Wehe Dem, Der Boeses Tut
schienen seine Instinkte sich zu schärfen und seine Nerven sich zu spannen wie Bogensehnen.
Sie schob leicht die Unterlippe vor und trommelte gereizt mit den Fingern auf ihren Oberschenkel. Ihr offenes Haar fiel, vom Wind zerzaust, in dichten, unbändigen Wellen über eine Schulter. Unter ihrer Jacke zeichneten sich vage ihre Brüste ab, und er fragte sich, ob ihre Ähnlichkeit mit Kat sich auf das Gesicht beschränkte oder sich unter ihren Kleidern fortsetzte …
Wütend auf sich selbst, weil seine Gedanken schon wieder in diese Richtung wanderten, schaltete er die Scheinwerfer ein und fuhr vom Parkplatz des Restaurants. Während des Essens war er nicht fähig gewesen, den Blick von der Kontur ihrer Wange, dem frechen kleinen Grübchen, das auftauchte, wenn sie lachte, dem schlanken Hals und den Rundungen ihrer Brüste zu wenden.
Den halben Tag lang war er mit einer Erektion herumgelaufen und hatte sich im Stillen verflucht, weil er sich schon wieder aufführte wie ein sexbesessener Teenager. Doch was ihn zu ihr hinzog, war mehr als nur ihr Aussehen – ihr Verstand war genauso unwiderstehlich wie alles Übrige an ihr.
Adria hatte ein Interview nach dem anderen gegeben, und auch wenn es Zach missfallen hatte, war er doch nicht so töricht zu versuchen, sie daran zu hindern. Er hatte sich abseits gehalten, hatte zugesehen, wie sie geschickt die Fragen der Reporter beantwortete, obwohl ihr die Andeutungen, dass sie nur eine billige Glücksritterin sei, die das Vermögen eines Toten an sich reißen wolle, bestimmt nicht entgangen waren. Sie war ruhig geblieben, hatte die Situation sogar mit ein wenig Humor entschärft. Vor den Zeitungslesern und Fernsehkonsumenten würde Adria Nash gut dastehen – verdammt gut –, und wenn die Familie Danvers sie nicht als ehrliche Frau auf der Suche nach der Wahrheit akzeptierte, würden sie ernsthafte Probleme mit ihrem eigenen öffentlichen Ansehen bekommen.
Zach schnaubte verächtlich. Öffentlichkeitswirkung und Imagepflege waren Nelsons Angelegenheit. Der Kleine war bestimmt schon ordentlich ins Schwitzen geraten. »Okay, wohin jetzt?«
»Zurück zum Hotel, würde ich sagen.«
»Im Foyer wird es von Reportern nur so wimmeln«, gab er zu bedenken.
Adria lächelte verhalten. »Das überlasse ich dem Sicherheitsdienst.« Sie unterdrückte ein Gähnen und fügte hinzu: »Außerdem glaube ich schon, dass ich mit ihnen fertig werde.«
»Wie du willst«, knurrte Zach, und sie brachte sogar ein Lachen zustande, während er den Weg zum Hotel Orion einschlug. Sie konnte viel mehr einstecken, als er anfangs geglaubt hatte, und, wie sie schon mehr als einmal nachdrücklich betont hatte: Sie ließ sich nicht leicht ins Bockshorn jagen. Ihre hartnäckige und selbstständige Art rang ihm wider Willen Respekt ab. »Die Presse kann ganz schön skrupellos sein.«
Adria sah ihn flüchtig an. »Darauf bin ich gefasst.« Für den Bruchteil einer Sekunde las er noch etwas anderes in ihren Augen als ihre übliche Feindseligkeit. Er bemerkte einen düsteren Ausdruck, der ihn tief im Innern erbeben ließ. »Mach dir keine Gedanken, Zach. Ich komme zurecht.«
Im Stillen verfluchte er die Lust, die ihn in ihrer Nähe unweigerlich überkam. Schließlich parkte er den Wagen unweit des Orion. »Gehen wir«, sagte er mürrisch und geleitete sie durch den sinkenden Nebel zum Hotel. Ihre Schritte hallten auf dem nassen Pflaster und Adria senkte den Kopf gegen den Wind.
Zach rechnete fest damit, auf eine Meute skandalhungriger Reporter zu treffen, doch das Foyer war nahezu menschenleer. Nur wenige Gäste kamen und gingen in Restaurant und Bar.
Adria entspannte sich ein wenig. Der Tag war lang gewesen und sie war überreizt, nicht allein wegen der Journalisten, sondern auch wegen Zachary. Er war beunruhigt gewesen, hatte mit grüblerischem Blick die Menge beobachtet und die wenigen an ihn gerichteten Fragen knapp beantwortet. Sie hatte seine Anspannung gespürt, hatte bemerkt, wie die Sehnen an seinem Hals hervortraten, wenn ein Reporter eine besonders indiskrete Frage stellte, und wusste im Voraus, wann er den Blick auf sie richten würde. Fast den ganzen Tag war er an ihrer Seite geblieben, hatte sie nur einmal für knapp eine Stunde allein gelassen, als sie einer Reporterin vom Oregonian ein Interview gab.
Es war ihr unmöglich zu glauben, dass er ihr Halbbruder sei. Er war einfach zu sexy, zu düster-sinnlich, um mit ihr verwandt zu sein. Bestimmt hätte sie ihn nicht so attraktiv, so
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