Weihnachtsglitzern: Roman (German Edition)
auch in dieser Straße wohnten. »Mama und Daddy gehen nach acht nicht mehr weg«, erinnerte ich ihn.
Daniel warf mir einen raschen Blick zu. »Und deine Mutter hat keine Probleme damit, dass sie zusammenleben? Sie war nicht schockiert?«
»Ich würde nicht gerade behaupten, dass sie es gutheißt«, sagte ich. »Aber du weißt doch, was für ein Snob Mama ist. Die McDowells gehören zum alten Geldadel von Savannah. Sie ist begeistert, dass James mit jemandem aus den besseren Kreisen zusammen ist. Und sie bewundert Miss Sudie.«
James empfing uns an der Haustür, prächtig anzuschauen in einem eleganten, jagdgrünen Sportsakko mit Karomuster und rostrotem Rollkragenpullover.
»Wow!«, sagte ich und küsste ihn. »Du siehst aus, als kämst du direkt aus einer Werbeanzeige von Ralph Lauren.«
Er runzelte die Stirn. »Ist das gut?«
»Sehr gut«, lachte ich. »Und du musstest nicht einmal eine Krawatte umbinden.«
»Nicht einmal für Jonathan«, sagte James. »Nicht einmal zu Weihnachten.«
Jonathan kam dazu und legte Daniel und mir die Arme um die Schultern. »Beschwert er sich schon wieder über die verdammte braune Farbe?«
»Nein«, erwiderte ich. »Er beglückwünscht sich selbst, weil er keine Krawatte tragen muss.«
»Na, dann kommt rein und holt euch etwas zu essen und zu trinken«, sagte Jonathan. »Daniel hat beim Essen wahre Wunder vollbracht. Für diese Lammkoteletts könnte ich sterben.«
»Danke«, sagte Daniel.
»Aber erwähnt James gegenüber bloß nicht, was das gekostet hat«, fuhr Jonathan fort. »Er glaubt immer noch, Cocktailwürstchen mit Käsedip seien für eine Party völlig in Ordnung.«
»Das ist der Familienfluch der Foleys«, klärte ich Jonathan auf. »Wir sind so geizig, dass es quietscht.«
Während Daniel in der Küche verschwand, um nach dem Essen zu sehen, schlenderte ich herum und plauderte mit Freunden und Verwandten.
Im Wohnzimmer entdeckte ich Mama und Daddy. Daddy schien sich in seinem guten Anzug unbehaglich zu fühlen, und Mama trug ihr traditionelles Weihnachtsparty-Outfit: einen grünen Wollrock und einen dieser grässlichen Pullover mit Weihnachtsmotiven, die sie so bezaubernd fand. Auf der Vorderseite prunkten zwei riesige, gestrickte Weihnachtsbäume, geschmückt mit winzigen Kugeln und Lichtern, die tatsächlich leuchteten und blinkten. Unglücklicherweise blinkten zwei rote Lichter genau mitten auf ihrer Brust, so dass es von der anderen Seite des Raumes aussah, als würden ihre Nippel einem zuzwinkern.
»Eloise«, rief Mama und streckte die Hand aus, um mich neben sich auf das Sofa zu ziehen. »Was siehst du schön aus heute Abend!«
Ich schaute an meinem Kleid herunter und zupfte am Ausschnitt herum. Alte Gewohnheiten sterben nur schwer. »Wirklich? Dieses Kleid gefällt dir?« Normalerweise hasst Mama meine Vintage-Sachen. Sie kann nicht verstehen, wie ich die »ausrangierte Kleidung von Toten« tragen kann.
»Die Brosche«, sagte Mama und berührte den Weihnachtsbaum, der an meinem Schal befestigt war. »Als du klein warst, hatte ich auch so eine. Weißt du noch?«
Ich sah zur Brosche hinunter. »Genau so eine?«
Sie runzelte die Stirn. »Nicht ganz. Meine war eher golden, mit Zweigen und Perlen in allen möglichen Farben.«
»Solche Broschen waren vor Jahren sehr beliebt«, erklärte ich ihr. »Daniel sagt, seine Mutter hätte genau so eine Brosche gehabt. Auch in Blau und so.«
»Ach so«, sagte Mama. Sie hatte ein unglaubliches Gedächtnis für Skandale und erinnerte sich an jede Einzelheit aus dem Prozess gegen Hoyt Gambrell. »Hört er manchmal noch von seiner Mutter?«
»Nein«, erwiderte ich knapp und bedauerte bereits, das Thema angeschnitten zu haben.
»Wo steckt Daniel eigentlich?«, fragte Daddy. »Bei der Arbeit im Restaurant?«
»Er ist hier«, sagte ich. »Du weißt doch, das Guale hat heute Abend das Catering übernommen.«
»Nett«, sagte Mama unbestimmt. »Wie nennt man dieses pappige Reiszeug, das es zu den Lammkoteletts gibt?«
»Risotto?«
»Interessant«, sagte Mama. Dann erhellte sich ihre Miene, und sie fügte hinzu: »Ich habe James ein paar meiner berühmten Obstkuchen zum Dessert mitgebracht. Vergiss nicht, ein Stückchen davon zu probieren.«
»Bestimmt nicht«, versprach ich und schwor mir im Stillen, den Kuchen zu meiden wie die Pest. Den größten Teil meines Lebens war meine Mutter eine heimliche Alkoholikerin gewesen, aber nach ihrer Entziehungskur hatte sie ihre frisch gewonnene Energie aufs Kochen verwendet.
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