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Wege im Sand

Wege im Sand

Titel: Wege im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Mondfee zublinzelt …«
    »Die Mondfee?«, fragte Stevie begeistert.
    »Ja«, antwortete Emma. »Der alte Mann im Mond ist müde geworden, und seine Zukunft war klar.«
    »Das ist Frauensache«, sagte Stevie.
    »Klar, was sonst«, meinte Maddie.
    »Jetzt wisst ihr Bescheid«, sagte Emma, und lachend tauchten alle drei in die nächste Welle ein.

    Stevie fuhr an diesem Julitag vom Schloss ihrer Tante nach Hause, fest entschlossen, Madeleine gleich am Nachmittag anzurufen. Doch dann fiel ihr etwas Besseres ein. Sie rief die Auskunft an, erhielt die Adresse von Madeleine Kilvert, die in der Benefit Street in Providence wohnte, und schickte ihr eine schriftliche Einladung. Als sie zur Post fuhr, um den Brief aufzugeben, zögerte sie einen Moment. Möglicherweise machte sie die Dinge nur noch schlimmer; sie war nicht ganz ehrlich gewesen, was die Hintergründe des Schreibens betraf …
    Doch der Klang von Nells Stimme, die ihrer Tante nachweinte, und die Erinnerung an die drei Freundinnen am Strand waren zu viel für sie, und so tat sie das einzig Mögliche: Sie steckte den Umschlag in den Briefkasten und hoffte das Beste.

    An einem Morgen, als Nell am Freizeitprogramm teilnahm, machte Jack einen Spaziergang zum Hügel. Er redete sich ein, der Anlass sei rein sachlich – hätte nichts zu tun mit den leidenschaftlichen Träumen, aus denen er schweißgebadet erwacht war, nach den wenigen Stunden Schlaf, die er letzte Woche bekommen hatte. Sein Besuch hätte nur den einen Grund: Stevie hatte eine ähnliche Kindheit wie Nell gehabt – und ihre Mutter ebenfalls in jungen Jahren verloren. Vielleicht konnte sie ihm einen Rat geben.
    Er klopfte an die Tür, kam sich vor wie einer dieser Halbwüchsigen, die auf den Baum vor ihrem Fenster geklettert waren – sie hatten Angst, in ihre Welt einzudringen, wollten aber trotzdem wissen, was darin vor sich ging. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Sie kam barfuß in die Küche, trug Jeans und ein im Nacken gebundenes Top.
    »Hallo«, sagte sie durch die Fliegengittertür.
    »Ich hoffe, ich störe nicht. Malst du?«
    »Ist schon in Ordnung – komm herein.« Sie hielt die Tür auf, und als er eintrat, rechnete er damit, dass sie ihm auf den Kopf zusagen würde, dass sie ihn im Morgengrauen am Strand gesehen hatte, aber sie schwieg. Beide taten, als sei nichts gewesen. Obwohl er nicht zum ersten Mal hier war, war die Situation für ihn völlig neu. Er war bemüht, einen ernsten Eindruck zu erwecken, um zu kaschieren, wie stark er sich zu ihr hingezogen fühlte. Außerdem war sein Anliegen ernst – er brauchte Hilfe für Nell. Er blieb in der Küche stehen.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie.
    »Alles bestens. Nein … von bestens kann keine Rede sein. Nell …«
    »Tut mit Leid, was neulich passiert ist, als ihr hier wart. Ich wollte sie nicht aufregen.«
    Er nickte. Die Erinnerung, wie unruhig Nell in den letzten Nächten gewesen war, überkam ihn. Er war erschöpft durch den Schlafmangel. »Sie steckt gerade in einer Krise.«
    »Was heißt das?«
    »Sie kann nicht einschlafen, weint viel. Wir haben – sie hat – einen Therapeuten in Boston. Dr. Galford. Ein netter Mann; er wurde uns von der Psychiaterin empfohlen, bei der sie nach dem Tod ihrer Mutter in Atlanta in Behandlung war.«
    »Das ist gut«, sagte Stevie. Ihre Augen leuchteten. Das Lächeln war so warm wie immer, aber nicht ganz so strahlend. Es weckte den Wunsch in Jack, sie in die Arme zu nehmen. Auch er hätte es schön gefunden, gehalten zu werden. Das ist es, dachte er. Ich brauchte einen Menschen, der die Arme um mich legt und mir sagt, dass ich meine Sache gut mache, dass ich nicht allzu viel verkehrt mache. Dieses Gefühl löste Stevies Lächeln in ihm aus. Aber er hatte sich schon früher von einem Lächeln hinreißen lassen – ohne zu ahnen, wohin es führte.
    »Ob es gut ist, dass sie zu Dr. Galford geht? Oder, dass sie in Atlanta in Behandlung war? Ich weiß es nämlich nicht – hab keine Ahnung von so etwas. Ich war als Kind nie beim Therapeuten. Meine Schwester auch nicht. Dafür gab es – keinen Grund. Wir dachten, dass nur Problemkinder einen Klapsdoktor brauchen.«
    »Ich war bei einem«, sagte Stevie.
    »Tatsächlich?«
    Sie nickte. Das Lächeln war von ihren Lippen verschwunden, aber es spiegelt sich noch in ihren Augen. Jack beugte sich vor. Er hätte sich gerne angelehnt, ihr gezeigt, wie sehr er sich wünschte, von ihr aufgefangen zu werden. Er war so müde … hatte sein Leben mit

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