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Wege im Sand

Wege im Sand

Titel: Wege im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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war blau und spiegelglatt, und die einzigen Geräusche stammten von den Seemöwen, die mit lautem Geschrei über ihren Köpfen kreisten, und von einem einsamen Fischerboot, das aufs Meer hinausfuhr.
    Nell trug einen roten Badeanzug, rannte wie ein geölter Blitz über die Strandpromenade, ein Handtuch über den Schultern, das wie ein Supergirl-Cape hinter ihr herflatterte. Sie sprang mit einem Riesensatz von den Holzplanken und landete im Sand, zu Stevies Füßen, übers ganze Gesicht strahlend.
    »Mein Dad hat mir ausgerichtet, dass wir schwimmen gehen. Ich habe dich noch nie am Strand gesehen.«
    »Ich trete heute ausnahmsweise mal bei Tageslicht in Erscheinung. Aber kein Sterbenswort zu den anderen, sonst ist mein Ruf als Hexe ruiniert.«
    Nell lachte. »Dein Badeanzug gefällt mir.«
    »Danke.« Stevie lächelte. Ihr Badeanzug war einer von vielen in der langen Abfolge schwarzer Badeanzüge – hauteng und glänzend, ohne Kinkerlitzchen. »Deiner gefällt mir auch.«
    Da gerade Ebbe herrschte, gingen sie barfuß über den trockenen Seetang, der in der letzten Nacht von der Flut angeschwemmt worden war. Ihre Füße hinterließen weiche Eindrücke im harten Sand, außerhalb der Reichweite der Wellen. Die Sonne wärmte ihre Köpfe und Schultern, aber es war noch zu früh, um richtig heiß zu sein. Sie sammelten Mondsteine, Zwiebelmuscheln und Meerglas, bargen ihre Schätze in den gewölbten Händen.
    »Ich wüsste gerne, wie es mit den Beachgirls anfing«, sagte Nell.
    »Es fing genau hier an. Mit deiner Mutter und mir. Wir waren damals noch sehr klein, viel jünger als du.«
    »Wie habt ihr euch kennen gelernt?«
    »Unsere Mütter waren befreundet …«
    »Wie Bay und Tara?«
    »Richtig. Genau so. Unsere Mütter liebten den Sommer und den Strand, und als sie zur gleichen Zeit Töchter zur Welt brachten, konnten sie es kaum erwarten, uns miteinander bekannt zu machen.«
    Nell lächelte, allem Anschein nach glücklich bei dem Gedanken. »Und was habt ihr gemeinsam unternommen?«
    »Als wir noch sehr klein waren, ein Jahr oder zwei, gruben unsere Mütter tiefe Löcher in den Sand, genau hier, wo wir gehen. Sie legten Wälle aus Sand an, um uns vor den größten Wellen zu schützen, und sahen zu, wie sich die Kuhlen mit Wasser füllten, so dass wir unser eigenes privates Plantschbecken hatten.«
    »Das hat meine Mutter auch gemacht«, sagte Nell sehnsüchtig. »Ich weiß noch, sie hat mich immer festgehalten, wenn Wellen kamen.«
    »Sie muss dich sehr geliebt haben.«
    »Ja, das hat sie.« Sie setzten ihren Spaziergang fort. Stevie spürte den Sog der Wellen und den Gezeitenwechsel, empfand eine unendliche Verbundenheit mit der Mutter dieses Mädchens, mit dem sie durch den Sand schlenderte.
    Am Ende des Strandes angekommen, ließen sie ihre Handtücher fallen und liefen ins Wasser. Stevie tauchte mit einem Kopfsprung in die Wellen und schwamm ein paar Meter unter Wasser. Plötzlich entdeckte sie Nell neben sich, die grinste, wobei Blasen ihrem Mund entwichen.
    Sie tauchten auf, lachend, und schnappten nach Luft.
    »Wie weit kannst du eigentlich schwimmen?«, wollte Nell wissen.
    »Bis Frankreich!«
    »Im Ernst – wie weit? Bis zum Floß? Oder bis zu dem großen Felsen?«
    »Bis zum Felsen.«
    »Dann los!«
    »Das ist eine Nummer zu groß für dich. Warte lieber, bis dein Vater mit dir hinausschwimmt.«
    »Er wäre einverstanden, er vertraut dir! Bitte! Ich war schon mit Peggy und ihrer Mom dort. Also: Wer zuerst da ist!«
    Sie schwammen los, quer durch die kleine Bucht, diagonal zum Ende des Strandes. Stevie legte absichtlich ein langsames Tempo vor, doch zu ihrem Erstaunen erwies sich Nell als geübte Schwimmerin. Ihre Arm- und Beinbewegungen waren kräftig und gleichmäßig, ein anmutiger Scherenschlag, bei dem kaum Wasser aufgewirbelt wurde. Der Strand, noch in morgendliche Stille gehüllt, erwachte allmählich zum Leben – einige wenige Leute hatten sich eingefunden, saßen auf der hölzernen Strandpromenade und blickten aufs Meer hinaus. Stevie liebte die frühen Morgenstunden, wenn sie die Bucht mehr oder weniger für sich allein hatte. Doch es machte noch mehr Spaß, sie mit Nell zu teilen.
    Sie schwammen annähernd fünfzig Meter bis zu dem großen Felsen – der gerundet war wie der Rücken eines Wals, vorne ein wenig höher und hinten sanft zur Schwanzflosse abfiel. Sie zogen sich hoch und stiegen vorsichtig über Seetang und Rankenfußkrebse, um sich auf dem sonnenwarmen Gestein auszuruhen. Kolonien

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