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Wege im Sand

Wege im Sand

Titel: Wege im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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von Georgia wie eine natürliche Barriere vorgelagert waren und ihr so gut gefielen. Sie hätte schwören können, dass sie Mangroven, bartflechtenartige Tillandsien und Wildpferde roch.
    Sie traten in die Pedalen, und ohne das sie sich vorher darüber abgesprochen hatten, lenkte Peggy das Tandem in Richtung Point. Bei Flut schwappte Wasser aus dem Hafenbecken und einem Stück Marschland auf den Parkplatz, so dass sie durch Meerwasser fuhren und dabei Elritzen aufscheuchten. Dann strampelten sie den Hügel hinter dem Tennisplatz hinauf und waren auf dem Point.
    Als sie an Stevies Haus gelangten, hielt Peggy an.
    »Woher wusstest du, dass ich hierher wollte?«, fragte Nell.
    »Ich bin deine Freundin.«
    Nell nickte, der Stein in ihrem Magen wurde immer schwerer. Sie gingen zu Fuß den Hügel hinauf, und als sie an die Stelle kamen, wo das Schild stand – war es verschwunden! Wo früher der Pfosten gewesen war, befand sich nun ein Loch im Boden. Vielleicht hatten die halbwüchsigen Jungen es gestohlen. Sie eilte den Hügel hinauf, um an die Tür zu klopfen, aber Stevie stand schon auf der Schwelle und wartete – wie bei Nells erstem Besuch.
    »Dein Schild ist verschwunden!«, sagte sie.
    Stevie nickte. »Ich weiß. Ich habe es entfernt.«
    »Du warst das? Warum?«
    Stevie lächelte. Ihre Augen, die durch die dunklen Ponyfransen lugten, blickten ernst, aber ihr Lächeln war beruhigend und warm, hinterließ einen unauslöschlichen Eindruck in Nells Herz. »Das zu erklären würde zu lange dauern, und ich möchte die Zeit nutzen, um über dich zu sprechen«, sagte Stevie.
    »Wo ist Tilly?« Nell blickte sich suchend um. Doch dann sah sie, dass die Katze an Stevies Seite war – sich an ihr Bein drückte –, als wüsste sie, dass Stevie heute Schutz brauchte.
    »Kommt herein«, sagte Stevie, und sie gingen ins Wohnzimmer. Von hier aus konnten sie den Strand mit den mächtigen Wellen sehen, die ans Ufer brandeten. Sie glichen den gewaltigen Wassermassen auf hoher See und nicht den sanften, für den Long Island Sound typischen Wellen, die Nell den ganzen Sommer beobachtet hatte. Vielleicht hatte sich das Wetter ihrer Stimmung angepasst.
    Nell und Peggy nahmen auf dem kleinen Sofa Platz, Stevie und Tilly setzten sich in den Sessel aus Weidengeflecht. Stevie hatte selbst gebackene Zuckerplätzchen auf den Tisch gestellt, in einem Porzellanteller mit Blumenmuster, aber niemand brachte einen Bissen hinunter.
    »Tara hat gemeint, wir sollten Nell entführen, und ich finde, das ist eine gute Idee«, sagte Peggy, den Tränen nahe.
    »Daran hatte ich auch schon gedacht«, meinte Stevie. »Aber ich glaube …«
    Nell blinzelte, lauschte andächtig Stevies Worten.
    »Ich glaube, ihr Vater weiß schon, was das Beste für sie ist. Seine Pläne klingen gut. Und …«
    »Und was?«, fragte Nell, von diesem Teil der Antwort nicht im Geringsten überzeugt.
    »Und wir beide werden dir jede Menge Briefe schreiben – stimmt’s, Peggy?«
    Peggy nickte, die roten Haare hüpften in ihre tränenüberströmten Augen. »Meine Mom hat schon Luftpost-Briefmarken für mich besorgt. Sie sind teurer als die anderen. Aber sie hat versprochen, mir so viele zu kaufen, wie ich brauche.«
    »Ich erinnere mich daran …«, begann Stevie, doch dann biss sie sich auf die Lippe. Sie versuchte das, was ihr um ein Haar herausgerutscht wäre, aus ihren Gedanken zu verdrängen, indem sie ihre Aufmerksamkeit auf Tilly konzentrierte, die neben ihr auf der Armlehne saß. »Tilly, Tilly – willst du auch an Nell schreiben?«
    »Woran erinnerst du dich?«, hakte Nell nach. Sie beugte sich vor und sah Stevie gespannt an, wartete auf Antwort.
    »Ich erinnere mich, dass es mir ähnlich erging, wenn deine Mutter und deine Tante am Ende des Sommers wegfuhren. Der Abschied war schlimm für uns. Wir sagten uns nicht nur einmal, sondern mehrmals Lebewohl, weil wir noch etwas Wichtiges vergessen hatten, und dann mussten unsere Eltern noch einmal umkehren, damit wir es loswerden konnten.«
    »Was hattet ihr denn vergessen?«
    »Uns noch einmal gegenseitig an bestimmte Dinge zu erinnern. Zum Beispiel: ›Wisst ihr noch, wie wir zum Rocky Neck gerudert sind und Picknick gemacht haben?‹ Oder: ›Erinnert ihr euch, wie wir den anderen Kindern am Strand weisgemacht haben, dass der Eiscrememann Krebse braucht, als Köder? Und wie die Kinder dann Schlange standen, um ihm Krebse zu verkaufen, was er sich überhaupt nicht erklären konnte!‹«
    »Das hätten wir auch

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