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Wege des Herzens

Wege des Herzens

Titel: Wege des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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an dem Land, in dem sie nun lebten, andere wiederum hofften, Leute kennenzulernen, die ihnen Arbeit beschafften. Viele der Menschen, die einsam waren und in ärmlichen Verhältnissen lebten, lockte die Vorstellung, einen warmen und behaglichen Abend in Gesellschaft anderer zu verbringen. Brian baute darauf, dass dieser letztgenannte Grund zahlreiche Besucher köderte, und sorgte dafür, dass es immer etwas zu essen gab und dass eine Teemaschine bereitstand. Er kümmerte sich persönlich darum, dass im Kamin stets ein Feuer prasselte, was bei allen sehr gut ankam, und schmückte den Saal mit Fotos irischer Sehenswürdigkeiten, Schlösser und besonders malerischer Landschaften. Brian empfand es als Belastung, dass die Einwanderer so hart arbeiten mussten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und deshalb kaum Gelegenheit hatten, das Land kennenzulernen, in das es sie verschlagen hatte.
    Es war am Silvesterabend, als Brian Eileen Edwards kennenlernte. Eileen hatte irgendwie von dem Gemeindezentrum erfahren und wollte sich dort unbedingt engagieren. Geduldig versuchte Brian, ihr zu erklären, dass es in erster Linie eine Anlaufstelle für Einwanderer sei, aber Eileen ließ nicht locker.
    »Sie haben Ihr Zentrum einmal während der Messe erwähnt, Father. Ich bin Mitglied Ihrer Gemeinde und würde gern mitmachen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Brian begriff jedoch nicht ganz, was diese gutaussehende junge Frau Mitte zwanzig – mit langem, lockigem blondem Haar und in einer eleganten Lederjacke – genau damit meinte. Noch dazu wohnte sie in einem der teuren Apartmentblocks in der Nähe. Eileen erzählte Brian, dass sie freie Schriftstellerin sei. Ihr eigentliches Problem sei jedoch die Tatsache, dass sie von ihrem Vater eine monatliche Apanage bekomme, so dass sie nicht
hungrig
genug sei – wenn er verstehe, was sie damit meine. Wieder begriff Brian nicht ganz, was sie damit sagen wollte. Für ihn war die Sache einfach – entweder man war Schriftsteller, oder man war keiner. Aber was verstand er schon von solchen Dingen? Vor ihm stand eine charmante Frau, Mitglied seiner Gemeinde, die mithelfen wollte, also musste er für sie eine Beschäftigung finden.
    Allmählich wurde Eileen Edwards Teil des Lebens in Father Flynns Gemeindezentrum und half mit, englische Konversation zu unterrichten. Sie war oft im Haus und hielt die große Teemaschine in Gang. Dabei war sie jedes Mal angezogen, als ginge sie zu einer Party. Manchmal erlaubte sie den Mädchen im Zentrum, ihre teuren Jacken anzuprobieren, und erzählte ihnen von ihrer Wohnung, in der sie einen eigenen Schrank nur für ihre Schuhe hatte.
    »Die Dame mag es gern ein bisschen primitiv, Brian. Die ist doch nur auf der Suche nach einem Kick in ihrem Leben!«
    »Ach, Johnny, du musst doch immer was zum Schimpfen haben«, erwiderte Brian kopfschüttelnd. Mittlerweile kannte man sich lange genug, um sich zu duzen.
    »Aber was soll sie denn sonst hier wollen, Brian? Dauernd hängt sie hier herum und macht allen schöne Augen.«
    »Hat sie dich denn schon angemacht?«, fragte Brian interessiert. »Ich meine, ein besseres Exemplar eines rohen Primitivlings als dich bekommt sie nirgends geboten. Samt gebrochener Nase und allem.«
    Johnny war nicht beleidigt, sondern dachte ernsthaft über diese Bemerkung nach. »Nein, mich hat sie noch nie angemacht. Der würde ich auch eine schöne Abfuhr erteilen. Nein, ich glaube, sie ist eher an dir interessiert.«
    »An mir?« Brian Flynn konnte es nicht glauben. »An mir? Einem fetten Priester mittleren Alters!«
    »Du könntest ja dein Priesteramt an den Nagel hängen und ein normaler Mann wie wir anderen werden«, schlug Johnny vor.
    »Normal? Wer – du? Du bist doch ein kompletter Spinner, Johnny, das bist du.«
    »Damit könntest du sogar recht haben«, stimmte Johnny ihm zu. »Und das einzige Mittel dagegen ist eine Halbe Bier.«
    »Ich habe keine Ahnung, warum du mich erst gnadenlos durch die Gegend hetzt, um mich anschließend doch wieder mit Bier abzufüllen«, knurrte Brian.
    »Irgendjemand muss sich ja um dein Privatleben kümmern, damit dieser flotte Käfer dich nicht völlig aufmischt«, meinte Johnny.
    Brian lachte herzhaft. Johnny war ein Mensch, der überall nur Unheil witterte und an jeder Ecke Frauen auf Männerfang lauern sah.
    Doch er war nicht der Einzige, der Eileen Edwards nicht leiden konnte. Auch Judy Slattery, Brian Flynns Schwester, ließ kein gutes Haar an ihr.
    Judy war in Rossmore mit einem Mann

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