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Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Titel: Wehe Dem, Der Gnade Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. E. Lawrence
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keine Garantie, dass Krieger ihn nicht doch eiskalt erwischte. Lee hatte sie bisher nur einmal gesehen, aber das reichte zumindest für einen Eindruck: Diese Frau war keinesfalls zu unterschätzen. Es war wirklich ein Jammer, dass sie Zeit damit verschwendeten, sich gegenseitig zu zermürben, während da draußen ein gefährlicher Mörder herumlief. Lee dachte über Krieger nach – und zum ersten Mal war er sich doch nicht mehr so sicher, ob der Mörder ein Mann war … oder eine Frau.

KAPITEL 16
    »Was stehst du da rum und glotzt in die Gegend, Junge? Hilf mir lieber! Und nicht heulen! Heulen ist was für Weicheier und Weiber, das hab ich dir schon oft genug gesagt. Du willst doch bestimmt kein Mädchen sein, Junge.«
    Das Gesicht seines Vaters war hochrot, und unter der grünen Baseballkappe stand ihm der Schweiß auf der Stirn.
    »Soll ich dir dein kleines Schwänzchen abschneiden, damit du weinen kannst wie ein Mädchen? Nein? Gut, dann hör auf zu flennen – so ist es brav. Und jetzt mach die Tür da für mich auf. Ja, jetzt den Kofferraum, klapp den Deckel hoch. Ganz. Schnell, das ist schwer. Gut, zurück ins Auto mit dir.
    Wir fahren runter zum Fluss … da haben wir nämlich was zu erledigen. Mama war böse – sehr, sehr böse, und du weißt doch, was mit bösen Frauen passiert. Das hab ich dir doch gesagt. Ganz genau – und deshalb müssen wir sie jetzt runterbringen zum Fluss.«
    Sie muss was ganz Schlimmes gemacht haben, sonst wäre Papa nicht so böse auf sie. Vielleicht hat sie versucht, ihm sein Schwänzchen abzuschneiden und ein Mädchen aus ihm zu machen, und er musste sich wehren. Würde ich auch, wenn jemand das bei mir versucht. Ich bin ja genau wie Papa. Das sagt er mir immer wieder: Du bist mein kleiner Mann, du bist ganz genauso wie ich.
    Er beugte sich hinunter, um die schwarze Plastikfolie mit ihrem schweren Inhalt hochzuheben. Womit sollten sie bei Regen den Traktor abdecken, wenn sie die schwarze Folie unten beim Fluss liegen ließen?

KAPITEL 17
    »Nein, ich werde mich nicht abregen, bevor ich nicht erfahre, was hier eigentlich los ist!«
    Elena Krieger war sauer, und wenn Elena Krieger sauer war, ließ sie den Rest der Welt daran teilhaben. Als Lee und Butts in Chucks Büro kamen, hatte Krieger sich bereits in ihren Ärger hineingesteigert und machte keinerlei Anstalten sich wieder zu beruhigen.
    »Es ist gar nichts los«, erklärte Chuck geduldig. »Wir haben gestern versucht, Sie zu erreichen, und als uns das nicht gelungen ist, haben wir die Sitzung ohne Sie abgehalten.«
    Krieger lief aufgebracht auf und ab. Die drei Männer sahen zu, dass sie ihr nicht in die Quere kamen – Lee und Butts standen mit dem Rücken dicht an der Wand, Chuck suchte Schutz hinter seinem Schreibtisch.
    »Also wurde die Sitzung ganz zufällig einberufen, während ich einen Termin im Personalbüro hatte? Wollen Sie mir das wirklich erzählen?«
    »Wir wussten nichts von Ihrem Termin«, versicherte Chuck. »Woher auch? Sie haben das uns gegenüber überhaupt nicht erwähnt.«
    »Das war ja wohl nicht schwer herauszufinden«, sagte sie empört. »Ich störe wohl Ihre beschauliche Herrenrunde«, vermutete sie und sah die drei abwechselnd herausfordernd an.
    Eher nicht , hätte Lee gern geantwortet. Krieger verströmte gerade mehr Testosteron als er, Butts und Chuck zusammen.
    »Ich habe nicht darum gebeten, diesem Team zugeteilt zu werden, aber nun arbeiten wir zusammen, ob wir wollen oder nicht. Also beziehen Sie mich besser in die Ermittlungen ein, oder es gibt richtig Ärger.«
    Chuck sah aus, als würde es ihm nun langsam reichen. Sein Gesicht war gerötet, und er ballte die Fäuste. Lee musste die Situation retten.
    »Hören Sie«, sagte er, »das war wirklich keine Absicht. Und von jetzt an sorgen wir alle dafür, dass so etwas nicht wieder vorkommt. Entweder telefonieren wir jeden Morgen kurz oder schicken eine E-Mail rum. Und dasselbe noch einmal am frühen Nachmittag. Dann weiß jeder Bescheid, auch wenn kurzfristig eine Sitzung einberufen wird.«
    Krieger öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen, doch der Vorschlag war so vernünftig, dass ihr nichts einfiel. Lees ruhige Art nahm ihr den Wind aus den Segeln. »Dann versuchen wir das Beste daraus zu machen«, schloss sie und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
    »Okay«, sagte Chuck. »Wenden wir uns also der Arbeit zu. Was hat sich in New Jersey ergeben?«
    Lee und Butts berichteten in allen Einzelheiten von den unterschiedlichen Befragungen und

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