Wehe Dem, Der Boeses Tut
beinahe den Arsch abgefroren bei dem Versuch, Adrias Lebensgeschichte in Erfahrung zu bringen. Es schien ein paar kleinere Unstimmigkeiten zu geben, doch dass sie als Adoptivtochter von Victor und Sharon Nash aufgewachsen war, entsprach jedenfalls der Wahrheit.
Allerdings gab es im Zusammenhang mit der Familie Nash und insbesondere mit Adria noch eine Menge Schlamm aufzuwühlen, das hatte er in den Augen einiger Einheimischer gelesen, als er ihnen Fragen stellte. Sweeny war überzeugt davon, dass die Dame etwas zu verbergen hatte – er wusste nur noch nicht, was.
Nur wenige Leute in Belamy waren bereit gewesen, mit ihm zu reden, doch ihre Aussagen ergaben bereits ein recht klares Bild. Sharon Nash war früher ein hübsches Mädchen gewesen. Sie hatte Victor geheiratet, einen anständigen Farmer, der ein paar Jahre älter war als sie, und hatte sich nichts anderes vom Leben gewünscht, als Ehefrau und Mutter zu sein. Doch ihre Träume hatten sich zerschlagen, denn sie wurde nicht schwanger. Die Medizin in den Fünfzigern und Sechzigern war eher an Verhütung interessiert gewesen als daran, unfruchtbaren Paaren ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Und so war Sharon Nash jahrelang in wachsender Verzweiflung von einem Arzt zum nächsten gelaufen. Als endlich entsprechende Fruchtbarkeitsmedikamente auf den Markt kamen, war sie bereits zu alt. Widerwillig fügte sie sich in ihr Schicksal und redete sich ein, es sei eine göttliche Strafe für ihren Mangel an Glauben.
Die Farm warf in jenen Jahren wenig ab und keine Adoptionsvermittlung hätte ein Kind zu armen Bauern gegeben, die es sich ohnehin nicht leisten konnten. Eine private Adoption kam aufgrund der hohen Kosten nicht infrage. Es schien, als sei Sharon zur Kinderlosigkeit verdammt.
Die Jahre vergingen und Sharon widmete ihre gesamte Energie der Kirche. Ihr Mann nahm nur selten am Gottesdienst teil, Sharon jedoch ließ keinen Sonntag aus und ging zudem häufig zur Betstunde. Da sie sich von der ganzen Welt – von ihrem Mann, den Ärzten und den Anwälten – im Stich gelassen fühlte, beschloss sie, sich voll und ganz dem Herrgott aufzuopfern und entwickelte eine fanatische Frömmigkeit.
Und dann, ganz unverhofft, wurden ihre Gebete erhört, allerdings nicht durch die Kirche, sondern durch die Anwaltskanzlei von Victors Bruder. Ein kleines Mädchen – anscheinend die Tochter einer Verwandten – stand zur Adoption, und es schien, als ließe sich die Sache regeln, wenn Sharon und Victor nur nicht zu viele Fragen stellten. Sharon war das ganz recht, denn sie hatte im Grunde keine Fragen. In ihren Augen war das kleine Mädchen ein Geschenk des Himmels. Victor zögerte, denn immerhin waren er und seine Frau nicht mehr die Jüngsten. Doch es hieß, die Mutter des Mädchens – angeblich eine entfernte Verwandte, wie Sweeny herausgefunden hatte – befinde sich in einer verzweifelten Lage. Das und der sehnliche Wunsch seiner Frau bewogen ihn schließlich zuzustimmen. Am Ende wurde Adria zum erklärten Liebling ihres Vaters.
Sweeny zog einen Flachmann aus seiner Jackentasche und trank einen Schluck, um sich aufzuwärmen. Alles, was er bisher erfahren hatte, war lediglich Klatsch und Spekulation, das Gerede von Nachbarn und Freunden. Es gab keine offiziellen Dokumente über die Adoption. Ezra Nash, der Anwalt, der den Fall damals bearbeitet hatte, war tot, und die Unterlagen in seinem Büro in Bozeman waren bei einem Brand vernichtet worden. Es war frustrierend. Was Sweeny an Informationen fand, passte genau zu Adrias Geschichte und zu der Beichte des erbärmlichen Mannes in dem Videofilm, doch der Detektiv roch, dass etwas faul war. Irgendetwas passte nicht ins Bild.
Und es hatte mit Geld zu tun. Mit Geld, das Adria nicht besaß.
Ms Nash mochte sagen, was sie wollte – Sweeny war überzeugt, dass sie es auf das Vermögen der Danvers' abgesehen hatte. Irgendwie hatte sie es fertiggebracht zu studieren, hatte als Jahrgangsbeste ihr Diplom in Architektur und Wirtschaftswissenschaften gemacht, danach jedoch lediglich für eine Baugesellschaft gearbeitet.
Morgen würde er ein paar Erkundigungen über ihre Kreditwürdigkeit einziehen, um den Wahrheitsgehalt der Gerüchte in der Stadt zu überprüfen. Anschließend würde er sich an die KFZ-Zulassungsstelle wenden, um ein wenig mehr über diese Frau zu erfahren. Er würde schon dahinterkommen, was es mit ihr auf sich hatte.
Er nahm noch einen Schluck aus seiner Taschenflasche und ließ sich, ohne die Schuhe
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