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Weihnachtsengel gibt es doch

Weihnachtsengel gibt es doch

Titel: Weihnachtsengel gibt es doch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Wiggs
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kennengelernt. Es war einer dieser klaren ersten Herbsttage gewesen, ein Tag mit traumhaftem Wetter, das man aus in Paris spielenden Liebesfilmen kannte. Es lag eine leichte Kühle in der Luft, die Blätter fingen gerade eben an, sich golden zu färben und sich auf den Kopfsteinpflasterstraßen und manikürten Rasenflächen um das historische Gebäude herum niederzulassen.
    Es waren kaum Besucher im Museum, einem weißen Gipswunderland in einer ruhigen Nachbarschaft, weit entfernt von den hektischen Boulevards der Stadt. Rodins Werk hatte Maureen sofort in seinen Bann gezogen. Anders als die polierten Skulpturen der Renaissance lag Rodins Kraft in der Darstellung roher Gefühle – sei es der kollektive Schmerz der Bürger von Calais oder der tief konzentrierte Denker. Ihre Lieblingsskulptur war allerdings Der Kuss , das romantischste Kunstwerk, das sie je gesehen hatte. Sie war fasziniert von der tiefen, alles vergessenden Leidenschaft der ineinander verschlungenen Liebenden.
    Während sie die überlebensgroße Bronze betrachtete, fragte sie sich, ob sie jemals so verliebt sein würde, mit dieser absoluten Hingabe. Konnten zwei Menschen wirklich so ineinander aufgehen? Und – dieser Teil war so ein Klischee, dass es ihr gleich eine Warnung hätte sein müssen – genau in diesem Moment war Jean-Luc in ihr Leben getreten.
    „Sie haben meinen Lieblingsplatz gefunden“, hatte er ineinem Englisch gesagt, das nur einen Hauch von Akzent trug. „Hier komme ich her, wenn ich der Welt entfliehen möchte.“
    „Warum müssen Sie der Welt entfliehen?“, hatte sie gefragt. Er hatte sie auf Anhieb fasziniert.
    „Das zu erklären dauert eine Weile“, hatte er erwidert, und das war der Moment, in dem sie wusste, dass sie zusammenkommen würden.
    Die Affäre endete so, wie sie begann: mit einer schockierenden Wucht der Gefühle. Sie wurde davongetragen, war ein williges Opfer, das sich verzweifelt nach dem Neuen sehnte, das er verkörperte. Er war wie ein wahr gewordener Traum. Paris hatte sich für den Herbst herausgeputzt, und sie eilten, um es mit aller Macht zu umarmen. Sie liefen durch das trockene Laub, das die Alleen und Parks bedeckte und sich auf den Gehsteigen sammelte, auf denen sie saßen und in alten, versteckten Bars am Montmartre kalten Ricard tranken. Gemeinsam machten sie lange Spaziergänge, hielten an Straßenecken, um sich zu küssen, ineinander verloren, wie es nur frisch Verliebte konnten. Sie standen auf dem Pont Neuf und fuhren mit den Bateaux Mouches, und jeder Kuss war wie ein Postkartenmotiv. Außer dass Maureen sich nicht fühlte, als würde sie schauspielern. Das hier war das Leben, das hier war Leidenschaft, und sie packte es mit beiden Händen.
    Im Rückblick erkannte sie, dass sie von Anfang an verloren gewesen war. Er hatte unglaublich gut ausgesehen und war mehr als charmant. Seine dunklen Augen, seine schlanke Gestalt, das alterslose Gesicht, das sie an eine Parfümkampagne in einem Hochglanzmagazin erinnerte. Er war der wunderbarste Mann, den sie je getroffen hatte. Es gab überhaupt keine Frage, dass sie sich in ihn verlieben würde.
    Die Frage war nur, warum sollte er sich in sie verlieben?
    Sie traute sich, ihn eines Tages zu fragen, nachdem sie ungefähr seit zwei Wochen ein Paar waren. Sie waren in ihrem kleinen Studio-Apartment im 17. Arrondissement, einembunten Viertel, in dem hauptsächlich Studenten und Künstler lebten. Sie wohnte im obersten Stock in einem Haus ohne Fahrstuhl, das einst Mönche beherbergt hatte. Um die asketische Kälte des Gebäudes zu mildern, war ihr Zimmer mit dick gepolsterten Möbeln ausgestattet, zu denen auch ein Bett mit einer Daunendecke gehörte, auf dem sie sich gemeinsam aalten, wenn er sich in der Mittagspause von der Arbeit stahl, um sie zu sehen.
    Sie war niemals zuvor verliebt gewesen und somit nicht vorbereitet auf die heftigen Gefühle, die sie für Jean-Luc empfand. Es war wundervoll, wie Regenbogen und Sternschnuppen, Kometen und Sommergewitter – ein Naturphänomen, über das sie keine Kontrolle hatte, sondern das sie nur zurückgelehnt bewundern konnte.
    Über den Computer in einem kleinen Internetcafé in ihrer Nachbarschaft gebeugt, hatte sie versucht, eine E-Mail an ihre Schwester zu schreiben.
    Liebe Renée, ich bin verliebt.
    Sie löschte den Satz und versuchte erneut, Worte zu finden für das, was ihr geschah. Doch es gab keine Worte, die erklärten konnten, wie es war, einen Traum zu leben. Es hatte sie von den Füßen gerissen

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