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Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)

Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)

Titel: Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Rentiere dem Großen Raben zurückgeben.« So kehrte er denn gleich um und betrat nicht einmal das Haus. Als er beim Hause des Großen Raben angekommen war, sah er dort sogleich die Yingeangeut. »Hier bist du?« rief er. »Ich dachte, du wärest tot!«
    »Ich schämte mich vor deinen Verwandten«, erwiderte Yingeangeut, »daher habe ich mich in Stein verwandelt und bin allein hierhergekommen.«
    Am nächsten Tage fuhren sie wiederum fort. Als sie zum Hause des Erdmachers kamen, sahen sie dort noch den Stein stehen. Yingeangeut stieß ihn an, und eine zweite Yingeangeut stand da. Diese gaben sie dem Frost-Manne zur Frau. Von dieser Zeit an wurde Yingeangeut kränklich; der Erdmacher sorgte sich um sie und paßte nicht mehr auf seine Rentierherden auf.
    Eines Tages ging der Erdmacher aus und stolperte über einen großen Schneehaufen. Er sah näher hin, da entdeckte er den Eingang eines unterirdischen Hauses. Er blickte hinein und sah einen jungen Mann, welcher auf und ab ging. Dieser war der Wolken-Mann; als er ihn sah, rief er: »Erdmacher, bist du es?«
    »Freilich«, erwiderte der Erdmacher. »Komm herein«, sagte der Wolken-Mann. Erdmacher stieg in die Hütte hinab und erblickte einen alten Mann und eine alte Frau, welche schliefen; der Alte war der Aufseher, der Vater des Wolken-Mannes. Wolken-Mann fragte den Erdmacher: »Was denkst du? Warum mag deine Frau kränkeln?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte der Erdmacher. »Ihre Gesundheit läßt nach«, meinte der Wolken-Mann, »weil du das doppelköpfige Rentier nicht erlegt hast, das sich in der Herde deines Vaters befindet. Das hättest du tun sollen, bevor du deine Frau heimführtest. Jetzt sieh ins Herdfeuer, sieh, wie mein Vater deine Frau hineinwirft.« Er sah hinein und erblickte tatsächlich seine Frau, die auf Steinen saß, welche den Herd umgaben. Er sah auch kleine Knaben mit kurzen Riemen an den Daumen. »Siehst du diese kleinen Knaben?« sagte der Wolken-Mann, »das sind deine künftigen Kinder, sie werden zwar zur Welt kommen, aber nicht lange am Leben bleiben. Sieh nur, ihre Riemen sind kurz.« Ferner zeigte der Wolken-Mann dem Erdmacher ein Mädchen mit sechs Fingern, das auf dem Dachsparren eines Hauses saß, und sprach: »Wecke den alten Mann auf und bitte ihn um jenes Mädchen. Sie hat einen langen Riemen um den Hals, daher wird sie lange leben. Um die Knaben bitte ihn nicht.«
    Nun versuchte der Erdmacher, den Aufseher und dessen Frau aufzuwecken, doch mußte er lange rufen, bis der Aufseher erwachte. Erdmacher fragte ihn: »Warum schläfst du, warum gibst du nicht auf die Erde acht?«
    »Wir sind schlafen gegangen«, erwiderte der Aufseher, »weil du deine Frau mit nach Hause genommen hast und nicht bei dieser Gelegenheit für uns das doppelköpfige Rentier getötet hast. Daher schlafen wir und stoßen deine Frau ins Feuer.« Erdmacher erwiderte: »Sobald ich nach Hause komme, werde ich das doppelköpfige Rentier töten.« Darauf fragte der Aufseher den Erdmacher: »Möchtest du einen Sohn haben?«
    »Nein«, entgegnete dieser, »ich möchte keinen Sohn haben, gib mir eine Tochter mit sechs Fingern.«
    »Schön«, sagte der Aufseher, und nach einer Weile fügte er hinzu: »Geh jetzt nach Hause. Unterwegs wirst du einen Wolf erlegen. Das Wolfsfell mußt du deiner Frau geben.« Der Erdmacher ging aus dem Hause, und siehe, da war kein Schneehügel. Er befand sich im Himmel. Er blickte durch eine Öffnung auf die Erde hinunter und sah mehrere Dörfer, auch erkannte er sein eigenes Haus. Darauf kam er wieder zur Erde herab. Unterwegs rannte ein Wolf auf ihn zu; den erlegte er und nahm ihn mit nach Hause.
    Als der Erdmacher bei der Hütte seines Vaters angekommen war, begab er sich sogleich zu dessen Herde, ergriff das doppelköpfige Rentier und opferte es dem Wolken-Manne. Darauf wurde die Yingeangeut wieder gesund. Dann veranstalteten sie ein Wolfsfest. Yingeangeut legte das Fell des Wolfes an und umschritt den Feuerherd. Damit war das Wolfsfest beendet.
    Nicht lange hernach gebar Yingeangeut eine Tochter mit sechs Fingern. Eines Tages sagte der Erdmacher: »Jetzt will ich dich zu deinen Eltern bringen, sonst denken sie, daß du schon lange gestorben bist.« So machten sie sich denn reisefertig und besuchten den Großen Raben; dort fanden sie den Wolken-Mann, der um die Tschanaingaut warb. Erdmacher und Yingeangeut brachten ihre Tochter ins Haus; der Wolken-Mann sah sie an und fragte: »Wißt ihr, woher sie ihre Tochter erhalten haben?«

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