Weihnachtsglitzern: Roman (German Edition)
sagte ich, erfreut und überrascht, ihn so früh zu sehen. Das Weihnachtsgeschäft im Restaurant war so hektisch gewesen, dass er manchmal erst gegen zwei oder drei Uhr morgens gekommen war.
»Auch hi«, er tippte fachmännisch mit der Fingerspitze auf die Kruste des bereits abkühlenden Zitronenkuchens auf dem Tortenständer. Er nickte anerkennend.
Er gab mir einen Kuss auf die Wange, dann setzte er sich an den Tresen und schaute sich in meiner Küche um. Während des Abends hatte ich unzählige Male nachgeschaut, ob Annie aufgekreuzt war und sich ihr Geschenk abgeholt hatte. Meine Sorge hatte zu einem hektischen Energieschub geführt, den ich beim Hacken, Rühren und Sautieren abreagiert hatte.
Die Arbeitsflächen waren mit Kuchen, Torten und Aufläufen vollgestellt, ganz zu schweigen von einer großen Schale Austerndressing und einer Riesenschüssel Navelorangen, die ich über eine Stunde lang geschält und geschnitten hatte, um Götterspeise daraus zu machen.
»Wofür ist das alles?«, fragte er und schenkte sich ein Glas Rotwein ein.
»Für das Weihnachtsdinner«, sagte ich und hielt ihm mein eigenes Glas zum Nachschenken hin.
»Hast du die ganze Straße eingeladen? Ich meine, das ist ja genug Essen, um eine ganze Armee zu verköstigen.«
»Du weißt doch, dass ich immer zu viel koche«, sagte ich leichthin. »Mama sagt, es sei eine Sünde, einen Gast hungrig von deinem Tisch aufstehen zu lassen.«
»Eloise?« Daniel stellte sein Glas ab. Auf seinen Wangen waren zwei hellrote Flecken aufgetaucht. »Wie viele Leute hast du zum Essen eingeladen?«
»Nicht so viele«, sagte ich und raspelte eifrig Kokosnuss für die Götterspeise in eine Kristallschüssel. »Nur die Familie und ein paar Freunde.«
»Wessen Familie? Die Kelly Family? Das hier ist eine Riesenfuhre Essen. Und ich meine mich zu erinnern, dass du das einzige Kind bist.«
»Das schon, aber außer dir und mir und Mama und Daddy kommen noch Onkel James und Jonathan, und natürlich Miss Sudie. Und BeBe und Harry kommen auch, und Derek und Eric …«
»Wie bitte?« Er hatte die Lippen zusammengepresst. »Du hast meine Brüder zum Weihnachtsessen eingeladen, ohne vorher mit mir darüber zu sprechen?«
»Mit ihren Frauen und Kindern«, sagte ich rasch, damit ich es hinter mir hatte.
»Das wird kein Familienessen«, sagte er, »sondern eine Monstrositätenschau.« Er gab sich keine Mühe, seine Wut zu verbergen.
»Es ist Weihnachten. Ich dachte nur, es wäre nett, unsere beiden Familien zum Essen einzuladen. Ist das ein Verbrechen? Unsere Familien haben sich noch nie kennengelernt.«
»Warum müssen sie sich überhaupt jemals kennenlernen?«
Schweigend legte ich die Kokosnuss auf einen sauberen Teller. Wischte mir die Hände am Geschirrtuch ab. Holte tief Luft.
»Unsere Familien müssen sich kennenlernen, weil du und ich eine feste Beziehung haben. Oder nicht?«
»Bis jetzt.«
Das ignorierte ich. »Ich veranstalte zum ersten Mal ein Weihnachtsessen in meinem eigenen Haus. All die anderen Jahre hat immer meine Mutter gekocht. Und davor, in den schlechten, alten Zeiten, als ich mit Tal verheiratet war, hat seine Mutter zu Weihnachten gekocht.« Unwillkürlich erschauderte ich bei der Erinnerung an die schweigend eingenommenen, unterkühlten Dinner im Speisezimmer der Evans.
»Fingerschalen«, sagte ich unvermittelt.
»Was?«
»Tals Mutter hat den Tisch immer so gedeckt, als erwarte sie die Herzogin und den Herzog von Windsor zu Gast. Bis hin zu den Fingerschalen. Messerbänkchen aus Kristall, Platzkärtchen. Vier verschiedene Gabeln, zwei Messer und drei Weingläser. Es war grotesk. Bei jedem Happen, den ich aß, fürchtete ich, dabei ertappt zu werden, die falsche Gabel zu benutzen oder Erbsen auf ihren kostbaren Aubusson-Teppich fallen zu lassen.«
Ich holte noch einmal tief Luft. »Dieses Jahr möchte ich, dass es etwas ganz Besonderes wird. Ich weiß, was du von Weihnachten hältst. Ich weiß, welche bitteren Assoziationen für dich damit verknüpft sind. Und ich möchte das ändern. Ich möchte ein wunderschönes Feiertagsdinner für den Menschen ausrichten, den ich auf der Welt am meisten liebe. Für dich. Du bist meine Familie. Und deine Familie ist meine Familie.«
Meine Knie waren ein wenig weich, jetzt, nachdem ich endlich meine große Rede gehalten hatte, die ich schon seit Tagen im Geiste einstudiert hatte.
»Also gut«, sagte er schließlich. »Wenn es dir so viel bedeutet, dann werde ich damit vermutlich auch irgendwie
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