Weihnachtsglitzern: Roman (German Edition)
kannst sie nicht retten.«
»Aber es ist Weihnachten«, platzte ich heraus. »Ich weiß, dass sie keine Hauskatze ist, der ich einfach eine Schale Milch hinstellen und ein Halsband und Leine anlegen kann. Das weiß ich. Aber ich kann einfach nicht anders. Ja, ich mache mir Sorgen um Annie. Es passt nicht zu ihr, dass sie ihr Geschenk überhaupt nicht abgeholt hat. Oder nichts für mich dagelassen hat. Ich schwöre, ich will sie nicht retten oder adoptieren. Ich will ihr nur eine jämmerliche Tüte mit Seife und Shampoo und ein paar Süßigkeiten schenken. Ist das so schlimm?«
»Nicht, wenn du es dabei belassen kannst«, sagte BeBe. »Aber wenn du ihr etwas hättest schenken wollen, das sie wirklich gebrauchen kann, hättest du ihr in Hardeeville etwas von diesem Fusel zu einem Dollar die Flasche kaufen sollen.«
»Ach, leck mich.« Ich sagte es leise, fast tonlos, aber eindeutig laut genug, damit sie es hörte.
Erst als wir in die Charlton Street einbogen, machte BeBe endlich wieder den Mund auf. »Also gut«, sagte sie mit einem gequälten Seufzen. »Ich gebe auf. Wo fangen wir mit der Suche nach Miss Annie an?«
»Im Wohnheim für Frauen«, erwiderte ich wie aus der Pistole geschossen. »Du kannst dort nachfragen. Ich fahre rüber zum Reynolds Square und von dort zum Franklin Square, wo die Obdachlosen immer herumhängen. Wenn du sie findest, sprich nicht mit ihr. Ruf mich einfach nur auf dem Handy an.«
Sie salutierte theatralisch. »Aye-aye, Captain!«
17
Langsam fuhr ich um den Reynolds Square herum und hielt nach Miss Annie Ausschau. Aber der Platz war verwaist. Nicht einmal eine Taube konnte der Kälte und dem Regen trotzen.
Als ich in Richtung Norden zum Franklin Square fuhr, überlegte ich, wo sich die Obdachlosen eigentlich bei so einem Wetter aufhielten. Es war noch zu früh, als dass die Übernachtungsunterkünfte schon geöffnet hätten. Und die Tauben? Wohin verkrochen die sich bei diesem scheußlichen Wetter?
Der Franklin Square, am Rand des wieder zum Leben erweckten Geschäftsviertels von Savannah gelegen, wirkte nicht belebter als der Reynolds Square. Die obdachlosen Männer, die sich normalerweise auf den Parkbänken zusammenfanden und auf umgedrehten Eimern Dame spielten, waren verschwunden.
Ich seufzte und fuhr langsam einmal um den Platz herum. Die nächste Stunde verbrachte ich damit, auf der Suche nach Annie die Straßen und Gassen der Innenstadt abzufahren.
Als ich schließlich an der Suppenküche im Emmaus-Haus in der Abercorn Street vorbeikam, bemerkte ich zwei schäbig gekleidete Männer, die sich in dem Versuch, trocken zu bleiben, unter einen Gebäudevorsprung zusammenkauerten.
Ich parkte den Truck verbotenerweise vor einem Feuerhydranten und stapfte durch die Pfützen auf sie zu.
Beide Männer waren Weiße, doch ihre Gesichter waren so schmutzverkrustet und sie hatten ihre schäbigen Strickmützen so tief in die Stirn gezogen, dass es unmöglich war, ihr Alter zu schätzen.
»Entschuldigen Sie«, sagte ich atemlos. »Ich suche eine Freundin von mir. Eine ältere Dame, die, äh, irgendwo hier auf der Straße lebt.«
»Ach ja?« Der kleinere der Männer, dessen rote Mütze verblasst war, zog die in Socken steckenden Hände aus der Tasche und rieb sie aneinander. »Was hat sie denn angestellt?«
»Nichts!«, sagte ich. »Ich habe, äh, etwas, das ich ihr geben muss. Aber sie ist nirgendwo. Haben Sie sie vielleicht gesehen? Vielleicht hier in der Suppenküche?«
Der größere Mann, dessen Mütze grau-oliv war, hustete rau, und ich wich instinktiv zurück.
Er wischte sich die Nase mit der bloßen Hand ab. »Wie sieht die Lady denn aus?«
Das gab mir zu denken. Eigentlich hatte ich nur einmal einen kurzen Blick auf Annie erhascht, am Abend des Empfangs im Maisie’s Daisy .
»Sie ist weiß«, sagte ich zögernd. »Vermutlich in den Sechzigern. Graue Haare …«
»Und weiter?«, sagte Grüne Mütze ungeduldig, zog eine plattgedrückte, halb aufgerauchte Zigarette aus der Tasche und zündete sie mit einem orangefarbenen Plastikfeuerzeug an.
Da fiel mir ein weiteres, verräterisches Detail ein. »Möglicherweise trägt sie einen weinroten Pullover mit großen, aufgenähten Buchstaben, BC.«
Grüne Mütze blies mir den Rauch ins Gesicht, dann hustete er erneut.
Schaudernd machte ich noch einen Schritt zurück.
»Ich könnte mich besser erinnern …«, sagte er nachdenklich.
»… wenn wir etwas Geld hätten«, sagte sein rot bemützter Freund und führte die Idee zu
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