Wehe Dem, Der Boeses Tut
Weile. Er freute sich auf die dreistündige Fahrt durch die Berge, es drängte ihn, zurück auf die Ranch zu kommen. Er brauchte Zeit für sich allein und Luft zum Atmen. Brauchte räumlichen Abstand von dem Rätsel Adria Nash. Jason würde es nicht gefallen, doch wen kümmerte das.
Auf dem Parkplatz angekommen, warf er seine Tasche auf den Rücksitz, dann fuhr er zu Jasons Haus in den West Hills. Sein älterer Bruder hatte ihn zu einem Familientreffen bestellt. Zach hatte sich entschlossen zu erscheinen und den anderen bei dieser Gelegenheit mitzuteilen, dass er abreisen wollte.
Das Garagentor stand offen und Jasons Jaguar parkte neben dem weißen Mercedes seiner Frau Nicole. In einer dritten Parkbucht schimmerte ein Rolls-Royce-Oldtimer glänzend schwarz im Licht. Einer der Männer, die für die Familie als Gärtner und Mechaniker tätig waren, polierte gerade mit einem weichen weißen Lappen die blanke Stoßstange.
Spielzeug. Jason liebte Spielzeug, schon von jeher. Von Rennpferden bis zu klassischen Autos, reichen Ehefrauen und scharfen jungen Geliebten.
Zach betrachtete das Haus, in dem er aufgewachsen war, verscheuchte unerwünschte Erinnerungen, klopfte mit den Fingerknöcheln an die Tür und wartete. Sekunden später öffnete Nicole, eine elfenhafte Frau mit sonnenbrauner Haut und weißblondem Haar, lächelte ihren Schwager verkrampft an und trat zur Seite, um ihn hereinzulassen. »Zachary.«
»Ist Jason zu Hause?«
»Im Souterrain.«
»Gut. Ich finde den Weg«, fügte er hinzu, als sie sich anschickte, ihn die Treppe hinunter zu geleiten.
Als Kinder waren er und Nelson in Pappkartons diese Treppen hinuntergerutscht, hatten treppauf, treppab Wettläufe gemacht und waren ins Untergeschoss geschleppt worden, wenn Witt sie disziplinieren wollte. Mit einer Hand an Zachs Kragen, die andere Hand fest um seinen Gürtel geschlossen, hatte Witt seinen Zweitältesten öfter, als Zach sich zu erinnern wünschte, die Treppe hinunter ins Souterrain gezerrt. Witt war offenbar entschlossen gewesen, Zachs Willen zu brechen, und auch Eunices Flehen konnte ihn nicht milder stimmen.
»Scheiße«, brummte er, als die Erinnerungen über ihn hereinbrachen. Doch auch die brutalsten Prügel hatten niemals Zachs Willen gebrochen. Er biss die Zähne zusammen, bis seine Kiefer schmerzten, verscheuchte die hässlichen Erinnerungen und stieg die gewundene Treppe hinunter.
Unten fand er seinen älteren Bruder vor, der gerade mit aufgekrempelten Hemdsärmeln Darts auf eine Scheibe an der Wand neben der verspiegelten Bar warf. Ein Billardtisch dominierte den Raum, an dessen einer Wand sich ein gemauerter Kamin befand. Hinter Milchglas-Fenstertüren gab es eine Sauna und einen Whirlpool und an allen Wänden hingen Trophäen: Bären-, Antilopen-, Tiger- und Bisonköpfe, Vermächtnisse seines Großvaters Julius Danvers, der stolz auf seinen Ruf als Großwildjäger gewesen war. Ein ausgestopfter Eisbär stand mit drohenden Klauen in einer Ecke, ein Zebrafell hing neben dem eines Kängurus an der Wand. Glasaugen und gefletschte Zähne empfingen jeden Eintretenden.
»Was hast du herausgefunden?«, erkundigte sich Jason mit gezücktem Darts-Pfeil, ohne sich auch nur umzudrehen.
»Über Adria? Nicht viel.« Zach griff sich eine Billardkugel und rollte sie zwischen den Händen. Seine Gespräche mit Adria waren zwar nicht sehr ergiebig gewesen, aber ein paar Tatsachen kannte er dennoch. Allerdings hatte er kein großes Interesse daran, sein Wissen mit Jason zu teilen. »Sie ist als armes Bauernmädchen in Montana aufgewachsen. Ihre Mutter lebte in einer Art religiösem Wahn und ihr Vater duldete es, war aber selbst nicht so fanatisch.« Er lehnte sich mit der Hüfte an den Tisch. »Adria ist wild entschlossen, diese Sache durchzuziehen, ganz gleich, was dabei herauskommt.«
»Es ist also ihr ganz privater Feldzug.«
Zach blickte stirnrunzelnd ins Kaminfeuer. »Ich glaube, sie will einfach die Wahrheit wissen.«
Jason warf ihm einen Blick zu, schleuderte den Pfeil und traf die Scheibe genau in der Mitte. »Das klingt mir ja ganz so, als würdest du schwach im Bezug auf unsere neue verschollene kleine Schwester.«
»Ich glaube immer noch, dass sie nicht wirklich London ist.«
»Natürlich ist sie es nicht.« Er warf noch einen Pfeil, doch dieses Mal verfehlte er das rote Bullseye. »Wir werden sie beobachten. Früher oder später verrät sie sich.«
»Ich fahre zurück auf die Ranch.«
»Aber doch nicht jetzt.«
»Heute Abend
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