    »Nur zu, Clara, sagen Sie es.«
    »Nein,
Sie
sagen es, Hilary. Sie wissen ebenso gut wie ich, was es dazu zu sagen gibt.«
    »Sie denken, meine Mutter müsste in ein Heim«, sagte Hilary.
    »Was ich denke, ist nicht wichtig.«
    »Ich bin sicher, dass Sie das perfekte Heim für sie kennen. Wenn ich Sie fragen würde, könnten Sie mir bestimmt einen Namen und eine Telefonnummer nennen …« Hilary biss sich auf die Unterlippe.
    »Es ist Ihre Entscheidung, aber falls Sie sich
tatsächlich
nach einem Pflegeheim erkundigen sollten, würde ich Ihnen das Lilac Court empfehlen. Es ist ein ausgezeichnetes Haus. Die Frau, die es leitet, ist eine gute Bekannte von mir. Ich kenne Claire Cotter seit Jahren. Sie versucht, den Menschen, die dort wohnen, das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten.«
    »Ich
kann
es nicht. Noch nicht.«
    »Natürlich.«
    »Machen Sie sich nicht über mich lustig, Clara. Sie wissen nicht, was diese Frau für mich getan hat. Ich kann sie jetzt nicht einfach irgendwohin abschieben.«
    »Es wäre vielleicht gnädiger.«
    »Leichter wäre es vielleicht, aber nicht gnädiger. Selbst wenn ich die Arbeit hier aufgeben und zu Hause bleiben muss.«
    »Das tun Sie doch schon mehr und mehr.«
    »Ich weiß, wahrscheinlich finden Sie auch, dass ich zu oft freinehme …«, begann Hilary.
    »Nein, das denke ich ganz und gar nicht. Sie arbeiten jede einzelne Stunde nach, die Sie sich freigenommen haben. Wie oft sehe ich Sie in der Mittagspause durcharbeiten oder nach Feierabend, wenn Nick zu Hause ist. Sie erledigen Ihren Job zu hundert Prozent, glauben Sie mir.«
    »Und wenn sie
Ihre
Mutter wäre, Clara?«
    »Dann würde ich sie in das erstbeste Heim stecken, das sie nimmt, und schleunigst das Weite suchen.«
    »Das sagen Sie so.«
    »Nein, ich meine es ernst. Meine Mutter war und ist eine vom Leben enttäuschte Frau, die nichts als Ärger macht und in allem und jedem nur das Schlechte sieht. Sie haben das Pech, dass Ihre Mutter eine durch und durch anständige und herzensgute Frau ist, und das macht Sie blind für das, was das Beste für sie wäre.«
    »Das ist kein Pech«, widersprach Hilary.
    »Nein, so war das auch nicht gemeint. Etwas Besseres als das kann einem Menschen gar nicht zustoßen. Ich habe so etwas leider nie gekannt, und ich bin deswegen sicher auch keine ideale Mutter. Ich weiß, meine beiden Mädchen haben große Probleme mit mir und finden mich bestimmt bescheuert.«
    In dem Moment wurden sie von Barbara unterbrochen, die für ein »Willkommensgeschenk« für Declan sammelte. Keine schwere Aufgabe – Declan war beim Personal und bei den Patienten der Herzklinik gleichermaßen beliebt. Auch die beiden Frauen spendierten große Euroscheine.
    »Ich habe ihn gestern Abend übrigens besucht«, erzählte Clara. »Es geht ihm schon

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