Weihnachtsglitzern: Roman (German Edition)
Schwul oder nicht, hast du jemals einen Mann kennengelernt, der kein Riesenbaby wäre?«
»Du bist die Expertin«, stimmte ich zu.
Sie drehte die Heizung noch ein Stückchen höher, lehnte sich zurück und rieb sich erfreut die Hände. »Wie auch immer, wir beide haben getan, was wir tun mussten. Ich fasse es nicht, dass du den Wein und den Champagner bekommen hast. Es ist ein phantastisches Geschenk. Daniel wird begeistert sein.«
»Das will ich ihm auch raten«, sagte ich. »Auf jeden Fall ist mir jetzt ein Riesenstein vom Herzen gefallen. Jetzt bin ich fertig. Mein letztes Weihnachtsgeschenk!«
»Wo wir gerade von Geschenken reden«, sagte sie. »Was hast du von deiner Miss bekommen?«
»Miss?« Ich stand auf dem Schlauch.
»Miss Annie. Dein Wohlfahrtsprojekt.«
»Herrje«, rief ich. »Bei der Aufregung um die Auktion habe ich völlig vergessen, nachzuschauen. Mach mal das Handschuhfach auf und sieh nach.«
Ich schaute kurz hin, richtete jedoch den Blick sofort wieder auf die Straße. Die Fahrt über die buckelige Talmadge-Memorial-Brücke, die den Savannah-Fluss überspannte, bescherte mir schon an guten Tagen ein ziemlich mulmiges Gefühl, und jetzt, mit dem Regen und dem böigen Wind, war ich noch nervöser als üblich.
BeBe drückte auf das Schloss des Handschuhfachs und holte eine weihnachtlich rot-karierte Geschenktüte heraus, die mit einer schwarzen Samtschleife verschnürt war.
»Hey«, sagte sie und hielt sie mir hin. »Sieh mal an. Miss Annie hat deine Verpackungsgene.«
Ich runzelte die Stirn. »Das ist nicht für mich . Das ist für Annie . Sieh noch einmal nach. Ist da noch etwas drin?«
BeBe wühlte im Handschuhfach herum und hielt ihre Fundstücke in die Höhe.
»Schraubenzieher.«
»Meins.«
»Taschenlampe.«
»Meins.«
»Oh-ho«, gluckste sie und brachte eine kleine Schachtel zum Vorschein. »Kondome! Miss Annie muss dich besser kennen, als ich dachte.«
»Gib sie mir«, sagte ich, riss ihr die Packung aus der Hand und stopfte sie unter meinen Sitz.
»Ich nehme also an, die sind nicht von Annie?«, fragte BeBe frotzelnd.
»Kein Kommentar.«
»Na dann, mehr ist jedenfalls nicht im Handschuhfach«, schloss sie und klappte es zu.
»Das verstehe ich nicht. Der Truck war nicht abgeschlossen. Warum hat sie ihr Geschenk nicht abgeholt?«
»Vielleicht war sie zu beschäftigt damit, ihre Fingernägel und Haare für die Spendengala des Sinfonieorchesters zu machen«, witzelte BeBe.
Ich warf ihr einen bösen Blick zu, doch sie warf nur ihr Haar zurück und spielte mit dem obersten Knopf ihrer Jeansjacke.
»Das passt gar nicht zu Annie«, sagte ich nachdenklich. »Seit einer Woche lasse ich ihr jeden Abend ein kleines Geschenk da. Und sie hat nie versäumt, es sich abzuholen. Kein einziges Mal. Bis jetzt.«
»Du machst dir Sorgen.« BeBe verdrehte die Augen. »Um eine Stadtstreicherin.«
Ich nickte, und mir gingen bereits verschiedene Erklärungen durch den Kopf, warum das Geschenk immer noch in meinem Truck lag. Keine davon war besonders erfreulich.
»Und du glaubst, ihr sei etwas zugestoßen«, fuhr BeBe fort.
»Sie lebt auf der Straße!«, rief ich. »Natürlich mache ich mir Sorgen. Sie könnte verletzt worden sein. Oder krank …«
»Oder betrunken. Ach Eloise, du hast es doch selbst gesagt. Wir reden hier über Miss Annie. Die Straße ist ihr Zuhause. Vielleicht ist sie einfach weitergezogen. Wie auch immer, du weißt nichts über sie. Nicht wirklich. Also mach dich nicht verrückt vor Sorge, weil du dir alle möglichen tragischen Szenarien ausdenkst, warum sie ihr kleines Care-Paket nicht abgeholt haben könnte.«
Ich kaute auf der Innenseite meiner Wange und starrte aus dem Fenster, während die Scheibenwischer den Bindfadenregen zerschnitten. Mit den Fingerspitzen trommelte ich auf das Lenkrad.
Seufzend rutschte BeBe auf ihrem Sitz herum. »Du hast nicht vor, sie zu vergessen, was? Du wirst irgendeinen verzweifelten, gutgemeinten, aber vollkommen nutzlosen Versuch starten, sie aufzuspüren und zu verarzten. Hab ich recht?«
Ich starrte stur geradeaus.
»Sie ist kein streunendes Kätzchen«, warnte BeBe. »Eloise, diese Stadtstreicher leben so, weil sie es wollen, zumindest die meisten von ihnen. Sie sind erbittert auf ihre Unabhängigkeit bedacht und verübeln einem jeden Versuch, an ihrem Lebensstil etwas zu ändern.«
Ich verdrehte die Augen.
»Sie ist ein menschliches Wesen«, fuhr sie fort. »Ein komplexer und wahrscheinlich ziemlich verkorkster Mensch. Du
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