Weihnachtsengel gibt es doch
Konzertpianistin.“ Maureen gefiel die Richtung nicht, die die Unterhaltung nahm. „Warum kann sich niemand vorstellen, dass man keine Ehe und Kinder braucht, um ein erfülltes Leben zu haben?“
„Doch, das kann man“, stimmte Janet ihr loyal zu. „Aber stimmt das auch für dich?“ Der Blick, den Janet mit Meredith tauschte, war voller Zweifel.
„Ich habe Freunde“, sagte Maureen. „Ich hab meinen Lesekreis. Mein wöchentliches Mah-Jongg-Spiel. Und ich kann so viel Zeit, wie ich will, mit meinen Nichten und Neffen verbringen. Ich bin in der Kirche aktiv und habe ein Abo in der Met. In meinem Leben ist eine ganze Menge los. Dieses Wochenende halte ich eine Rede bei einer Versammlung der Bibliothekare auf Long Island.“ Sie traute sich nicht, zu sagen, dass diese Veranstaltung in Seaview stattfand, dem Ort, in dem Eddie Havens Eltern lebten. Es war vielleicht nicht richtig, aber sie musste die beiden unbedingt kennenlernen. Sie hatte das Gefühl, sie hatten überhaupt keine Ahnung, warum Eddie ihnen an Weihnachten aus dem Weg ging.
„Es ist befreiend, oder?“, sagte Meredith und knabberte an einer Polvorone, die mit reichlich Puderzucker bestäubt war. „Zu wissen, dass man keinen Mann in seinem Leben braucht? Das lässt einem Raum für die wichtigen Dinge.“
Wie Kardiologie, dachte Maureen. Das war Merediths Leidenschaft. Die älteste der Davenport-Schwestern war wundervoll, aber sie hatte auch ihre Probleme. Über die sie allerdings nie direkt sprachen. Meredith konnte einfach nicht vergessen, dass sie diejenige gewesen war, die vor so vielen Jahren krank aus der Schule heimgekommen war und den Virus mitgebracht hatte, der ihnen die Mutter nahm.
„Ja, aber sie will gar nicht von Eddie Haven befreit werden“, wandte Janet ein.
Renée gesellte sich zu ihnen. „Ihn umgibt irgendwie eine gewisse Traurigkeit, oder?“
„Er fährt an Weihnachten nicht nach Hause“, sagte Maureen.
Ihre Schwestern wirkten erschüttert. „Das ist ja grausam“, sagte Renée.
„Es ist … kompliziert.“ Maureen verspürte einen leichten Schmerz, als sie an das dachte, was Eddie ihr erzählt hatte.
„Das ist einfach nicht richtig“, sagte Janet. „Deswegen musst du etwas unternehmen.“
„Ich habe versucht, mit ihm zu reden, aber er wollte nichts davon hören.“
„Nein, ich meine etwas tun .“
„Und was?“ Maureen betrachtete ihre drei Schwestern und bereute schon, ihnen überhaupt von Eddie erzählt zu haben. Alle drei hatten dieses verräterische Glitzern von Frauen mit einer Mission in den Augen.
18. KAPITEL
W as Maureen am Winter gefiel, war, dass es so früh dunkel wurde. Einige Menschen machte das im wahrsten Sinne des Wortes verrückt. Ohne Sonnenlicht fingen sie an, sich komisch zu benehmen.
Nicht jedoch Maureen. Sie begrüßte die frühe Dunkelheit, weil so der Abend früher begann und sie eher anfangen konnte, sich zu entspannen. Sie kam gerade noch in der Dämmerung nach Hause und traf manchmal auf Carolyn, die Postbotin, da Maureens Straße am Ende ihrer Route lag. Maureen wohnte in einem Backsteinhaus aus den 1920er-Jahren, in dem sich vier Wohnungen befanden. Eine davon gehörte Mr und Mrs Greer, das, soweit man wusste, am längsten verheiratete Paar in Avalon – ihre Ehe dauerte schon 67 Jahre. Dann gab es noch Chip und seinen Freund Gordon, eine etwas andere Art von Ehepaar. Sie waren Feuerwehrleute auf der örtlichen Feuerwache und beide ausgezeichnete Köche. Das dritte Apartment wurde von Trent und Dee bewohnt, frisch verheiratet und dermaßen unzertrennlich, dass die Leute ihnen einen gemeinsamen Spitznamen gegeben hatten: Trendy.
Und dann natürlich Maureen, die sich ihre Wohnung mit Franklin und Eloise teilte, ihren Katzen, die zufälligerweise auch ein Pärchen waren. Maureen hatte Franklin als Streuner aufgelesen und ihn nach Benjamin Franklin, dem Gründer der ersten Bücherei der USA, benannt. Sie hatte sich schuldig gefühlt, ihn den ganzen Tag allein zu lassen, während sie bei der Arbeit war, und so hatte sie dem örtlichen Tierheim einen Besuch abgestattet und eine bezaubernde graue Katze gefunden. Zwischen Franklin und Eloise war es Liebe auf den ersten Blick gewesen. Nun lebten sie zu dritt ziemlich glücklich und zufrieden in dem altmodischen Häuschen.
Maureen war nicht sonderlich gut im Einrichten, aberzum Glück bedurfte es in ihrer Wohnung nicht viel, um gemütlich zu sein. Sie strahlte einen ganz eigenen Charme aus. Beinahe an jeder Wand standen
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