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Wehe wenn der Wind weht

Wehe wenn der Wind weht

Titel: Wehe wenn der Wind weht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Mutter sie geschlagen.
    Wegen ihres Vaters. Obwohl es für sie überhaupt keinen Sinn machte, wußte sie, daß sie etwas schrecklich Falsches getan hatte, und ihr Vater war gestorben, und ihre Mutter war sehr böse auf sie.
    Das war der Grund, warum ihre Mutter nachts in ihr Zimmer kam und sie schlug.
    Weil sie ihren Vater getötet hatte.
    Und als die Erinnerung an diesen Tag, der fast fünfzig Jahre zurücklag, in ihr Bewußtsein drang, begann Diana zu zittern.
    »Bringt mich hier raus«, flüsterte sie. »Ich muß einfach hier raus!«
    Christie, die neben Diana ging, schaute in ihr Gesicht. Selbst in dem düsteren Licht der Laterne konnte sie sehen, daß etwas nicht in Ordnung war. Dianas Augen waren weit aufgerissen, und sie schwitzte.
    Plötzlich hatte auch Christie Angst.
    Und dann hörte sie hinter sich eine Stimme.
    »Madre de Dios.«
    Christie wirbelte herum, und da eilte Esperanza Rodriguez auf sie zu.
    Sie ergriff Dianas Hand und begann, sie zum Eingang des Bergwerks zu führen. Die beiden Kinder, vor Schreck verstummt, blieben dicht hinter ihnen. Als sie wieder im hellen Sonnenlicht waren, sank Diana zu Boden. Langsam normalisierte sich ihr Atem wieder.
    Als sie glaubte, wieder sprechen zu können, blickte sie Esperanza tief in die Augen. »Esperanza«, sagte sie schwach.
    »Si?«
    »Esperanza, erinnerst du dich noch daran, als wir Kinder waren und ich - und ich Alpträume hatte?«
    »Si!«
    Diana ergriff Esperanzas Hand. »Es waren aber doch keine Alpträume, nicht wahr?«
    Tränen stiegen in Esperanzas Augen. »Nein, Miß Diana«, sagte sie leise.
    Diana saß ganz still, entschlossen, nicht zu weinen. Nicht vor den Kindern. Was immer geschehen war, sie durften sie nicht weinen sehen, sie durften nicht sehen, daß die Angst sie plötzlich gefangen hielt.
    Doch während sie ihre Panik zu unterdrücken versuchte, überlegte sie, was sonst noch in ihrem Gedächtnis verschlossen sein mochte.
    Was hatte ihre Mutter ihr außerdem angetan?
    Welche Schrecken verbargen sich noch in ihr?
    Sie erhob sich und lächelte die Kinder leicht an.
    »Entschuldigt«, sagte sie. »Ich - ich glaube, ich bin für das Bergwerk zu alt.«
    Die Kinder lächelten sie mit der Unschuld ihres Alters an.
    »Ist doch schon gut«, sagte Jeff. »Viele Leute haben Angst vor der Dunkelheit.«
     
    Kurz nach Mittag ging Edna Amber in den Hühnerstall hinunter.
    Sie war noch immer verärgert. Sie hatte zugesehen, wie Diana mit den beiden Kindern eine Stunde zuvor fortgegangen war und hatte eine Weile dagesessen, und zu planen versucht, was als Nächstes zu tun sei.
    Schließlich hatte sie das zerbrochene Porzellan zu— sammengekehrt, weil ihr klar war, daß, gleich wie unentschuldbar Dianas Verhalten gewesen sein mochte, Porzellan zu zerbrechen auch nichts nützte. Und dann hatte sie sich mit dem Tierarzt auseinandersetzen müssen, der ihr erklärte, daß er das Pferd nicht einfach wegschaffen könne. Statt dessen müsse er eine Autopsie daran vornehmen, um festzustellen, woran es eingegangen sei. Und sie würde für die Autopsie zahlen müssen und müßte dann versuchen, das Geld vom Staat zurück zu bekommen.
    Nachdem er und seine Assistenten Hayburner fortgeschafft hatten, hatte sie beschlossen, sich ein Omlett zu machen - auch etwas, das Diana hätte eigentlich für sie tun sollen -, doch als sie den Kühlschrank öffnete, fand sie keine Eier darin. Sie mußte zum Hühnerstall gehen, um welche zu holen.
    Jetzt blickte sie auf den Haufen Hafer, der in einer Ecke des Hühnerhauses lag.
    Hatte Diana das Kind nicht gelehrt, womit Hühner zu füttern waren? Und wohin das Futter zu packen war? Wenn man es so liegen ließ, würde es nur Ratten anlocken.
    Sie nahm eine der Futterschaufeln, um den Hafer hineinzufegen.
    Als sie den Kornhaufen berührte, schnappte die Rattenfalle zu.
    Edna schrie auf, als die schwere Drahtfalle sich um ihre Finger schloß.
    Sie ließ ihren Stock fallen und zerrte an der Falle, doch die Feder war zu stark. Während die Finger ihrer rechten Hand zu schwellen begannen und sich rot färbten, fluchte sie laut.
    »Verflucht sei dieses Kind! Zur Hölle soll sie fahren!«
    Dann rappelte sie sich auf und schlurfte, wobei die Falle von ihrer verletzten Hand baumelte, zurück zum Haus, um Bill Henry anzurufen.
    Sie haßte den Gedanken, den Doktor anrufen zu müssen, aber ihr blieb nichts anderes übrig.
    Während ihre rechte Hand vor Schmerz hämmerte, begann sie ungeschickt mit der linken die Nummer zu wählen.

14
     
    bill

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