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Wege des Herzens

Wege des Herzens

Titel: Wege des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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verheiratet, den alle nur Skunk, sie jedoch stets Sebastian nannte. Sie hatte ihren Ehemann mit Hilfe der heiligen Anna gefunden und ließ daher nichts auf die Heilige oder die abergläubische Verehrung ihrer Quelle kommen. Judy war besessen davon, den Namen ihres Mannes – der nach wie vor von allen Leuten nur Skunk genannt wurde – in Sebastian ändern zu lassen. Ein Sebastian weckte keine Assoziationen an ein unangenehmes, übelriechendes Stinktier oder gar an eine neumodische Droge.
    Manchmal konnte Judy im Gespräch mit ihrem Bruder ziemlich heftig werden, und dann musste Skunk Slattery beschwichtigend eingreifen.
    »Lass den armen Mann in Ruhe, Judy. Er ist nur ein verwirrter Priester, der von Tuten und Blasen keine Ahnung hat. Lass ihn doch gegen die heilige Anna wettern und schimpfen. Dabei kommt er sich kühn und wagemutig vor.«
    Doch als Judy nach Dublin kam, um ihren Bruder zu besuchen, war kein Skunk in der Nähe, um den lieben Frieden zu bewahren.
    »Wieso muss dieses lästige Mädchen eigentlich ständig hier herumhängen?«, fragte sie.
    »Weil sie uns hilft. Sie hat sich freiwillig bei uns gemeldet.« Brian ging nicht ins Detail.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es viel gibt, was
die
freiwillig machen würde«, erwiderte Judy missbilligend.
    »Warum magst du sie nicht, Judy? Sie ist völlig harmlos und wahrscheinlich ein bisschen einsam.«
    »Hm. Mir gefällt es nicht, wie sie von dir spricht … Oh, ich zeige Brian, wie man simst. Oh, ich denke, Brian muss lernen, eine E-Mail zu verschicken. Oh, Brian leistet
so
eine gute Arbeit bei diesen Leuten.«
    »Es ist nicht sehr nett, jemanden nachzuäffen.« Jetzt war Brian wirklich verärgert. »Sie kann doch auch nichts für ihren gewählten Tonfall.«
    »Ich rede
nicht
über ihren Tonfall, ich meine eher das, was sie sagt.« Judy war eindeutig auf Streit aus.
    »Aber das stimmt doch alles. Sie bringt mir bei, wie man E-Mails verschickt, und sie hat mir gezeigt, wie man simst. Das ist alles sehr nützlich.« Judys empörtes Schnauben war noch auf der anderen Seite der Liffey zu hören.
     
    Wenige Tage später stand Eileen vor der Tür von Father Flynns Erdgeschosswohnung.
    »Hallo, ja?«, sagte er überrascht.
    »Tja, irgendwie haben Sie ziemlich einsam geklungen in Ihrer E-Mail.«
    »Meine E-Mail?« Brian verstand kein Wort.
    »Ja, die Sie mir vor ein paar Tagen geschickt haben«, antwortete Eileen.
    »Nein, ich habe Ihnen keine E-Mail geschickt, Eileen.«
    »Aber ja doch, Brian. Sehen Sie …« Sie zog eine Seite bedrucktes Papier aus ihrer Handtasche.
    »Ich brauche meine Brille«, sagte er.
    »Sie sollten mich vielleicht ins Haus bitten, statt mich hier vor der Tür stehen zu lassen.« Unwillig bat der Pfarrer sie in seine karge Behausung. Als Eileen sich umsah, kreischte sie entsetzt auf.
    »
Brian
, Sie können unmöglich mit diesem Teppich hier leben, der ist doch uralt.«
    »Ist mir noch gar nicht aufgefallen«, erwiderte er.
    »Und nicht ein Stuhl passt zum anderen. Das sieht hier ja aus wie in einer Studentenbude. Und dann dieses durchgesessene Sofa. Wirklich, Brian, Sie haben etwas Besseres verdient.« Eileen schüttelte den Kopf.
    »Ich bin zufrieden mit dem, was ich habe. Danke, Eileen«, sagte Brian, und ihr schien der Anflug von Vorwurf in seiner Stimme nicht zu entgehen.
    »Nein, nein, ich wollte nicht kritisieren. Ich wollte damit nur ausdrücken, wie
wertvoll
Sie für uns alle hier sind. Sie sollten besser auf sich achten und sich etwas mehr Bequemlichkeit gönnen. Ich wette, Sie haben nicht einmal eine anständige Küche …« Unaufgefordert ging sie in seine Küche und sah sich dort um, traurig mit der Zunge schnalzend. »O Gott, diese zerkratzten Arbeitsflächen, der kalte Fußboden und das zerrissene Linoleum …« Und ehe Brian sie zurückhalten konnte, stand sie bereits in seinem Schlafzimmer, und ihr Blick fiel auf sein ungemachtes Bett und den Kleiderständer auf Rollen, der ihm als Schrank diente. An den Wänden waren Fußballposter über feuchte Flecken oder verschmutzte Stellen auf der Tapete geklebt.
    Wie peinlich.
    Brian, der sich plötzlich sehr unwohl fühlte, schob einen Finger unter seinen Hemdkragen. War vielleicht doch etwas dran an dem, was Johnny gesagt hatte? Dann riss er sich zusammen. Eileen Edwards war eine bildhübsche Fünfundzwanzigjährige, er ein übergewichtiger Priester mittleren Alters. Wie kam er nur auf die Idee, dass sie Interesse an ihm haben könnte!
    Mittlerweile hatte Eileen ein

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