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Wege des Herzens

Wege des Herzens

Titel: Wege des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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wieder recht gut. Nächste Woche kommt er in die Rehaklinik.«
    »Ich hätte ihn auch gern mal besucht«, sagte Hilary.
    »Auch wenn Sie es sich nicht vorstellen können, aber eines Tages werden Sie so viel Zeit haben, wie Sie wollen«, tröstete Clara sie.
    »Oh, vielen Dank.« Barbara freute sich über die großzügigen Spenden. »Dieser Tim, der ist wirklich ein netter Mensch, er hat mir gerade auch einen großen Schein in die Hand gedrückt und gemeint, gute Menschen wie Declan müsste man unter Denkmalschutz stellen. Ist das zu fassen!«
    »Vielleicht ist unser Wachmann ein verkappter Romantiker«, mutmaßte Clara.
    »Glauben Sie? Na ja, auf jeden Fall schleppt er ständig ein polnisches Wörterbuch mit sich herum und lernt dauernd irgendwelche Wörter wie
tak
und
dzien dobry

    »Was heißt das?«, fragte Hilary neugierig.
    »Keine Ahnung.«
    »Vielleicht interessiert er sich für Ania«, meinte Clara.
    »Nein, ich glaube, eher für ihre Zimmergenossin«, erwiderte Barbara, die Spezialistin im Haus für Klatsch und Tratsch im zwischenmenschlichen Bereich.
     
    Ania saß mit Carl, dem Sohn von Bobby Walsh, im Warteraum und lernte Englisch. Die beiden hatten die Köpfe zusammengesteckt, während Ania sich abmühte, einem fiktiven Passanten den Weg vom Krankenhaus ins Zentrum der Stadt zu beschreiben.
    »Sie gehen zuerst die Hauptstraße entlang und folgen den Schildern zum Trinity College, und dann sehen Sie links die Universität. Sie gehen weiter, bis Sie ein großes Bankgebäude sehen, das früher einmal ein Parlament war. Hier könnten Sie nach rechts gehen, wenn Sie in die O’Connell Street wollen. Wenn Sie einkaufen wollen, dann sollten Sie links am Haupteingang der Universität vorbeigehen, und dann sind Sie schon in der Grafton Street mit seinen vielen Geschäften …«
    »Mit ›ihren‹ vielen Geschäften«, verbesserte Carl sie freundlich.
    »Warum sage ich nicht einfach: ›Ich bin Polin, ich kenne mich hier nicht aus!‹?«, fragte Ania lachend.
    »Weil das nicht stimmt – Sie wissen
genau
, wo alles ist. Ich will, dass Sie eines Tages perfekt Englisch sprechen!« Beide lachten aus vollem Hals, und in dem Moment bemerkten sie, dass Barbara neben ihnen stand und ihr Geplänkel mitbekommen hatte. Natürlich beteiligten auch sie sich an dem Geschenk für Declan.
    »Ihr Vater hat aber schon was gegeben.« Barbara wollte nicht, dass Carl sich gezwungen fühlte.
    »Nein, nein, das macht nichts, ich beteilige mich gern. Declan ist ein wunderbarer Mensch.«
    »Und ich werde ein großes Spruchband machen, auf dem steht: ›Willkommen‹«, versprach Ania, und Barbara kam es so vor, als würde Carl die junge Polin in dem Moment mit sehr viel Zuneigung betrachten.
     
    In dem Moment, in dem sie um die Ecke bog, wusste Hilary, dass etwas nicht stimmte. Vor ihrem Haus hatte sich eine Gruppe Nachbarn versammelt, und aus dem Küchenfenster drang dichter Qualm. Zuerst war sie vor Schock fast wie gelähmt, unfähig, einen Schritt weiterzugehen, doch dann eilte sie, laut den Namen ihrer Mutter rufend, auf das Haus zu.
    Nachbarn und Freunde hielten sie zurück.
    »Es geht ihr gut, Hilary. Sie ist wohlauf, ihr ist nichts passiert. Schau, sie sitzt dort drüben auf einem Stuhl.« Und in dem Moment entdeckte Hilary ihre Mutter, einen Becher Tee in der Hand und umringt von wohlmeinenden Menschen, während hinter ihr ein paar Nachbarn ins Haus gingen. Das Feuer war inzwischen gelöscht, aber sie hatten vorsichtshalber die Feuerwehr gerufen. Auf dem Weg zu ihrer Mutter warf Hilary einen flüchtigen Blick auf den Schaden. Von den Küchenvorhängen waren nur noch verkohlte Fetzen übrig, und die Wand, die man durch das zerbrochene Fenster erkennen konnte, sah schwarz und rußverschmiert aus. Ihre Mutter wäre von den Flammen eingeschlossen gewesen und in ihrem eigenen Haus bei lebendigem Leib verbrannt, hätte sie nicht irgendwie entkommen können.
    Hilary wusste, dass sie sich beim lieben Gott dafür bedanken musste. Jessica hingegen wirkte vollkommen unbeeindruckt.
    »Ich verstehe die ganze Aufregung nicht«, stammelte sie.
    »Aber, Mutter, du hättest tot sein können!« Hilary war so erleichtert, dass sie laut wurde.
    »Aber ich habe es doch für Nick getan. Er hat gesagt, er würde so gern mal wieder wie früher ein paar Pommes frites essen. Ich habe ihm versprochen, welche zu machen. Und dann ist Nick gegangen, und die Friteuse hat Feuer gefangen.« Hilary wusste, dass Nick es seiner Großmutter niemals erlaubt

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