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Wege im Sand

Wege im Sand

Titel: Wege im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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kaum …«
    »Du hast deine Freundin Emma geliebt. Und die beiden sind ihre Familie. Ich glaube, die Begegnung mit ihnen hat dich bewogen, über dein eigenes Leben nachzudenken. Über eine eigene Familie …«
    »Du bist meine Familie.«
    »Ich liebe dich, Stevie, aber das ist nicht genug. Du verdienst, jemanden zu finden, mit dem du dein Leben wirklich teilen kannst. Mit dem du Kinder haben möchtest … ich hatte meine Jahre mit Van – und das Glück, Henry aufwachsen zu sehen. Ich wünschte, Van und mir wäre es vergönnt gewesen, eigene Kinder zu haben, aber es sollte nicht sein. Henry ist wie ein leiblicher Sohn für mich.« Ihr Blick umwölkte sich. »Ich möchte nicht, dass du einsam bist.«
    »Ich bin nicht einsam. Ich bin nur vorsichtig – ich habe keine Lust, wieder die gleichen Fehler zu machen. Ich habe dich … Tilly … meine Arbeit. Du weißt, dass unsere Malerei, unsere Kunst, Balsam für die Seele ist.«
    »Das kannst du dir sagen, liebes Kind, wenn dein Leben an dir vorübergegangen ist und es nichts als Leinwände gibt, die davon zeugen.«
    Stevie errötete. Sie starrte auf die Holzmaserung des Kieferntisches, erschüttert angesichts der Empfindungen, die sie tief in ihrem Inneren verspürte.
    »Wann willst du Madeleine anrufen?«, fragte ihre Tante, behutsam das Thema wechselnd.
    »Keine Ahnung. Vielleicht nach Jacks und Nells Abreise.«
    »Zu dumm, dass du so lange warten musst. Ich habe das Gefühl, dass sie dringend eine Freundin braucht. Und du auch … Und, was vielleicht noch wichtiger ist, Nell braucht eine Tante.«
    Die Worte hingen in der Luft. Stevie wartete, aber Tante Aida sagte nichts mehr. Die einzigen Geräusche, die sie vernahm, waren der Gesang der Vögel in den Bäumen und der Schlag ihres eigenen Herzens, der in ihren Ohren pochte.
    Während der Heimfahrt erinnerte sich Stevie an einen sonnigen Tag – einen Nachmittag im Juli, in der Zeit des Vollmonds. Sie war mit ihren beiden Freundinnen den schmalen Saumpfad entlang zum Little Beach gegangen. Sie waren Teenager, bemüht, den forschenden Blicken der Erwachsenen zu entgehen. Sie hatten vor allem Jungen im Kopf. Alle drei waren verknallt – die Einzelheiten waren köstlich und spannend. Sich zu verlieben war wie ein Fieber, das einen Sommer lang währte.
    »Sie wollen uns«, sagte Emma.
    »Und wir wollen sie«, meinte Madeleine.
    »Ich habe mich mit Jon auf dem Point verabredet«, sagte Stevie. Sexuelles Begehren war neu für sie. Obwohl sie das Prickeln kannte, die Glut, die einem die Sinne raubte, wenn man sich vor Sehnsucht nach jemandem verzehrte, von dem Gedanken an ihn besessen war.
    »Wann?«, erkundigte sich Madeleine.
    »Um zwei«, erwiderte Stevie und Madeleine nickte, als wollte sie sagen, dass sie sich sputen müsse.
    Doch Emma sah die Situation aus einer anderen Warte. Sie nahm ihre Freundinnen an der Hand und zog sie in den festen Sand, direkt unterhalb der Stelle an der Gezeitenlinie, wo das trockene Seegras wuchs.
    »Die Nacht gehört ihnen und der Tag gehört uns«, erklärte sie.
    »Aber …«, warf Stevie ein.
    »Hör zu«, sagte Emma. »Nach Einbruch der Dunkelheit beginnt die Männerzeit. Sobald die Sonne untergeht, die Luft kühl wird und wir zu frieren beginnen, so dass sie ihre Arme um uns legen … wenn unsere nackten Füße eisig sind und ihre Küsse heiß …«
    »Und sie uns zu einer Spazierfahrt im Auto einladen«, fügte Maddie hinzu. »Dabei hören wir Radio, und jede Melodie erinnert uns daran, was wir später tun werden.«
    »Und weckt in uns den Wunsch zu heiraten«, sagte Stevie.
    Maddie kicherte, während Emma sich vor Lachen bog. Stevie stand da, wurde rot und versuchte, eine gleichgültige Miene aufzusetzen – so zu tun, als hätten die beiden sie nicht eiskalt erwischt. Sie dachten, ihre Bemerkung sei ein Scherz gewesen. Wie konnte sie ihren Freundinnen erklären, dass sie völlig ernst gemeint war? Möglich, dass es verrückt klang, aber das war wirklich ihr Wunsch.
    »Ein guter Witz«, meinte Emma. »Du willst Jon heiraten?«
    »Das habe ich nicht behauptet.« Stevie wusste, dass ihre Freundinnen der Ansicht waren, sie sei zu schüchtern, zu ernsthaft und nicht groß genug.
    »Dann werde ich dich mal aufklären«, meinte Emma. »Die jüngere Cousine meiner Mutter besucht uns gerade. Sie ist erst zweiundzwanzig – hat gerade in Wellesley ihren Abschluss gemacht, und seither habe ich das Gefühl, als würde ich den Sommer in einem Sexualkunde-Seminar verbringen. Ich

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