Weil deine Augen ihn nicht sehen
Angestellten hätte gelogen.«
Der empörte Ton in Stans Stimme und die Art, wie er sich aufrichtete und den Brustkorb rausstreckte, erinnerten Marty an einen zornigen Gockel.
»Nein, es geht nicht um Ihre Angestellten, Stan«, beruhigte ihn Marty rasch. »Und sehr wahrscheinlich ist das nur eine von vielen Spuren bei unseren Ermittlungen, die zu nichts führen. Um es auf den Punkt zu bringen: Wir gehen davon aus, dass jemand das Haus ausgekundschaftet hat und im Voraus Bescheid wusste, in welchem Zimmer die Zwillinge schlafen würden. Wie Sie wissen, ist das Haus sehr viel größer, als es von außen den Anschein hat. Es gibt fünf Schlafzimmer, und jedes wäre als Zimmer für die Mädchen geeignet gewesen, aber die Entführer wussten genau, in welchem sie sich befanden. Die Frawleys sind einen Tag, nachdem Ihre Leute das Haus geputzt haben, eingezogen. Margaret Frawley hat ausgesagt, dass keine fremden Leute vor der Entführung im Haus gewesen sind. Wir bezweifeln, dass jemand so verwegen gewesen sein könnte, heimlich dort einzubrechen und sich im Haus umzuschauen.«
»Sie meinen …«
»Ich meine, jemand kannte den Weg nach oben und die Lage des Zimmers genau. Ich weiß, dass keine von Ihren Angestellten uns vorsätzlich anlügen würde, aber andererseits haben Sie bei der Befragung gesagt, dass Sie gegen Ende des Nachmittags dort vorbeigefahren sind, um das Haus zu inspizieren. Keiner Ihrer Leute hat das erwähnt.«
»Sie müssen gedacht haben, dass Ihre Fragen sich nur auf Außenstehende im Haus bezogen haben. Sie sehen mich als Teil der Mannschaft an. Aber Sie können ja noch mal mit ihnen sprechen. Sie werden bald zurück sein, um in ihren eigenen Autos nach Hause zu fahren.«
»Wusste jemand bei Ihnen, welches Zimmer als Schlafzimmer für die Kinder ausgewählt worden war?«
»Das wussten wir alle. Die Eltern wollten noch am selben Abend hinfahren, um es zu streichen. Die Eimer mit blauer
Farbe standen schon im großen hinteren Zimmer, und eine Rolle weißer Teppichboden lehnte in einer Ecke. Sie hatten sogar ein paar Spielsachen und ein Holzpferd mitgebracht, die standen auch dort.«
»Haben Sie mit irgendjemandem darüber gesprochen, Stan?«
»Nur mit Sonya. Sie kennen ja meine Frau, Marty. Ich glaube, als Ermittlerin bei Ihnen wäre sie hervorragend geeignet. Sie war vor Jahren einmal in dem Haus, als die alte Mrs. Cunningham irgend so eine Wohltätigkeitsgeschichte veranstaltet hat. Ob Sie’s glauben oder nicht, als die gute Mrs. Cunningham gestorben ist, hat sie versucht mich zu überreden, ob wir es nicht kaufen sollten. Ich hab ihr sofort gesagt, das könne sie vergessen.«
Stan Shafter lächelte nachsichtig. »Sonya war begeistert, als sie hörte, dass eineiige Zwillinge dort einziehen würden. Sie wollte sofort wissen, welches Zimmer die Zwillinge bekommen sollten, oder ob sie getrennte Zimmer bekämen, und ob sie eine Cinderella-Tapete angebracht hätten, das hätte sie nämlich getan. Ich hab ihr erzählt, die Zwillinge bekämen ein gemeinsames Zimmer, das große am Ende des Flures, und es würde blau gestrichen und bekäme einen weißen Teppichboden. Und dann hab ich gesagt: ›So, Sonya, und jetzt lass mich mit Clint in Ruhe ein Bierchen trinken. ‹«
»Clint?«
»Clint Downes. Das ist der Hausmeister beim Country Club von Danbury. Ich kenne ihn schon seit Jahren. Wir machen dort immer einen allgemeinen Großputz, bevor die Saison losgeht und der Klub öffnet. Clint war an dem Abend zufällig da, als ich vom Haus der Frawleys zurückkam, und ich hab ihn gefragt, ob er noch auf ein Bierchen bleibt.«
Marty erhob sich und griff nach seiner Uniformmütze. »Schön. Falls Ihnen noch irgendwas einfällt, rufen Sie mich an, Stan. Okay?«
»Klar, mach ich. Manchmal betrachte ich unsere Enkelkinder und stelle mir vor, eines von ihnen wäre für immer verschwunden. Schon der Gedanke ist unerträglich.«
»Ich verstehe.« Marty war schon auf der Treppe, da drehte er sich um. »Stan, dieser Downes – wissen Sie, wo der wohnt?«
»Ja. In dem kleinen Häuschen auf dem Gelände des Klubs.«
»Kommt er öfter bei Ihnen vorbei?«
»Nein. Er wollte mir sagen, dass er einen Job in Florida angenommen hat und die Stadt demnächst verlassen wird. Er dachte, ich würde vielleicht jemanden kennen, der sich um den Job beim Golfklub bewerben will.« Stan lachte. »Ich weiß ja, dass Sonya den meisten Leuten auf den Wecker geht, aber Clint war immerhin so höflich, so zu tun, als sei er richtig an
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