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Weichei: Roman (German Edition)

Weichei: Roman (German Edition)

Titel: Weichei: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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Steffi auch längst hätte machen sollen.«
    Ich öffne das Fenster, setze sie draußen wieder ab. »Und tschüss«, rufe ich ihr noch hinterher. Dann schließe ich das Fenster wieder. Zufrieden mit dieser theatralischen Symbolik
schnappe ich mir Jacke und Schlüssel und verlasse meine Wohnung in Richtung Tante Trude.
     
    Ich habe Glück, und meine beiden Lieblingshartzis Wolfram und Rene sind schon da. Beide Mitte fünfzig und grundsolide Trinkhallen-Alkoholiker, die auch ab und an bei mir an der Tankstelle vorbeischauen.
    Jungs, baut mich auf!
    Und auf Wolfram und Rene ist Verlass. Anders als Peter Silie, der verdammte Verräter, haben die beiden Jungs in den letzten Wochen keine Frau aus dem Hut gezaubert. Wolfram antwortet vielmehr auf die Fraufrage, dass seine vor acht Jahren gestorben sei. Das ist zwar traurig für ihn, aber mich beruhigt es dennoch sehr. Dankbar lege ich meinen Arm um ihn und will ihm ein Bier ausgeben, um meine aufrichtige Anteilnahme zu untermauern, worauf auch Rene sofort seine momentane Verfassung in Beziehungsangelegenheiten darlegt. Er sei geschieden, und seine fünfzehn Jahre jüngere Frau lebe mit den beiden Söhnen wieder in der Lausitz.
    Na bitte, geht doch!, juble ich innerlich und gebe beiden die nächsten Runden aus. Dann bezahle ich und merke auf dem Nachhauseweg, dass es bereits dunkel geworden ist. Auch meine leicht torkelnde Schrittfolge erklärt sich mir. Wie die Zeit doch unter echten Freunden geradezu verfliegt. Jetzt muss ich nur noch an meinem Männlichkeits- und Arschlochfaktor feilen, und schon ist der Weg frei in meine neue Testosteronzukunft.
    Zu Hause geht mein erster Weg zum Kühlschrank, aus dem ich mir vier Yogurette aus der Schachtel nehme. Ich stopfe sie mir alle nacheinander in den Mund. Mein Blick wandert zurück zur Schachtel, auf der sich eine junge Frau in weißem Tennisoutfit zeigt. Mann, Robert, du bist echt ein Lutscher.
Selbst die Schokolade ist nicht wirklich männlich, erkenne ich und beschließe ab morgen nur noch dunkle Herrenschokolade mit mindestens neunzig Prozent Kakaoanteil zu kaufen. Schmeckt zwar scheiße, wirkt aber wenigstens nicht so tuckig wie die rosa Yoguretteschachtel.
    Nach einer nur zum Teil gelungenen Blasenentleerung bleibt mein Blick am nächsten Weicheibeweis, dem Wäschehaken neben der Dusche hängen. Ich muss anscheinend wirklich an allen Fronten kämpfen. Ein Relikt aus meiner Kindheit lächelt mich aus zwei kugelrunden, unschuldig blickenden Augen an. Das Bambi auf meinem Glückswaschlappen, den ich schon ewig besitze. Es ist der letzte Überlebende des Waschlappentriumvirats, das einst aus zwei weiteren Flanelllappen mit je einem Frosch- und einem Bärchenaufnäher bestand und mich jeden Samstag in der Badewanne meiner Eltern empfing. Und zwar exakt fünfundzwanzig Minuten vor dem Sandmännchen mit Piggeldy und Frederick. Der Frosch und der Bär quittierten irgendwann in meiner Pubertät ihren Dienst. Nur Bambi blieb mir treu. Bis heute. Durch das jahrelange Waschen ist die einst tiefrote Farbe des letzten Flanellmohikaners mittlerweile eher einem zarten Rosa gewichen. Das kleine Rehkitz am unteren Ende hat die unzähligen Waschvorgänge hingegen erstaunlich gut verkraftet. Anscheinend weiß es nun aber, dass sein Stündlein geschlagen hat.
    Ich will und muss es tun.
    Wenn ich Steffi zeigen will, welch echter Kerl all die Jahre in mir gesteckt hat, kann ich das nur schwer mit einem tuntigen Kinderwaschlappen beweisen. Ein letztes Mal fahre ich mir mit dem Flanellstoff über mein trockenes Gesicht und fühle den weichen Stoff. Schön waren all die Jahre mit dir. Die endlosen Badewannen-Waschgänge, als es noch ein Sandmännchen
Ost und ein Sandmännchen West gab und Eduard Zimmermann im ZDF Verbrecher jagte. Als Captain Future im Ferienprogramm lief und Silas in der Vorweihnachtszeit seine Abenteuer bestritt. Als Bobby Ewing noch über texanische Ölfelder ritt und Eintracht Frankfurt Pokalsieger wurde. Ich atme einmal schwer, dann wandert Bambi unwiederbringlich in den Schlund des Mülleimers.
    Morgen werde ich mir stattdessen so eine kratzige Waschbürste mit langem Holzstiel kaufen. Meine Haut und ich müssen Opfer bringen.
    Mit einem etwas flauen Gefühl im Magen setze ich mich an den Schreibtisch und sehe, dass mein Postfach blinkt: POST!
    Nervös klicke ich darauf und erkenne schon am Absender, dass meine gerade eben getroffene Entscheidung bereits Früchte trägt: Natascha!
    In ihrer Antwortmail erhalte ich alle

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