Weihnachtszauber 02
Unglücklich schlang er einen Arm um ihre Schultern.
Sie hörten kein Geräusch, nichts warnte sie, bevor die Tür aufschwang. Dann überquerte jemand die Schwelle.
Genauso lautlos, wie der Mann eingetreten war, schloss er die Tür hinter sich. „Oh, wie romantisch“, spottete er leise.
Erschrocken zuckte Tom zusammen und griff instinktiv nach seinem Messer.
Als Francesca die hochgewachsene Gestalt Mr Blacks auf sich zukommen sah, stieg kalte Angst in ihr auf. Aber Tom schien sich bei diesem Anblick zu entspannen und steckte sein Messer in die Scheide.
„Wer ist sie, Linden? Deine Liebste?“
„Nein!“, protestierten Francesca und Tom wie aus einem Mund.
Sogar im trüben Laternenlicht war Toms feuerrotes Gesicht deutlich zu sehen.
„Meine Schwester“, seufzte er. „Francesca ist meine Schwester.“
„Was zum Henker hat sie im Hafen gemacht?“
„Ich wollte ihn von einer Dummheit abhalten.“ Erbost über ihre unbequeme Position am Boden, blickte sie zu Mr Black auf.
„Von dieser Nacht weiß sie nichts“, behauptete Tom und ignorierte sie. „Das schwöre ich.“
„Jetzt weiß sie Bescheid“, meinte Mr Black.
„Falls Sie glauben, ich würde irgendwem verraten, was ich sah, irren Sie sich“, versicherte Francesca. „Ich werde nichts ausplaudern. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort, Sir.“
„Ah, Ihr Wort?“ Mr Black zog eine dunkle Braue hoch. „Und Sie bilden sich ein, damit wäre alles wieder in Ordnung?“
Sein spöttischer Ton schürte ihren Zorn. „Wenn ich jemanden informiere, würde ich Tom belasten. Warum sollte ich das tun? Niemals würde ich meinen Bruder in Gefahr bringen.“
„Nach meiner Ansicht ist Ihnen das bereits gelungen, Miss Linden“, erwiderte Mr Black und bemühte sich nicht, seinen Ärger zu verbergen.
„Was sollen wir machen?“ Tom strich sich das Haar aus der Stirn. „Erzählen wir Mr White von ihr?“
„Meinst du, das würde deine Schwester schützen?“, fragte Mr Black höhnisch.
„Nun, ich hatte gehofft ...“
„Für dich gibt es keine Hoffnung!“, stieß Mr Black hervor. „Wenn du mit deiner Geschichte zu Mr White gehst, seid ihr beide so gut wie tot. Außerdem würdest du andere ... Angelegenheiten gefährden, Linden. Das brauche ich wohl kaum zu erläutern.“
„Was können wir denn unternehmen?“
Unmissverständlich hörte Francesca die Verzweiflung aus der Stimme ihres Bruders heraus.
„Wir versuchen Zeit zu gewinnen.“
Während einer kurzen Pause warteten Francesca und Tom angespannt auf nähere Erklärungen.
„Ich werde deine Schwester von White und den anderen fernhalten, Linden“, fügte Mr Black hinzu. Inzwischen war nichts mehr von seiner lässigen, gedehnten Sprechweise zu merken. „Wenn es auch so erscheinen mag, als wäre ihr Leben bedroht – dieser Eindruck trügt. Sie ist in Sicherheit. Und zeig um Gottes willen kein Interesse am Wohlergehen der jungen Dame. Sonst würde White die Wahrheit erraten. Hast du das verstanden?“
„Ja, Sir“, beteuerte Tom.
„Verschwinde jetzt, bevor deine Abwesenheit bemerkt wird.“
Tom zögerte. „Und in der restlichen Nacht ...“
„... wird alles so laufen wie geplant“, vollendete Mr Black den Satz.
Zu seiner Schwester gewandt, bat Tom: „Tu, was er sagt, Fran.“
„Geh endlich!“, befahl Mr Black.
Ohne ein weiteres Wort eilte Tom aus der Kabine. Mit leisem Klicken fiel die Tür ins Schloss. Francesca blieb allein mit Mr Black zurück.
„Also, Miss Linden ...“, begann er und kauerte vor ihr nieder. „Haben Sie auch nur einen Funken Verstand im Kopf? Was haben Sie sich bloß dabei gedacht? Wie konnten Sie Ihrem Bruder um Mitternacht in den Hafen folgen, ganz allein?“ In seiner Stimme schwang heißer Zorn mit. Der Mann, der vorhin so gelassen mit Mr White gesprochen hatte, war völlig verwandelt.
Was er sagte, klang vernünftig. Doch das gab sie nicht zu. Herausfordernd starrte sie ihn an. „Wären Sie nicht dazwischengekommen, hätte ich Tom zurückgehalten.“
„Bin ich etwa schuld an Ihrer Notlage?“, herrschte er sie an. Seine Augen schienen sich in ihre zu bohren.
„Nein.“ Unbehaglich wich sie seinem Blick aus. „Aber hätten Sie mich im Hafen nicht zu entführen versucht ...“
„Sie entführen. “ Seine Brauen zogen sich zusammen. „Habe ich das tatsächlich getan?“
Statt die Frage zu beantworten, musterte sie ihn misstrauisch. „Warum helfen Sie uns, Sir, obwohl Mr White Ihr Freund ist – und obwohl Sie in das alles verwickelt
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