Wehe wenn der Wind weht
stieg jetzt in ihr auf, aber sie versuchte, ruhig zu sein. »Mama, wo ist sie? Wo ist mein Baby?«
Edna stand auf und kam auf Diana zu.
»Beruhige dich, Diana«, sagte sie. Draußen konnte sie noch immer den Wind heulen hören, und in den Augen ihrer Tochter sah sie den vertrauten Blick von Furcht und Verwirrung. »Beruhige dich! Sie muß hier sein.« Edna, die jetzt ganz wach war, erinnerte sich an Joyce Crowleys Anruf. »Falls sie nicht mit ihren Freunden weggegangen ist«, fügte sie hinzu.
Dianas Augen zeigten Entsetzen. »Gegangen? Wohin gegangen?«
»Einige der Kinder wollten zum Bergwerk hochgehen ...« hob Edna an, doch bevor sie fortfahren konnte, begann Diana zu schreien.
»Zum Bergwerk? Sie wollte zum Bergwerk hochgehen? Warum?«
»Diana!« Edna wollte nach dem Arm ihrer Tochter greifen, doch Diana entzog sich ihr.
»Nein ... sie kann nicht dort hochgehen, Mama. Es ist viel zu gefährlich. Mama, sie darf nicht ... Ich muß sie finden ... muß sie zurückhalten!«
Während Edna hilflos zusah, rannte Diana hinaus in die heulenden Winde der Nacht.
Christies Herz klopfte wild in ihrer Brust und ihr Atem kam stoßweise, doch sie rannte weiter. Dann erkannte sie Diana, die auf sie zukam. Sie hörte auf zu rennen, da ihre Furcht vom Nachmittag durch den Schrecken der Nacht vergessen war.
Sie war in Sicherheit. Was immer sie auch gesehen haben mochte, es konnte ihr jetzt nichts mehr anhaben.
»Tante Diana? Tante Diana, hilfe!«
Diana blieb stehen, während der Wind sie in der Finsternis umpeitschte. Hatte sie da nicht etwas - jemand - gehört, das sie rief? Sie machte einen zögernden Schritt vorwärts. »Baby? Ist das mein Baby? Mama kommt, mein hübsches Baby. Mama kommt zu dir.«
Christie erstarrte. In Dianas Stimme und in der Art, wie sie sich bewegte, war etwas, das sie noch mehr verängstigte als das, was sie gerade am Bergwerk hinter sich gelassen hatte. Dianas Stimme klang so, wie sie immer klang, bevor sie Christie schlug. Panik überkam sie und sie begann zu weinen, doch selbst trotz ihrer Furcht erinnerte sie sich daran, was mit ihr passierte, wenn sie weinte.
»Gute kleine Mädchen weinen nicht.« Die Worte hallten durch ihren Kopf und sie floh vor Diana.
»Baby«, murmelte Diana. »Baby, wo bist du?« Sie schaute sich um, aber plötzlich war da nichts mehr als die Dunkelheit und der Wind.
Wieder begann sie, sich auf den anstrengenden Weg hügelaufwärts zum Bergwerk zu machen.
Jay-Jay Jennings kicherte in sich hinein. Christie, fand sie, war ein ebensolcher Feigling wie die anderen. Aber sie, Jay-Jay, war keiner. Irgendwie machte es sogar Spaß, allein im Bergwerk zu sein, und wenn sie lange genug blieb, würde sie herausfinden, ob die Geschichten wahr waren, die sie gehört hatte.
Sie tastete in ihrer Tasche nach der kleinen Taschenlampe, die sie mitgenommen hatte und drang tiefer in das Bergwerk ein.
Die Dunkelheit schloß sich um sie, und sie schaltete das Licht ein. Sie leuchtete herum, streckte dann die Hand aus, um die Stollenwand zu berühren. Sich daran entlang tastend, bewegte sie sich auf den vertikalen Schacht zu.
Sie lauschte aufmerksam, doch alles, was sie hörte, war das Heulen des Windes.
Als sie das Gefühl hatte, ziemlich weit vom Eingang entfernt zu sein, hörte sie ein anderes Geräusch.
Es war wie die Stimme eines Babys, und es schien zu weinen.
War das der Wind? Jay-Jay war sich nicht sicher.
Und dann hörte sie hinter sich, zwischen ihr und dem Eingang, eine andere Stimme.
Dieses Mal wußte sie, daß es nicht der Wind war.
So wie ein Tier nahende Gefahr spüren kann, spürte sie, daß außer ihr jemand im Bergwerk war. Sie schaltete das Licht aus und wartete.
Sie hörte eine Stimme, die in der Dunkelheit rief.
Jay-Jay kauerte sich dicht an den Boden des Stollens und antwortete nicht.
Und dann war da nur der Wind und dieses seltsame Geräusch, das wie das Weinen eines Babys klang.
Diana blieb im Bergwerk stehen und lauschte dem heulenden Wind.
Sie konnte ihr Baby jetzt weinen hören, es nach ihr rufen hören, wie es das immer tat, wenn der Wind wehte.
Die dunkle Leere in ihrem Gedächtnis öffnete sich, und sie erinnerte sich.
Da hatte es vor vielen Jahren eine andere Nacht gegeben. In jener Nacht hatte sie ein Baby getragen, und das hatte geweint.
Und dann hatte sie das Baby verloren.
Vielleicht würde sie es heute nacht finden.
Es finden und dazu bringen, daß es nicht mehr weinte.
Sie tauchte tiefer in die Dunkelheit, bemerkte
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