Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wehe Dem, Der Boeses Tut

Wehe Dem, Der Boeses Tut

Titel: Wehe Dem, Der Boeses Tut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Gäste, selbst der Champagner, der in hochstieligen Flöten serviert wurde – all das erinnerte in beklemmender Weise an jenes schicksalsträchtige Fest.
    Er ging an einem mit Hors d'oeuvres beladenen Tisch vorbei schnurstracks zur Bar. Dabei ignorierte er seinen Bruder, der ihn mit Gesten aufforderte, sich seiner Gruppe anzuschließen. Die Männer in seiner Gesellschaft sahen fast alle aus wie Jason. Adrett geschnittenes Haar, makelloser, teurer Smoking, polierte Schuhe, in exklusiven Fitnessclubs getonte Körper. Zachary hätte darauf wetten mögen, dass sie alle Juniorpartner in irgendeiner verstaubten Anwaltskanzlei in der Stadt waren. Was sollte er mit solchen Leuten anfangen?
    Zach stützte sich lässig mit einem Ellenbogen auf den Tresen der Bar. Der Barkeeper, kaum einundzwanzig, mit einem schmalen Oberlippenbärtchen, säuberlich getrimmtem Bart und goldenem Ohrring, lächelte. »Was darf's denn sein?«
    »Ein Bier.«
    »Wie bitte?«
    »Henry's. Coors. Miller. Vom Fass oder in der Flasche, ist mir gleich. Was Sie haben.«
    Der Barkeeper bedachte ihn mit einem herablassenden Lächeln. »Tut mir leid, Sir, wir haben kein …«
    »Dann besorgen Sie welches«, knurrte Zach, und der Barkeeper, leicht verstört, sprach hastig einen vorbeikommenden Kellner an, der daraufhin in Richtung des Service-Aufzugs davoneilte.
    »Hey, Zach, gute Arbeit. Das Hotel ist märchenhaft«, rief eine begeisterte Frauenstimme irgendwo hinter ihm. Zach drehte sich nicht einmal um.
    Eine weitere Frau – wahrscheinlich von der Presse – hielt ihn am Arm zurück. »Nur ein paar Fragen, Mr Danvers, das Hotel betreffend …«
    »Ich dachte, meine Schwester hätte eine Pressemitteilung herausgegeben.«
    »Ich weiß, aber ich habe noch ein paar Fragen.«
    Wenig höflich entgegnete Zach: »Wenden Sie sich an Trisha. Trisha McKittrick. Sie ist die Innenausstatterin.«
    »Aber Sie waren der Bauherr.«
    »Um die Innenausstattung hat sie sich gekümmert.« Zach drehte sich auf dem Absatz um, ließ die Frau mit ihren Fragen stehen und schaute demonstrativ auf die Uhr. Jason sollte eine kleine Ansprache halten und die Glückwünsche der Bürgermeisterin, des Gouverneurs und eines Vertreters der Historischen Gesellschaft entgegennehmen. Zach würde anwesend sein, sich fotografieren lassen und bei der ersten Gelegenheit die Flucht ergreifen.
    Zach wartete immer noch auf sein Bier. Mit gefurchter Stirn ging er zum Fenster. Wenn er diesen Abend doch nur schon hinter sich hätte! Er hätte nicht zusagen sollen. Verdammt, er wurde allmählich weich. Es hatte eine Zeit gegeben, da hätte er Jason unverblümt ins Gesicht gesagt, was er ihn mal könne, wenn er ihn, Zach, zu einer solchen Farce angefordert hätte. Doch stattdessen hatte er, wenn auch widerstrebend, zugesagt – wahrscheinlich aus einer Art egozentrischem Stolz auf das, was er aus diesem Hotel gemacht hatte. Du bist auch nicht besser als die anderen, Danvers. Immer auf der Jagd nach ein bisschen Ruhm.
    »Mr Danvers?«
    Die Stimme des Kellners riss Zach aus seinen Grübeleien. Der Mann präsentierte ihm auf einem Silbertablett eine langhalsige Flasche Henry Weinhard's Private Reserve und ein geeistes Glas. Mit einem schiefen Lächeln griff Zach nach dem Bier. »Das da brauche ich nicht«, sagte er und zeigte auf das Glas. Dann öffnete er die Bierflasche und warf den Kronkorken auf das Tablett. »Aber das hier wird nicht meine letzte Flasche sein.«
    »Wir halten an der Bar noch welche bereit, Sir. Wann immer Sie möchten.«
    »Danke.« Zach trank einen tiefen Zug von seinem Bier und fühlte sich gleich besser. Er sah aus dem Fenster auf die lange Schlange glänzend weißer Limousinen hinunter, die darauf warteten, vor dem gestreiften Vordach ihre Gäste, die Elite von Portland, abzusetzen. Herren in dunklen Smokings, schmuckbehängte Damen in Pelz und Seide stiegen aus den königlichen Karossen der heutigen Zeit und begaben sich ins Hotel.
    Es war ein Witz.
    Zach schmachtete nach einer Zigarette, verbot sich jedoch den Gedanken daran. Dieses Laster hatte er vor fast fünf Jahren aufgegeben. Er lehnte sich mit der Schulter an die Fensterscheibe und blickte nach draußen. Da sah er sie: Wie ein Geist aus der Vergangenheit tauchte an der Straßenecke gegenüber Adria Nash auf, in demselben schwarzen Mantel, den sie schon bei ihrer vorigen Begegnung getragen hatte. Mit einem flauen Gefühl im Magen beobachtete Zach, wie sie sich durch den dichten Verkehr schlängelte, Taxis, Limousinen

Weitere Kostenlose Bücher