Weihnachtsglitzern: Roman (German Edition)
Leider hatte die Nüchternheit ihre Kochkünste nicht verbessert.
»Dieses Jahr habe ich meinem Obstkuchen etwas Neues hinzugefügt«, vertraute sie mir an. Sie senkte die Stimme und schirmte den Mund mit der Hand ab, falls jemand versuchen sollte, ihr das Geheimrezept abzulauschen, und flüsterte: »Ahornsirup!«
»Tatsächlich?«
Daddy nickte traurig. »Sie hat den ganzen Supermarkt leergekauft.«
»Zwei Dutzend Kuchen«, berichtete Mama. »Das ist ein neuer Rekord. Ich habe deinen im Auto, du musst nur mitkommen, wenn wir aufbrechen.«
»Mach ich«, versprach ich und stand auf. »Jetzt sehe ich besser mal nach Daniel. Er muss früher gehen und zurück ins Restaurant. Sie haben ein paar große Privatfeiern heute Abend, und er muss sich dort noch einmal blicken lassen.«
»Aber vergiss den Kuchen nicht«, zwitscherte Mama. »Ich habe nur noch ein Dutzend übrig. Er ist sehr beliebt dieses Jahr.«
Was, fragte ich mich, während ich durch die Räume schlenderte, die von Licht und Gelächter belebt waren, sollten die Leute mit Obstkuchen mit Ahornsirupgeschmack anfangen? Sie könnten sie als Türstopper benutzen. Als Bootsanker. Oder als Buchstützen.
Ich fand Daniel im Esszimmer, wo er gehackte Petersilie über den Shrimp-Gumbo, den traditionellen Eintopf der Cajun-Küche, streute, der in einer Schüssel auf der Warmhalteplatte stand.
»Sieht gut aus«, sagte ich und gab ihm einen raschen Kuss.
»Du auch«, sagte er geistesabwesend.
»Stimmt irgendetwas nicht?«, fragte ich, obwohl ich bereits wusste, dass etwas nicht in Ordnung war.
»Auf der Anrichte dort drüben müsste eine Schüssel mit Trifle stehen«, sagte er und zeigte auf die massive Mahagonianrichte meiner Großmutter. »Als ich herkam, stand sie noch in der Küche, aber jetzt ist sie verschwunden.«
»Jeder liebt dein Trifle«, sagte ich. »Vielleicht haben die Leute schon alles verputzt.«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. In der Küche standen zwei volle Schüsseln. Wir haben genug für hundert Leute gemacht, das hätte dicke reichen müssen. Außerdem sind die Schüsseln ebenfalls verschwunden.«
»Wie bitte?« Ich ging zur Anrichte, um mir die Sache genauer anzusehen. Neben einer Kristallschüssel mit Bowle entdeckte ich ein Silbertablett, auf dem sich scheibenweise nach Ahornsirup duftender Obstkuchen stapelte.
»Der Fall ist gelöst«, erklärte ich Daniel. »Marian Foley hat wieder zugeschlagen.«
»Deine Mutter hat eine ganze Schüssel voll Trifle verspeist?«
»Das bezweifle ich. Dein Dessert schwimmt in Sherry. Mama hat panische Angst davor, wieder zur Flasche zu greifen. Sie würde nicht einmal mehr Hustensaft schlucken. Nein, ich fürchte, Mama hat dein Trifle beseitigt, um die Konkurrenz für ihren Obstkuchen auszuschalten.«
»Nein!«, rief Daniel. »Da kommt also der Kuchen her? Ich dachte, es sei ein Geschenk von einem von James’ Klienten.«
»Leider nein. Sie hat mir selbst gesagt, dass sie ihn für die Party mitgebracht hat. Dieser Obstkuchen ist ihr ganzer Stolz.«
Daniel ging zu dem bereits erwähnten Tablett, beugte sich darüber, schnupperte und zog eine Grimasse.
»Was zum Teufel ist da drin?«
»Familiengeheimnis«, sagte ich und legte die Hand aufs Herz. »Ich musste schwören, Stillschweigen zu bewahren.«
»Duellierende Desserts.« Daniel schüttelte den Kopf. »Das gibt es auch nur bei den Foleys.«
»Tut mir leid«, sagte ich. »Soll ich versuchen herauszufinden, was sie mit dem Trifle angestellt hat?«
»Nein. Darum kann James sich kümmern. Hör zu, Schatz, ich sage es ungern, aber ich muss zurück ins Guale .«
»Schon?« Stirnrunzelnd schaute ich auf die Uhr. »Es ist doch erst kurz nach acht.«
»Du kannst doch noch bleiben«, schlug er vor. »Deine Eltern können dich nach Hause bringen.«
»Lass gut sein«, sagte ich, ohne meinen leichten Unmut verbergen zu können. »Komm, wir suchen James und Jon und verabschieden uns.«
Er steuerte auf das Wohnzimmer zu, doch ich hielt ihn zurück. »Nicht da rein. Ich muss mich rausschleichen, ohne dass Mama mich sieht. In Daddys Auto wartet ein Obstkuchen auf mich.«
»Autsch«, sagte er. »Ich hoffe, sie haben die Fenster aufgelassen.«
Auf der Fahrt nach Hause schwiegen wir eine ganze Weile.
»Alles in Ordnung?«, fragte ich schließlich. Ich gab mir einen Ruck, rutschte hinüber und massierte ihm den Nacken.
»Bin nur müde.«
»Mehr nicht?«
»Es ist eine anstrengende Zeit im Jahr«, erklärte Daniel. »Wenn man ein Restaurant hat, hängt da
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