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Wege im Sand

Wege im Sand

Titel: Wege im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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großen, einzig wahren Liebe suchen würde, bis sie diese fand. An guten Tagen war ihr klar, dass sie diese Liebe bereits gefunden hatte: die Liebe zur Natur, das Schwimmen in den frühen Morgenstunden, Tilly, die Vögel, die Geheimnisse und Vertrautheit von New York City. Sie hoffte, dass Jack ebenfalls Erfüllung finden würde, in einer Liebe, die er bereits besaß und niemals verlieren konnte: in der Liebe seiner Tochter.
    Sie fragte sich, wer bei Nell sein mochte, während er am Strand war. Vielleicht hatte er eine Freundin. Vielleicht auch nicht …
    Wie auch immer, es gab keine zufrieden stellende Erklärung für den Gefühlsaufruhr, der sich ihrer bemächtigte, als sie sich den Bademantel um ihre nackten Schultern wickelte und barfuß durch den Sand, über die Holzbrücke, die Steinstufen hinauflief. Jede Empfindung war wie ein Messerstich ins Herz. Sie stellte sich kurz unter die Außendusche, wobei sie darauf achtete, ein paar Käfer aus den Spinnweben im taubeladenen Gras zu klauben: »Feentischtücher« hatte sie diese als Kind genannt.
    Sie dachte daran, was ihr Vater ihr einmal gesagt hatte: »Stevie, es gibt zwei Möglichkeiten, die Welt zu betrachten. Entweder du glaubst, dass die Erde jeden Zauber verloren hat, oder du kannst daran glauben, dass selbst in den geringsten Dingen ein geheimer Zauber steckt.«
    Als sie das Haus betrat, um ihre Krähe zu füttern, die gut zu gedeihen schien, und an ihre Gefühle angesichts der Tatsache dachte, dass Jack sie beim Schwimmen beobachtet hatte, blieb ihr keine andere Wahl, als an das Zweite zu glauben.

    »Hast du Lust, ›Lemon Tree‹ zu singen?«, fragte Nell zwei Tage später, während der Pause im Freizeitprogramm. »Meine Tante hat es mir beigebracht.«
    Peggy kicherte. »Meine Mutter und Tara singen das Lied auch andauernd. Dazu spielen sie abwechselnd Gitarre. Das klingt wirklich toll.«
    »Ich wette, Stevie singt es auch.« Nell gefiel es, den Namen auszusprechen: Stevie. »Sie hat mir ein Buch geschenkt, das sie selbst geschrieben hat. Und sie hat eine Tante, die sie dazu angespornt hat, Künstlerin zu werden.«
    »Eine Zauberkünstlerin, die alle verhext.«
    »Würde eine Hexe ›Lemon Tree‹ singen?«, fragte Nell neckend.
    »Vielleicht verwandelt sie Kinder in Zitronen!«, erwiderte Peggy, ebenfalls im Scherz. Sie waren gerade aus dem Wasser gekommen und saßen auf Nells Handtuch, Peggys Handtuch hatten sie sich um die Schultern gewickelt.
    Die Gruppe hatte im Kreis Platz genommen, so dass Laurel ihnen etwas über die Geschichte einiger der Cottages erzählen konnte, die annähernd hundert Jahre alt waren. Lange bevor sie erbaut wurden, pflegten die Eastern-Woodland-Indianer auf dem Felsenkap zu jagen und zu fischen, und später kamen die Künstler von Black Hall zum Malen hierher. »Lasst eurer Fantasie freien Lauf«, forderte sie die Kinder auf. »Betrachtet den Strand einmal mit anderen Augen.«
    Nell gefiel diese Aufgabe. Peggy und sie beschlossen, den Strand zu erkunden – und dabei würden sie, wie Nell wusste, auf den Spuren ihrer Mutter, ihrer Tante und Stevies wandeln. Sie hielten am Foley’s Store, um die Schublade des Tisches im Cafeteria-Bereich nach Liebesbriefen zu durchforsten; sie wanderten zum Point, wo sie auf den Felsen saßen und beobachteten, wie jemand von einem Ruderboot aus angelte; und sie durchquerten mehr Grundstücke, als Nell zählen konnte, um verwunschene Gärten und verborgene Vogelbäder in Augenschein zu nehmen.
    Ein paar Tage später lagen sie – ohne Handtücher – im Sand von Little Beach, einem weiteren geheimen Ort, den sie über einen Waldweg erreichten. Sie hatten das beste Meerglas gesammelt, das Nell jemals gefunden hatte, darunter zwei seltene blaue Stücke. Nell blickte zum Himmel empor und dachte an Tante Aidas Gemälde, das in Stevies Zimmer hing. Peggy erzählte ihr von der Schule in Black Hall, und sie erzählte Peggy, wie sie von Atlanta nach Boston umgezogen waren.
    »Hast du daher diesen tollen Akzent?«, fragte Peggy.
    »Ja. Ich bin aus den Südstaaten.«
    »Und ich bin Neuengländerin.«
    »Ich mag die Art, wie du redest. Du klingst wie meine Mutter. Sie war aus dem Norden. Mein Vater stammt auch daher.«
    »Ähm, du musst es mir nicht sagen, aber … was ist mit ihr passiert?«
    Die Frage hatte zur Folge, dass Nell sich mit einem Ruck aufsetzte. Ihr Brustkorb sank ein, hob und senkte sich schneller und schneller, ihre Schultern bildeten eine schützende Mulde um ihr Herz. Sie

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