Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wehe wenn der Wind weht

Wehe wenn der Wind weht

Titel: Wehe wenn der Wind weht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
Vom Netzwerk:
in Ordnung sein sollen, überlegte Bill. Für einen Außenstehenden hätte in dieser Szene nichts gefehlt: ein Paar mittleren Alters, ihre junge Tochter und eine Großmutter, die zum Essen beisammen saßen. Aber es war eine Scharade, und Bill überlegte einen kurzen Augenblick, ob Diana das als Scharade geplant hatte. Dann, als er sah, wie unwohl sie sich in der Situation fühlte, erkannte er, daß sie das nicht getan haben konnte. Sie hatte ganz einfach einen Fehler gemacht und vermochte nicht, ihn zu korrigieren.
    Sie probierte es mehrere Male. Zunächst versuchte sie, Christie in die Unterhaltung einzubeziehen.
    »Warum erzählst du Miß Edna nicht von der Schlange?« schlug sie vor. Christie blickte eifrig zu Edna, aber Edna funkelte nur Diana an.
    »Am Eßtisch über Schlangen sprechen?« fragte sie. »Also, weißt du, Diana, ich glaubte, ich hätte dir gewisse Manieren beigebracht.«
    Einige Augenblicke später, als das Schweigen unangenehm zu werden drohte, fragte Diana Bill, ob sich etwas Interessantes in der Stadt ereignet hätte. Vom Kopfende des Tisches aus schallte augenblicklich Ednas herrische Stimme.
    »Seit sechzig Jahren hat es in Amberton nichts Interessantes gegeben«, sagte sie. »Und ich nehme kaum an, daß sich die Dinge verändert haben, seit ich heute morgen dort war.«
    Während Dianas Gesicht sich rötete, wurde die Stille noch größer. Christie, die die Spannung am Tisch spürte, aß nur kleine Häppchen und schob schließlich ihren Teller beiseite.
    »Darf ich mich entschuldigen?« fragte sie mit kaum hörbarer Stimme und großen Augen.
    »Natürlich, Liebling«, sagte Diana. Sie schaute traurig zu, wie das Kind aus dem Zimmer eilte und wünschte sich, sie hätte den Abend retten können. Entschlossen, das noch einmal zu versuchen, wandte sie sich an Bill und lächelte ihn freundlich an. Doch bevor sie etwas sagen konnte, erhob sich Edna vom Tisch. Bill stand ebenfalls auf, doch Edna ignorierte ihn und redete nur ihre Tochter an.
    »Ich weiß nicht, was du damit zu bewerkstelligen versuchtest, Diana, aber ich darf wohl annehmen, daß selbst du begreifst, daß du dich zum Narren gemacht hast. Bitte komm noch in mein Zimmer, bevor du dich heute abend zu Bett begibst.«
    Ohne ein Wort zu Bill Henry zu sagen, verließ auch sie das Zimmer.
    Als sie beide allein waren, schaute Diana Bill düster an.
    »Es tut mir leid. Ich - ich hatte gehofft... oh, ich weiß nicht, was ich gehofft habe.« Sie stand kurz vor den Tränen.
    »Ist schon gut.« Bill ging zum Ende des Tisches und ergriff ihre Hand. »Was hast du erwartet? Sie bleibt, wie sie ist. Das wird immer so sein.«
    Diana seufzte tief, tupfte ihre Augen mit ihrem Taschentuch und gewann dann die Beherrschung wieder.
    »Ich weiß. Ich glaube, ich dachte, daß sie vielleicht zumindest nichts Böses zu Christie sagen würde, wenn du da bist. Das war auch so. Aber ich bin mir nicht sicher, ob's dadurch nicht noch schlimmer geworden ist.«
    »Sieh's doch mal so. Was immer auch geschehen mag, die Dinge können nicht schlimmer werden.«
    Diana schaute in seine Augen.
    »Wirklich nicht?« fragte sie. »Ich wünschte, ich könnte das glauben.«
    Sie begann, den Tisch abzuräumen und Bill Henry begab sich in die Bibliothek, wo Christie mit einem geöffneten Buch auf dem Schoß in einem großen Ohrensessel saß.
    »Hallo«, sagte Bill. »Darf ich hereinkommen?«
    Christie blickte von ihrem Buch auf, und da war etwas in ihren Augen, das Bill sehr seltsam berührte, als sie ihn anschaute. Christie schien verängstigt, gerade so, als fürchtete sie, etwas Falsches zu tun. »Geht es dir gut?«
    Christie nickte und schloß das Buch. »Ich - manchmal darf ich mir die Bücher nicht ansehen«, stammelte sie.
    »Manchmal?« wiederholte Bill. »Was bedeutet das?«
    Christie wandt sich im Stuhl. »Nichts«, flüsterte sie, da sie sich nicht sicher war, wie sie dem Doktor erklären sollte, daß sie nie wußte, wann sie Schwierigkeiten bekam.
    Bill entzündete seine Pfeife und setzte sich in einen Sessel. »Es muß etwas bedeuten«, kommentierte er. Er blickte Christie prüfend an. »Wohnst du gerne hier?«
    Christie zögerte und nickte dann.
    »Aber das ist anders, als es bei dir zu Hause war, stimmt's?«
    Wieder nickte Christie. »Manchmal ist es unheimlich«, sagte sie.
    »Unheimlich? Wieso?«
    Christies Blicke wanderten wieder durch das Zimmer und Bill hatte den Eindruck, daß sie sehen wollte, ob vielleicht jemand lauschte. Schließlich begann sie zu

Weitere Kostenlose Bücher