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Wege im Sand

Wege im Sand

Titel: Wege im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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hatte.
    Madeleine war erschrocken, als Stevie ihr mitteilte, sie sei verheiratet. Alles kam so plötzlich – durchbrennen, Trauung durch den Friedensrichter, vollendete Tatsachen. Madeleine hatte Emma angerufen, und beide fanden das Ganze ziemlich merkwürdig – dass die Hochzeit so überstürzt stattgefunden und Stevie nicht daran gedacht hatte, sie einzuladen. Sie hatten sich erinnert, wie intensiv Stevies Beziehungen zu den Jungen am Strand gewesen waren – Emma pflegte ihr deswegen oft die Hölle heiß zu machen, aber Maddie war klar, dass es mit der abgrundtiefen Einsamkeit seit dem Tod ihrer Mutter zu tun gehabt haben musste.
    Und danach … wie war es weitergegangen? Madeleine hatte sich mit Chris verlobt, Jack hatte Emma geheiratet … Hochzeiten, Familienfeste.
    Plötzlich tauchten Stevies Bücher in den Buchläden auf. Sie machte offenbar Karriere. Madeleine las immer die Angaben über die Autorin am Ende des Buches. Auf diese Weise hielt sie sich über Stevies Leben auf dem Laufenden. In manchen Büchern wurde ein Ehemann erwähnt, in anderen nicht. In Anbetracht dessen, dass sich Stevie jedes Mal mit Haut und Haaren verliebte, stimmte Madeleine diese Entdeckung traurig. »Sie führt eben ein typisches Künstlerleben – unkonventionell und unbeständig«, hatte Emma befunden.
    Einmal hatte Madeleine ein Buch von Stevie gekauft – ein Weihnachtsgeschenk für Nell, die damals fünf war. Während sie die I-95 entlangbrauste, versuchte Madeleine, sich an die Handlung zu erinnern; irgendetwas mit Schwänen … zwei Männchen, die um ein Weibchen kämpften. Emma hatte einen flüchtigen Blick auf das Buch geworfen und gesagt: »Das ist typisch für Stevies Leben. Ein einziges Drama …«
    »Schwäne bekämpfen sich nun mal auf Leben und Tod«, hatte Madeleine erwidert. »Weißt du noch? In Hubbard’s Point haben wir es doch gesehen.«
    »Nicht wirklich«, sagte Emma, Nell auf ihrem Schoß. »Ich erinnere mich nicht, und mir missfällt der Gedanke, dass du-weißt-schon-wer Bücher liest, die von Gewalt handeln – selbst wenn es um Schwäne geht! Arme Stevie – ich hoffe, sie kriegt doch noch die Kurve und wird glücklich.«
    »Sie hatte es schwer«, entgegnete Madeleine. »Sie ist ohne Mutter aufgewachsen. Wahrscheinlich hat sie deshalb so früh geheiratet, noch im College. Ich wünschte, wir hätten den Kontakt zu ihr nicht verloren. Wir drei standen uns doch so nahe! Wie kann das Leben die Menschen dermaßen auseinander bringen?«
    »Sie würde sich wahrscheinlich mit uns langweilen. Zwei glücklich verheiratete Frauen, kein Gefühlsaufruhr, keine Höllenqualen …«
    »Sieht interessant aus«, hatte Jack gesagt und in dem Buch geblättert. »Und die Zeichnungen sind fantastisch.«
    »Mag sein, aber nichts für unsere Tochter. Lieb von dir, dass du ihr das Buch schenken wolltest, Maddie – aber ich denke, ich werde es der Bibliothek stiften.«
    »Wenn du meinst«, hatte Madeleine geantwortet. Sie erinnerte sich, dass sie Jack einen raschen Blick zugeworfen hatte – Emma kam nach ihrer Mutter und neigte dazu, das Leben von der romantischen Seite zu betrachten: alles sollte perfekt aussehen und, wenn möglich, perfekt sein.
    Damals hatten Madeleine und Jack das Weihnachtsfest abwechselnd im Haus ihrer beiden Familien gefeiert. In jenem Jahr waren sie in Atlanta, in Emmas immergrüner, mit weißen Lichtern geschmückter Weihnachts-Fantasiewelt. Üppige Dekorationen, eine endlose Folge von Weihnachtsliedern, Kekse für die ganze Nachbarschaft, die größte Gans vom besten Metzger in der Peachtree Road.
    Während des kurzen Blickwechsels, als Madeleine sich nach vorne lehnte, amüsierten sie und ihr Bruder sich insgeheim – sie liebten Emma und wären nie auf die Idee gekommen, Einspruch dagegen zu erheben, dass sie Nell das für ihren Geschmack zu realistische, von Stevie Moore geschriebene Buch über Schwäne vorenthielt; das galt auch für viele andere Dinge.
    Madeleine hatte es vermieden, sich mit der Realität der Ehe auseinander zu setzen, die ihr Bruder führte – er verbarg sie vor ihr. Und Emma hatte ihre Unzufriedenheit kaschiert und versucht, anderweitig Erfüllung zu finden.
    Die Ironie war, dass Emmas Drang zur Perfektion sie nach ein paar Jahren dazu bewog, sich aktiv in der Kirche zu betätigen. Sie trat allen möglichen Ausschüssen bei, gehörte zu einem Kreis ehrenamtlicher Mitarbeiter, der sie vereinnahmte. Zu Madeleines Verblüffung war Emma zu der Schlussfolgerung

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