Weichei: Roman (German Edition)
drauf?
Schnee und Matsch? Hmm, vielleicht deutet es auf etwas gewagte Spiele hin, könnte aber auch einfach nur Sanfte Massage heißen. Du kannst dich wirklich freuen, Natascha, Stefanie war immer ganz angetan von meinen sanften Massagegriffen.
NS: Der Romantiker in mir schreit sofort die Wörter Nächtelanges Schmusen heraus, es könnte aber auch Nacktspiele bedeuten. Beides wäre kein Problem und eine nähere Deutung daher unerheblich.
ZA aktiv & passiv: Ich gebe zu, dass ich mir hierbei nicht sicher bin. Ich kenne ZA sowohl als Landescode sowie Kfz-Kennzeichen für Südafrika. Da jedoch die Attribute aktiv und passiv hinzugefügt wurden, gehe ich davon aus, dass es sich um irgendeine zärtliche Interaktion zwischen mir und Natascha handeln muss. Die größten Chancen räume ich Zärtlichem Anlehnen ein.
SpZk: Ich denke, dabei handelt es sich aufgrund der besonderen Grafologie des großen Z um zwei eigenständige Wörter, die wiederum eine Form der Zärtlichkeit darlegen. Natascha, du kleine Schmusekatze. Ich erkläre es mir mit Speziellen Zärtlichkeiten .
GB: Das ist ganz einfach, und ich glaube mich sogar daran erinnern zu können, dies schon einmal als Abkürzung gelesen zu haben. Ja, jetzt erinnere ich mich wieder ganz genau. Es war in einem Liebesbrief von Daniela Gland aus der Berufsschulklasse von 1994, die stets mit einem HDL für Hab dich lieb und GB für Gefühlvolle Berührungen ihre Liebesbekundung schloss. Also: Gefühlvolle Berührung .
Schön, Natascha, wir sind uns über unsere Vorlieben also einig. Diese Informationen genügen und verleihen mir genug Mut, um ihr direkt eine Antwortmail zu schreiben. Dazu höre ich leicht euphorisiert seit Tagen wieder mal Radio und
ertappe mich sogar dabei, wie ich die Melodie von Britney Spears »Womanizer« beschwingt mitpfeife.
Von nun an wird alles anders. Ich werde anders. Adios, lieber Robert. Buenos Dias, Senior Süßemilch.
4
Schach und matt mit Peter Silie
A m nächsten Morgen bin ich schon früh wach und sehe in meinem E-Mail-Account nach, ob mir Natascha bereits geantwortet hat. – Nee, leider noch nichts. Na gut, ein wenig Zeit sollte ich ihr zugestehen. Jedenfalls fühle ich mich heute schon etwas besser. Nicht die Form von besser, in der man voller Elan aus dem Stand zu einem Flickflack ansetzen würde, aber immerhin besser als in dem Zustand geistiger Lähmung wie in den vergangenen Tagen.
Um meiner Laune noch einen weiteren ultimativen Schub zu verpassen, entschließe ich mich spontan dazu, meinen Freund Peter anzumailen.
Eigentlich ist er ja gar nicht mein Freund. Denn mit Peter verbindet mich nicht sehr viel. Eigentlich gar nichts. Ich halte nur aus einem einzigen Grund Kontakt zu ihm: Ich weiß, dass es ihm auf jeden Fall noch viel beschissener geht als mir. Und das macht mich glücklich. Peters Leben wird immer langweiliger verlaufen als mein eigenes so überschaubares Dasein. Neben ihm fühle ich mich als eine Art George Clooney des Alltags. Ein Casanova im Hosentaschenformat, aber immerhin ein Casanova. Nicht dass ich mich überschätzen würde, aber unter den Blinden ist und bleibt der Einäugige nun mal König. Und einen noch Blinderen als Peter Silie kann ich mir nicht vorstellen.
Ich kenne ihn seit unserer gemeinsamen Schulzeit am Gymnasium in Frankfurt. Er war damals kurz nach der Wende mit seiner Schwester und seinen Eltern aus Thüringen zu uns in den Westen gekommen und saß eines schönen Tages in seiner durchfallfarbenen Cordhose und dem dazu unpassenden gelben Hemd aus Nickistoff in unserer Klasse.
Einfach so.
Wie ein Blumenstrauß, den man sich gerne mal ins Wohnzimmer stellt, um ihn zwei Minuten später endgültig zu vergessen. Genau so war Peter. Er war einfach nur da. Sprach kaum etwas und fiel auch sonst nicht auf, was ihm sehr schnell den Spitznamen Peter Silie einbrachte. Ähnlich wie das wild wachsende Küchenkraut, das gerne irgendwo als Verzierung am Tellerrand liegt, störte er zwar keinen, aber auch niemand nahm wirklich Notiz von ihm. Mir war er von Gott persönlich geschickt worden. Bis zu seinem Auftreten hackten meine Mitschüler nämlich stets auf mir herum. Doch von diesem Moment an hatte ich den Außenseiterjoker an ihn abgetreten, und mein Schulalltag verlief von nun an halbwegs erträglich.
Jedenfalls hatte ich ihn durch Zufall auf Facebook entdeckt und ihn in einer tief depressiven Phase als Freund geaddet. Die Erinnerungen, wie er so einsam in der Klasse saß, seine Wortkargheit und das
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