Wehe Dem, Der Boeses Tut
Kopf ein wenig schief. »Und Sie?«
»Ich habe ein Unternehmen zu leiten, Phelps.« Der Mann ging ihm jetzt schon auf die Nerven. »Sie erreichen mich hier.«
»Gut.« Phelps verschränkte die Hände über seinem Bauch. »Wie gesagt, ich verlange nur eines von Ihnen, Danvers, und das ist Ehrlichkeit. Sowohl von Ihnen als auch von Ihrer Familie.«
»Die sollen Sie haben«, versicherte Witt, der es inzwischen eilig hatte, das Gespräch zu beenden. Dieser unscheinbare Typ war ihm nicht geheuer, doch Witt brauchte ihn. Er brauchte jemanden, der ihm half, London zu finden. Die Polizei hatte sich als unfähig erwiesen und das FBI war auch nicht viel besser. Eine Düsternis legte sich über seine Seele, und er fragte sich, ob das alles eine Strafe war. Er glaubte nicht recht an Gott, auch wenn er regelmäßig zur Kirche ging, doch er hatte in seinem Leben zweifellos viel gesündigt.
»Dass wir uns recht verstehen«, sagte Phelps, beugte sich vor und fixierte Witt. Seine Augen waren plötzlich sehr lebhaft. »Falls ich herausfinden sollte, dass ein Mitglied Ihrer Familie hinter dieser Sache steckt, verlange ich trotzdem meine Prämie.«
»Die sollen Sie bekommen«, versicherte Witt, obwohl ihm der Kragen eng wurde, als habe ihm jemand ein Würgehalsband umgelegt.
Phelps lächelte gezwungen, und Witt hatte das Gefühl, als zöge der Mann die unsichtbare Leine straff. »Gut. Nur damit keine Missverständnisse entstehen.«
10. Kapitel
E in trockener Wind blies über die Stoppelfelder und trug Staub und Spreu und einen schwachen Dieselgeruch von dem Traktor herüber, der jenseits eines kleinen Kieferndickichts über den Hügel holperte. Zach zog den Stacheldraht zwischen den Zaunpfosten straff, wobei seine Muskeln vor Anstrengung hervortraten. Das gerollte Tuch, das er sich als Stirnband umgebunden hatte, war nass von Schweiß. Die Sonne brannte erbarmungslos, doch Zach kümmerte es nicht.
»So bleiben«, rief Manny, der Vorarbeiter auf der Ranch. »Straff halten, ich mach ihn fest.«
Zum ersten Mal seit Wochen fühlte Zach sich frei. Seine Verletzungen waren fast gänzlich verheilt und er liebte die Ranch, dreitausend Morgen nördlich von Bend, im Herzen von Oregon. Geschützt von den östlichen Vorgebirgen der Cascade Mountains erstreckte sich das Danvers-Land, so weit das Auge reichte. Hier fühlte sich Zachs Vagabundenseele zu Hause.
Sein Vater hatte ihn hergeschickt, gleich nach der Befragung durch Roger Phelps, eine Art Privatdetektiv, den der alte Herr angeheuert hatte. Der Detektiv war geduldig, sprach bedächtig und entlockte Zach Dinge, die er eigentlich hatte verschweigen wollen. Am Ende des Verhörs hatte Zach den Eindruck gewonnen, dass Phelps ihn als einen der Hauptverdächtigen im Fall von Londons Entführung betrachtete. Er hatte sogar erwogen, die ganze Wahrheit zu sagen, doch was hätte es gebracht, Jason wegen der Hure zu verraten? Der eine Vorfall hatte mit dem anderen nichts zu tun, und es widerstrebte Zach, seinen Bruder anzuschwärzen.
Nach dem Gespräch mit Phelps war er auf die Ranch verschickt worden. Witt hatte sich offenbar gedacht, dass die Landarbeit – Heu aufladen, Zäune ziehen, Vieh treiben und Stunden im Sattel – ihm guttun würden, mehr als das gefürchtete Internat, mit dem ihm seit Londons Verschwinden immer wieder gedroht worden war. Witt hatte seinem Sohn erklärt, wenn er sich bei der Arbeit gründlich verausgabte, würden ihm die Flausen schon vergehen, und Zach hatte nicht widersprochen. Im Haus der Familie in Portland fühlte er sich ohnehin nicht mehr wohl, er wollte nur noch fort – fort von den misstrauischen Blicken der anderen, von den Verlockungen seiner Stiefmutter und von den Bullen. Jack Logan wie auch Roger Phelps schienen ihn aller möglichen Verbrechen zu verdächtigen.
Wenn sie wüssten.
Sicher, er war schon häufiger mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Mehrmals war er als Minderjähriger im Besitz von Alkohol erwischt worden und einmal hatte er sogar den Leichenwagen eines Bestattungsinstituts in der Stadt gestohlen und eine Spritztour damit unternommen. Der Bestatter und die trauernde Familie waren außer sich. Witt hatte alle möglichen Hebel in Bewegung setzen müssen, damit Zach, obwohl noch minderjährig, nicht wegen Autodiebstahls angezeigt wurde. Er war von der Schule verwiesen worden, weil er die Lehrertoilette in die Luft gesprengt hatte, und er war in zahlreiche Prügeleien und Motorradunfälle verwickelt gewesen – einige davon, noch
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