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Weihnachtsengel gibt es doch

Weihnachtsengel gibt es doch

Titel: Weihnachtsengel gibt es doch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Wiggs
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einen dicken, muffig riechenden Band. Sie runzelte die Nase und tippte dann mit dem Finger blind auf einen Absatz. Sie öffnete die Augen.
    „Die römischen Jünglinge stürmten herein und verschleppten die, die Opfer respektloser Niedertracht waren“, las sie laut. „Die Sabinerinnen, deren Fehlverhalten zu dem Krieg geführt hatte, stürzten sich mutig zwischen die Wurfgeschosse, die Haare zerzaust, die Kleidung zerrissen …“
    „Wunderbar“, murmelte Maureen. „Ich suche nach Rat und lande beim Raub der Sabinerinnen.“
    „Hey, kommen Sie schon, es war doch nur ein Kuss“, sagte eine Stimme hinter ihr.
    Sie war so erschrocken, dass sie das Buch fallen ließ, als sie herumwirbelte. Der schwere Band landete auf ihrem Fuß. „Au“, sagte. „Sie haben mich erschreckt.“
    „Haben Sie sich wehgetan?“ Eddie beugte sich herunter, um das Buch aufzuheben. Er las den Titel. „Livys Geschichte von Rom . Rück rüber, Sakrileg .“
    „Geben Sie mir das.“ Sie schnappte sich das Buch und stellte es wieder ins Regal. Sie spürte seinen Blick auf ihrem Körper wie eine Berührung. „Was?“, wollte sie wissen und drehte sich zu ihm um.
    „Nichts“, sagte er. Himmel noch eins, er hatte aber auch ein aufregendes Lächeln. „Ich versuche nur, aus Ihnen schlau zu werden, Moe.“
    „Da gibt es nichts herauszufinden. Ich bin, wie ich bin.“ Sie fragte sich, ob er merkte, dass sie log. Mit einem Räuspernwechselte sie das Thema. „Und, sind Sie fertig mit dem Song?“
    „Ja.“ Tatsächlich hatte er seinen Parka an und die Gitarre schon wieder in ihrem Koffer verstaut.
    „Und?“
    „Was und?“
    „Wann werde ich das Meisterwerk zu hören bekommen?“
    „Ich habe nie gesagt, dass es ein Meisterstück wird. Es ist ein Song, okay? Einfach nur etwas, das ich geschrieben habe.“
    „Dann lassen Sie mal hören.“
    Er schaute sie lange an. Sein Blick wurde immer finsterer.
    Ganz langsam schüttelte Eddie seinen Parka ab und öffnete den Gitarrenkoffer. „Ich schwör’s, Sie sind ein ganz schöner Dickkopf.“
    Sie schnaubte leise. „Das nehme ich als Kompliment.“
    Er hockte sich auf die Kante eines Lesetisches, streckte seine Finger ein paarmal und schlug ein paar Akkorde an, wobei er leise summte. Sogar das Stimmen seiner Gitarre und das Aufwärmen der Stimme hatten etwas, das Maureen tief in ihrem Inneren berührte. Seine Musik war wie eine sanfte Umarmung. Oh, Maureen, dachte sie. Du steckst ganz schön in Schwierigkeiten.
    „Haben Sie Musik studiert?“, fragte sie und hoffte, dass er ihre Gedanken nicht lesen konnte.
    Er nickte. „Theorie und Komposition.“
    „Und wo?“
    Er schaute nicht auf. „Juilliard.“
    „Wow. Das wusste ich nicht.“
    „Ich dachte, Sie wüssten alles über mich“, sagte er. „Ich nahm an, Sie hätten bei Google oder Wikipedia nach mir gesucht.“
    Sie sah ihn verwundert an. „Warum denken Sie so etwas?“
    „Weil Sie Bibliothekarin sind.“
    „So etwas würde ich niemals tun. Das ist … aufdringlich. Und unprofessionell. Ich würde niemals meine Fähigkeiten als Bibliothekarin darauf verwenden, im Privatleben eines anderen Menschen herumzuschnüffeln.“
    „Ich wünschte, mehr Leute würden so denken.“
    Sie zeigte auf seine Gitarre, als könnte sie so seinen Fingern befehlen, endlich die Noten zu spielen, die sie hören wollte. „Das Lied, bitte.“
    Er seufzte schwer. „Okay.“ Er schlug einen weichen Akkord an, aus dem eine rhythmische Melodie spross. In seiner Stimme klang ein Hauch süßer Resignation, getrübt von Gefühlen, mit. Der Text – eine Metapher über Bäume im Winter – war unaufdringlich; er erzählte die Geschichte einer Reise von der Einsamkeit zur Verbundenheit. Er spielte die Gitarre mit einer sauberen Präzision, die seine gute Ausbildung verriet. Die Musik schwebte durch die leere Bücherei, und die Melodie kreiste wie Wellen von Wärme um sie herum.
    Maureen konnte nicht anders. Wahres Talent berührte sie, vor allem in dem Augenblick, wenn die Muse den Künstler überkam. Manchmal, wie heute, war es ein klar zu definierender Augenblick. In der einen Minute war er einfach ein Mann, der Gitarre spielte. In der nächsten war er … sanft, behutsam besessen. Er bewegte sich nicht, und doch schien er in eine andere Dimension, eine andere Welt zu reisen. Er war immer noch hier und doch fort, und sie spürte, wie sie ihm folgte.
    Die Worte des Refrains verursachten ihr eine Gänsehaut. „In meinen Augen siehst du wie ein Engel aus

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