Weihnachtsengel gibt es doch
er voranschritt, wobei er extra langsam machte, damit sie mithalten konnte.
„Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Schneeschuhwandern zu gehen?“, fragte sie.
„Ich wollte etwas Neues machen. Etwas, das Sie glücklich macht. Allerdings sehen Sie nicht allzu glücklich aus.“
„Lassen Sie mir noch ein wenig Zeit.“ Sie konnte nicht anders, sie musste einfach lächeln.
„Mein Freund Noah Shepherd hat mir viele dieser Outdooraktivitäten beigebracht. Er ist ein Iron-Man-Athlet und läuft jedes Jahr den Triathlon aus Hundeschlittenrennen, Eisschnelllaufen und Schneeschuhgehen. Mir gefällt es hier draußen, seitdem ich als Kind hier im Sommercamp war.“
„War Ihre Kommune nicht wie ein Ganzjahrescamp?“, fragte sie.
Er lachte. „Ja, so ähnlich. Aber im Sommer ist meine Familie immer zu vielen Renaissance-Festivals gefahren, und es war einfacher, mich ins Camp zu schicken. Meine Großeltern sind in den Fünfzigerjahren im Camp Kioga aufgetreten, daherkannten sie die Familie Bellamy.“
„Dann sind die Havens also eine echte Künstlerfamilie“, sagte sie. „Ich stelle mir das wie die Trapp-Familie vor“, sagte sie. „Oder vielleicht etwas moderner, wie die Partridge-Family?“
Er stöhnte. „Ich fürchte, eher wie die Osbournes.“
Sie wusste nicht, ob er Witze machte oder nicht. „Das Camp ist also Ihre Verbindung zu Avalon?“, fragte sie.
„Zum Teil, ja.“ Er blieb an einer Wegbiegung stehen, holte einen Flachmann heraus und bot ihn ihr an.
„Nein, danke“, sagte sie. „Ich bin dieser Tage schon ungeschickt genug, auch ohne was zu trinken.“
„Das ist nur Wasser.“ Er lachte.
„Oh, in dem Fall gerne.“ Dankbar für die Pause, nahm sie einen großen Schluck. Das Gehen auf Schneeschuhen war harte Arbeit. Sie reichte Eddie den Flachmann zurück. Er trank daraus, ohne ihn vorher abzuwischen, was sie unglaublich sexy fand. Natürlich fand sie alles an ihm unglaublich sexy, also kam das jetzt nicht wirklich überraschend.
„Nur damit Sie es wissen, ich trinke keinen Alkohol“, sagte er und steckte die Flasche weg. „Nicht mehr.“
„Wa rum nicht?“
Er lächelte. „Weil ich Alkoholiker bin, Moe.“
Ojemine! Sie war nicht sicher, was sie dazu sagen sollte. „Wie … war das bitte?“
Sein Lächeln wurde zu einem herzhaften Lachen. „Die Krise ist vorüber. Ich bin seit zehn Jahren trocken. Meinen letzten Drink habe ich an dem Abend des Unfalls an der Kirche zu mir genommen. Ich fühle mich deswegen immer noch schlecht, aber das Gute daran war, dass ich von Richter Wilhelm das goldene Ticket erhalten habe, mich dem Programm anzuschließen.“
„Ich verstehe.“ Sie marschierten wieder los in Richtung Watch Hill, wo der Weg endete. Was er ihr gerade erzählthatte, überraschte Maureen. Gleichzeitig gefiel ihr aber seine Ehrlichkeit. Er schien jetzt irgendwie menschlicher und nahbarer. „Woran erinnern Sie sich noch aus der Nacht?“, fragte sie. „Ich meine die Nacht des Unfalls. Und natürlich nur, wenn es Ihnen nichts ausmacht, darüber zu sprechen.“
„Es macht mir nichts aus.“
„Sie, äh, sagten, an dem Abend hätten Sie die Beziehung zu einer Frau beendet …“
„Stimmt. Ich hatte geplant, mich am Heiligabend mit ihr zu verloben, doch stattdessen hat sich mich verlassen.“
„Das ist ja schrecklich.“
„Wie wahr. Heute weiß ich allerdings, dass es gut war. Wir waren zu jung, und mein Kopf befand sich definitiv nicht an dem gleichen Ort wie mein Herz – auch wenn mir ihre Ablehnung damals vorgekommen ist wie das Ende der Welt. Ich habe sie am Bahnhof abgesetzt, wo sie den letzten Zug nach Albany zu ihrer Familie genommen hat. Ich wollte zurück in die Stadt fahren. Ich fuhr gerade in Richtung Schnellstraße, und dann ist ein großes schwarzes Loch in meiner Erinnerung, und ich kann mich erst wieder erinnern, in den Krankenwagen geschoben worden zu sein.“
Also erinnerte er sich nicht daran, wie sein Auto in Flammen aufgegangen war, an die Schreie der Kirchenbesucher, die blinkenden Lichter von Polizei und Krankenwagen in der verschneiten Nacht. Er erinnerte sich nicht daran, von Maureen höchstpersönlich in einer Schneewehe gefunden worden zu sein. Sie war kurz davor, es ihm zu sagen, hielt sich aber dann doch zurück.
„Zu dem Zeitpunkt war es mir noch nicht bewusst“, fuhr er fort, „aber das war genau der Boden, auf dem ich aufschlagen musste, um mein Leben wieder auf die Reihe zu bringen. Ich bin so unglaublich dankbar, dass ich bei dem
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