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Wehe wenn der Wind weht

Wehe wenn der Wind weht

Titel: Wehe wenn der Wind weht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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herein?«
    »Ich wurde nicht hineingebeten«, erzählte ihr Bill. »Was geht hier eigentlich vor? Deine Mutter pflegte mich früher zumindest ins Haus zu bitten, auch wenn sie mir das Gefühl vermittelte, daß ich mich dreimal verbeugen müßte und in dem Zimmer, in dem sie sich aufhielt, nichts verloren hätte.«
    Diana führte ihn in die Küche. »Sie macht die Dinge sehr kompliziert, das ist alles«, sagte sie. »Sie hat mir nicht einmal gesagt, wer an der Tür ist. Nur ›jemand‹. Naja, sie wird's überstehen. Möchtest du eine Limo?«
    »Ich hätte lieber einen Gin Tonic. Erlaubt sie, daß so was im Hause ist?«
    »Mutter ist ein Tyrann, aber nicht zimperlich.« Sie traten in die Küche, wo Christie am Tisch saß und in einem Katalog blätterte. »Christie, schau mal, wer da ist.« Während Diana eine Flasche Gin aus einem Wandschrank nahm, blickte Christie auf und grinste Bill an.
    »Hallo! Raten Sie mal, was uns heute passiert ist!« Während Diana Bills Drink mixte, erzählte das kleine Mädchen Bill aufgeregt von der Schlange.
    Diana hörte, wie Christie die Geschichte erzählte, und erfuhr, daß sie nach Christies Meinung ihr das Leben gerettet hätte. Doch so sehr sie sich auch bemühte, konnte sie sich an nichts anderes erinnern, als daß sie plötzlich hilflos wütend war. Dann - nichts. Völlige Leere. Und doch war etwas geschehen, etwas, das ihr den Mut gegeben hatte, einen Stein zu ergreifen und auf die Schlange zu werfen, etwas, das sie unter normalen Umständen nie getan hätte. Seit ihrer Kindheit hatte der Anblick einer Schlange sie vor Entsetzen gelähmt. Aber heute war irgend etwas geschehen. Etwas, das sie entweder nicht bemerkt hatte oder aber nicht unter Kontrolle hatte.
    Als Diana Bill den Drink servierte, wurde sie plötzlich vorsichtig. Was, wenn er bemerkte, daß sie sich nicht an das erinnerte, wovon Christie erzählte? Würde er sie für verrückt halten? Wenn er das tat, würde er auch versuchen, ihr Christie wegzunehmen. Aber er schien ihr keine Beachtung zu schenken. Statt dessen lauschte er aufmerksam, als Christie ihm von ihrem Pferd erzählte.
    »Pferd?« erwiderte Bill, Mißbilligung heuchelnd. »Welches Pferd? Kinder in deinem Alter haben doch keine Pferde.«
    »Ich schon«, verkündete das kleine Mädchen. »Willst du es sehen?«
    Bill blickte fragend Diana an.
    »Es ist Hayburner«, erklärte Diana, erleichtert darüber, daß das Thema Schlange beendet war. »Scheint, als sei's Liebe auf den ersten Blick gewesen. Und da man ohne Pferd auf einer Ranch nicht leben kann, gehört er jetzt Christie. Wie du sehen kannst, kauft sie im Augenblick Cowboykleidung ein.«
    Bill nippte an seinem Drink. »Warum gehst du nicht einfach mit ihr zu Penrose?«
    »Das werde ich, aber erst morgen. Und bis morgen dauert's offensichtlich noch sehr lange.« Sie lächelte. »Bisher hat sie, glaube ich, an die dreihundert Dollar ausgegeben.«
    Christie blickte vom Katalog auf, und ihr Gesicht war plötzlich besorgt. »Ich hab' ja nur geschaut«, sagte sie.
    »Und Anschauen kostet kein Geld«, ergänzte Bill. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Diana zu. »Wie geht es sonst?«
    Diana warf Christie einen raschen Blick zu, ging dann zur Spüle und schenkte sich selbst einen Drink ein. »So gut, wie's zu erwarten war, denke ich.« Sie senkte ihre Stimme ein wenig und neigte dann ihren Kopf in Christies Richtung. »Warum gehen wir nicht in den Salon?« schlug sie vor.
    Sie schwiegen, bis sie in dem kleinen Vorderzimmer Platz genommen hatten. Dann redete Bill.
    »Deine Mutter war heute morgen in der Stadt«, sagte er schließlich.
    »Ich weiß«, erwiderte sie nachdenklich. »Ich sah sie fahren.«
    »Weißt du, warum sie dorthin gefahren ist?«
    Diana nickte. »Sie hat es mir gesagt. Sie will Christie noch immer nicht hier haben.« Sie schwieg und wechselte dann das Thema. »Warum bleibst du nicht zum Abendessen?«
    »Hier? Mit deiner Mutter?«
    »Das ist schon in Ordnung«, sagte Diana und Bill meinte, eine Spur von Verzweiflung in ihrer Stimme zu hören. Als sie fortfuhr, war er sich dessen sicher. »Ich werde das schon regeln, Bill.«
     
    Die vier saßen steif an dem Tisch im Eßzimmer und eine Weile glaubte Bill, daß Diana vielleicht doch ihr Versprechen halten könnte.
    Doch so wie Edna Amber in ihrem schmucklosen schwarzen Kleid mit einer Perlenkette um den Hals und das Haar königlich hochgetürmt am Kopfende des Tisches saß, warf ihr eisiges Schweigen ein Leichentuch über das Mahl. Es hätte

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