Weihnachtsengel gibt es doch
um einen langen Tisch an der Rückseite der Bücherei. Maureens Vater Stan war ein silberhaariger Patriarch in einem schlichten roten Hemd, dessen Ärmel er aufgerollt hatte. Seine Frau Hannah strahlte wie die Frau vom Weihnachtsmann, während sie Probierstückchen von Nusskeksen und verzierten Rosinenschnitten austeilte. Die Schwestern – Renée, die er schon einmal kurz getroffen hatte, Janet und Meredith – waren offen und lustig, und Guy, der Bruder, nahm es gutmütig hin, dass seine Frau Mindy ihn herumkommandierte.
„Versuchen Sie die mal“, sagte Meredith. „Das ist nach einem Rezept von unserer Großmutter.“
Eddie biss in einen Keks aus weißer und dunkler Schokolade und verdrehte verzückt die Augen. „Mein Gott“, sagt er. „Ich glaube, das ist das Beste, was ich jemals in meinem Leben gegessen habe.“
„Oh, wir fangen gerade erst an“, sagte Janet. „Rumkugel?“
„Danke, aber von Rum halte ich mich fern“, erwiderte er.„Wie wäre es mit einem von denen hier? Was ist das?“
„Ein weicher Keks mit Sirup, der Ihr Leben für immer verändern wird“, sagte Mindy.
Eddie probierte einen. „Wenn Ihnen das kein Vermögen einbringt, weiß ich es auch nicht.“
„Nett ge sagt.“
„Nein, ich meine das ernst. Diese Kekse könnten die Bücherei wirklich retten. Vielleicht sogar die ganze Welt.“
„Für die Keksbörse kramen die Leute ihre besten Keksrezepte heraus“, erklärte Janet. „Alle sind verdammt ehrgeizig.“
Maureen nahm Eddie beiseite. „Also, was denken Sie über meine ‚funktionale‘ Familie?“
„Ich habe das nicht böse gemeint“, verteidigte Eddie sich mit einem Grinsen. „Eher im Gegenteil. Ich habe noch nicht viele Familien getroffen, in denen alle miteinander klarkamen.“
„Das heißt, in Ihrer Familie ist es nicht so?“
„Es geht“, sagte er. „Na ja, es ist kompliziert.“
Sie schaute ihn einen Augenblick lang an, in ihren Augen sah er Mitgefühl. „Dann sollten Sie etwas unternehmen“, sagte sie leise. „Und zwar eher früher als später.“
Er hob seine Hand und strich vorsichtig über ihre Wange. Die leichte Berührung ließ sie erröten. „Hoffen Sie nicht zu sehr darauf, Moe.“
„Aber …“
„Wir freuen uns schon alle darauf, Sie besser kennenzulernen, Eddie“, sagte Hannah in dem Moment und trat neben ihn. „Maureen hat uns schon so viel von Ihnen erzählt.“
„Hat sie? Was Sie nicht sagen.“ Er war überrascht.
„Wow, nicht so schnell. Sie wissen, dass das nicht stimmt“, protestierte Maureen und errötete noch mehr.
„Unsinn, natürlich stimmt das.“ Hannah strahlte Eddie an. „Seit kurz vor Thanksgiving spricht sie von nichts anderem mehr.“
„Bitte erschießt mich gleich hier und jetzt“, sagte Maureen zu niemand Speziellem.
„Mit Amors Pfeil“, verkündete Hannah und streckte ihre Hand mit dem Silbertablett aus, auf dem eine verlockende Auswahl an Keksen lag. „Nehmen Sie doch einen Nusskeks, Eddie.“
„Danke, gerne.“ Er nahm sich ein Stückchen und kaute es genüsslich mit geschlossenen Augen. Er war sehr zufrieden – sowohl mit dem Keks als auch mit dem, was Hannah gerade enthüllt hatte. „Um auf die Sachen zurückzukommen, die Maureen Ihnen erzählt hat …“
Maureen sah mit Bestürzung zu, wie Eddie sich problemlos in ihre Familie einfügte. Sein natürlicher Charme kam ihm dabei zu Hilfe. Sie umrundeten ihn wie ein warmer Kokon: Hannah, die Schwestern, die verschiedenen Nichten und Neffen. Sogar Maureens Vater und Bruder wurden sofort mit ihm warm. Es dauerte nicht lange, und man bot sich das Du an. Was für eine ideale Kombination, dachte sie. Eddies Charme und die Offenheit ihrer Familie waren wie füreinander gemacht. Der einzige Fehler in der Gleichung war … sie. Sie fühlte sich in seiner Gegenwart einfach nicht wohl – und zwar aus Gründen, denen sie sich lieber nicht stellen wollte. Denn sie hatte sich schon halb in diesen Mann verliebt. Vielleicht sogar mehr als halb. Und es wurde immer schwerer, ihre Gefühle zu verbergen. Doch das musste sie. Es war zu riskant, sich von dem, was auch immer da zwischen ihnen war, mitreißen zu lassen.
Sie betrachtete ihre Familie mit einer Mischung aus Zuneigung und Verzweiflung. Hannah war die Anführerin, wie immer. Maureens Stiefmutter war sehr glücklich in ihrer Ehe und der Meinung, es wäre jedem bestimmt, den passenden Partner zu finden.
Außerdem sah sie es nicht nur als ihr Recht, sondern sogarals ihre Pflicht an, sich in das
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