Weihnachtsglitzern: Roman (German Edition)
folgte Paula Stipanek Gambrell ihrem neuen Mann nach Florida. Daniel und seine beiden älteren Brüder wurden von ihrer Tante Lucy großgezogen. Es war keine glückliche Geschichte, und mein Unmut über seine schlechte Stimmung verflog.
Ich hakte mich bei ihm unter. »Wenn ihr Jungs eine Brosche wie diese gekauft habt, beweist das nur euren guten Geschmack. Solche Broschen waren in den Vierzigern und den Sechzigern der letzte Schrei. Ich kenne Hunderte Varianten von Weihnachtsbaumbroschen. Jede Modeschmuckfabrik hat sie hergestellt. In Schmuckgeschäften und Kaufhäusern wurden die teureren Broschen verkauft, exklusive Stücke von Weiss, Eisenberg oder Miriam Haskell. Mittlerweile werden sie für Hunderte von Dollar gehandelt.«
Daniel stieß ein kurzes, humorloses Lachen aus. »Eines kann ich dir garantieren, die Brosche meiner Mom ist heute keine hundert Dollar wert. Wir haben sie in dem Ramschladen in der Broughton Street gekauft. Wir haben vielleicht fünf Dollar zusammengekratzt, um sie bezahlen zu können.«
Während wir zu Daniels Truck gingen, hörte ich Jethro traurig im Haus heulen.
»Armer Kerl. Er hasst es, allein zu Hause zu bleiben.«
Daniel zupfte an seiner Krawatte, ein seltenes Zugeständnis von ihm. »Ich hätte nichts dagegen, heute Abend den Platz mit ihm zu tauschen.«
»Vielen Dank!«, erwiderte ich bissig.
»Tut mir leid«, sagte er und küsste mich versöhnlich auf die Wange. »Aber ich kann Weihnachtspartys einfach nichts abgewinnen. Konnte ich noch nie. Aber was ich hätte sagen sollen, ist, ich wünschte, du und ich könnten heute Abend zu Hause bleiben. Nur wir beide. Ich würde dir nur zu gern wieder aus diesem heißen Kleid helfen.«
»Hmpf«, machte ich, wenig überzeugt.
5
Kurz nach seinem fünfundzwanzigjährigen Dienstjubiläum als Priester hatte mein Onkel James sein Kollar an den Nagel gehängt und war nach Savannah zurückgekehrt, um als Rechtsanwalt zu arbeiten und ein ruhiges Leben in dem bescheidenen Haus zu leben, das er von seiner Mutter geerbt hatte. Nicht lange danach outete er sich zögerlich als homosexuell, und nicht lange danach lernte er seinen derzeitigen Partner, Jonathan McDowell, kennen.
Drei lange Jahre hatte mein konservativer Onkel gewartet, ehe er endlich Jonathans Bitte nachgab, offen zusammenzuleben. Im September waren Jonathan, ein charmanter, fünfundvierzigjähriger Assistent des Distriktanwalts, und seine bezaubernde Mutter, Miss Sudie, in James’ Haus in der Washington Avenue gezogen.
Heute Abend gaben sie ihre erste Party. Seit Wochen war James total nervös. »Und wenn niemand kommt?«, hatte er sich gesorgt, als wir den Speisezettel für die Feier durchgingen.
»Die Leute werden kommen«, hatte ich ihm versprochen. »Du und Jonathan habt eine Menge Freunde. Und jeder wird Miss Sudie lieben. Und außerdem«, sagte ich, »wollen die Leute unbedingt wissen, was Jonathan aus deinem Haus gemacht hat.«
James schüttelte den Kopf und strich sich über das schütter werdende Haar. »Er hat das Wohnzimmer braun gestrichen. Braun! Meine Mutter würde sich im Grabe umdrehen, wenn sie es wüsste. Sie hat die unteren Räume immer in Rosa gehalten.«
Ich erschauderte. »Hustensaft-Rosa. Die Farbe alter Damen. Aber egal, es ist doch gar nicht richtig braun. Das ist ein dunkler, wunderschöner Mokkaton. Jonathan hat einen exzellenten Geschmack. Ich bin so froh, dass er dich überredet hat, Grandmas schrecklichen alten Plunder rauszuwerfen.«
»Ich dachte, du magst Antiquitäten«, sagte James.
»Nicht alle Antiquitäten sind gleich«, informierte ich ihn. »Dieses furchtbare rosa Samtsofa war potthässlich, und das weißt du auch. Und diese pastellblauen, puscheligen Sessel – igitt.«
»Das neue Sofa ist wirklich bequem«, gab James zu. »Und Jonathans Ledersessel eignen sich prima zum Lesen. Außerdem durfte ich die Sachen in meinem Schlafzimmer behalten.«
Heute Abend war also die Coming-out-Party meines Onkels – in mehr als einer Hinsicht. Als wir uns seinem Haus näherten, stellte ich erfreut fest, dass überall am alten Haus Lichterketten strahlten. Um die Eingangstür hing eine große Girlande aus immergrünen Zweigen, und ein halbes Dutzend Leute standen plaudernd auf der Veranda und nippten an ihrem Wein. Auf beiden Straßenseiten reihte sich ein Auto an das andere.
»James hatte Angst, dass niemand kommen würde«, erzählte ich Daniel und wies ihn an, in der Auffahrt direkt hinter dem dunkelgrauen Buick meiner Eltern zu parken, die
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