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Wege des Herzens

Wege des Herzens

Titel: Wege des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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Ist
Schwachkopf
gleich geisteskrank?«
    »Nein, nein, natürlich nicht. Es bedeutet nur, dass man sich dumm benimmt.«
    »Wie bei einem Nervenzusammenbruch, wenn man durchdreht?«
    »Nein, auch nicht. So ein Mensch stellt sich einfach von Natur aus dumm an. Ich sehe schon, das bringt dich auch nicht weiter. Das ist so was wie ein Kretin.«
    »Kretin!«,
rief Tomasz entzückt. »Was für ein wunderbares Wort! Was ist ein
Kretin?
«
    Es war eine große Erleichterung, sich wieder dem Gespräch über die bevorstehende Konferenz in Dublin zuwenden zu können. In Seminaren und Vorträgen sollte über die Einstellung der Kirche zu den neuen Iren, den Einwanderern, die für die Pfarreien im ganzen Land immer größere Bedeutung gewannen, diskutiert werden.
    Brian und Tomasz fuhren zu diesem Treffen mit dem Zug nach Dublin. Irgendwann im Lauf des Tages trat der Bischof an Brian heran und erklärte ihm, wie groß der Bedarf an hart arbeitenden, energisch auftretenden Priestern vor allem in der Innenstadt von Dublin sei.
    »Ich bitte Euch, Exzellenz, nehmt mir meinen Tomasz nicht weg. Er sprudelt nur so über vor Temperament und hat einen guten Einfluss auf die Gemeinde in Rossmore«, sagte Brian.
    »Wer hat denn von Father Tomasz gesprochen? Ich habe Sie damit gemeint«, erwiderte der Bischof. Und so war es gekommen, dass sich Father Brian Flynn bereits drei Monate später in seiner neuen Pfarrei in Dublin wiederfand.
     
    Wo er wohnte, schien allerdings keine Menschenseele zu interessieren. Die Tage waren längst vorbei, als das Pfarrhaus noch ein Ort von Bedeutung war, trotzdem wurde von ihm erwartet, dass er möglichst zügig eine Bleibe für sich fand. Father Flynn hatte sich überall umgehört, bis Johnny, ein großer, grobschlächtiger Kerl mit dem Aussehen eines Catchers, ihm erzählte, dass in dem Haus, in der er wohnte, eine Wohnung frei sei. Nichts Besonderes, aber praktisch gelegen, mit einem guten Pub gleich um die Ecke und weiter oben an der Straße einem Lebensmittelladen, der bis spät in die Nacht hinein geöffnet hatte. Der Eigentümer wohnte nicht im Haus, was immer von Vorteil war, aber selbstverständlich würde Brian bei seiner Position nicht allzu viele wilde Partys geben. Auf jeden Fall war man sich bald handelseinig, und Father Tomasz mietete einen Lieferwagen, um Brian Flynns überschaubare Habe nach Dublin zu transportieren.
    »Jetzt nimm doch die warme Decke mit, Brian, es könnte kalt werden im Winter«, bat er.
    »Nein, nein, diese Decke gehört ins Pfarrhaus.« Brian verzichtete großzügig.
    »Herrgott im Himmel, Sie beide benehmen sich ja wie ein altes Ehepaar, das bei der Trennung um den Hausrat feilscht«, stöhnte Johnny. Was die Ehe betraf, vertrat Johnny feste, samt und sonders negative Ansichten. »Ich kann nicht begreifen, weshalb man so einen Wind um die Ehelosigkeit von Priestern macht«, pflegte er zu sagen und befremdet den Kopf zu schütteln. »Ihr Burschen seid doch fein raus, würde ich meinen.«
    Woraufhin Brian jedes Mal konterte: »Sie sagen das doch nur, weil Sie die Richtige bisher noch nicht gefunden haben.«
    »Die Richtige gibt es nicht, die Weiber sind alle gleich. Wenn ich mir die Kerle so anschaue, ganz normale Männer, die sich die Kotze von den Schultern wischen, Windeln wechseln und Stunden von brüllenden Schreihälsen gequält werden, dann frage ich mich, ob die Welt, wie wir sie kennen, nicht total durchgedreht ist.«
    »Also, wenn wir alle so denken würden wie Sie, Johnny, dann würde die Welt, wie wir sie kennen, komplett aussterben, da sich niemand mehr fortpflanzen wollte.«
    »Das wäre auch kein Schaden«, pflegte Johnny daraufhin zu murmeln.
    Johnnys Wohnung im ersten Stock war voller Fitnessgeräte, und die einzigen Bücher waren die dazugehörigen Handbücher. In seinem Kühlschrank stapelten sich Fitnessdrinks, und auf dem Fensterbrett stand immer eine Schale mit frischem Obst. Ansonsten war Johnny ein umgänglicher, gutmütiger Bursche, der sehr großzügig mit seiner Zeit und seinen Talenten umging. Mehrmals die Woche gab er gratis Sportunterricht im Gemeindezentrum und ermutigte seine Mitmenschen, ihn bei seinen Joggingrunden im Park zu begleiten, unter anderem auch Brian.
    »Wir müssen zusehen, dass wir Ihr klerikales Bäuchlein loswerden, Hochwürden«, feixte er. »Wenn Sie hier in der Stadt überleben wollen, müssen Sie unbedingt abspecken und schlanker werden.«
     
    Tomasz hatte Brian ein paar nützliche Sätze auf Polnisch beigebracht. Er war

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