Weil deine Augen ihn nicht sehen
einziges Nervenbündel, das konnte man deutlich sehen. Er hatte sich mit seiner Tasse Kaffee auf das Sofa vor den Fernseher gesetzt und trommelte unablässig mit den Fingern auf dem Stück Schrott herum, das als Couchtisch diente. Er hatte die Nachrichten gesehen, um zu erfahren, ob sie etwas Neues über die Entführung brachten, aber er war immerhin so schlau gewesen, den Ton ausgeschaltet zu lassen. Die Kinder saßen mit dem Rücken zum Bildschirm.
Kelly hatte ein bisschen von den Cornflakes gegessen, die Angie ihnen vorgesetzt hatte, und Kathy wenigstens einige wenige Löffel. Sie sehen beide blass aus, dachte Angie, und ihre Haare sind ganz verstrubbelt. Vielleicht sollte sie versuchen, ihnen die Haare zu bürsten, aber andererseits würde es wieder ein Riesengeschrei geben, wenn irgendwelche Knoten entwirrt werden mussten, und darauf hatte sie nicht die geringste Lust. Vergiss es, dachte sie.
Sie schob ihren Stuhl zurück. »Okay, Kinder. Zeit für ein kleines Nickerchen.«
Sie hatten sich schon daran gewöhnt, nach dem Frühstück wieder in das Kinderbett abgeschoben zu werden. Kathy streckte sogar die Arme aus, um hochgehoben zu werden. Sie weiß, dass ich sie lieb habe, dachte Angie, doch dann stieß sie einen unterdrückten Fluch aus, als Kathys Ellenbogen gegen den Teller mit den Cornflakes stieß, worauf sich der Inhalt auf ihren Schlafanzug ergoss.
Kathy begann zu weinen, ein jämmerliches Heulen, das in einem Hustenanfall endete.
»Ist schon gut, ist schon gut«, sagte Angie gereizt. Und was soll ich jetzt machen, fragte sie sich. Gleich wird dieser blöde Lucas kommen, und mir wurde gesagt, ich soll die Kleinen den ganzen Tag in ihren Schlafanzügen lassen. Wenn ich ein Handtuch unter dem nassen Teil befestige, dann wird’s vielleicht trocknen.
»Pssst, ist ja gut«, sagte sie ungeduldig, als sie Kathy hochhob. Ihr eigenes T-Shirt wurde von dem pitschnassen Schlafanzug
feucht, als sie sie ins Schlafzimmer trug. Kelly kletterte von ihrem Stuhl und lief neben ihnen her. Dabei streckte sie ihre Hand hoch und tätschelte den Fuß ihrer Schwester.
Angie legte Kathy in das Kinderbett und holte ein Handtuch aus der Kommode, das sie unter dem nassen Oberteil des Schlafanzugs befestigte. Kathy hatte sich in der Zwischenzeit eingerollt und lutschte am Daumen. Das ist neu, das hatten wir bis jetzt noch nicht, dachte Angie, während sie Kelly hochhob und in das Kinderbett fallen ließ.
Kelly kam sofort wieder auf die Beine und klammerte sich an den Gitterstäben fest. »Wir wollen nach Hause«, sagte sie. »Du hast es versprochen.«
»Heute Abend kannst du nach Hause«, antwortete Angie. »Also halt jetzt gefälligst den Mund.«
Im Schlafzimmer waren die Rollläden ganz heruntergelassen. Angie wollte gerade einen von ihnen hochziehen, doch dann besann sie sich. Wenn es dunkel ist, schlafen die beiden vielleicht wieder ein, überlegte sie. Sie ging in die Küche zurück und knallte die Tür hinter sich zu, als Warnung an Kelly, keinen Ärger zu machen. Gestern Abend, als das Rotzbalg angefangen hatte, zu toben und das Kinderbett zum Schaukeln zu bringen, hatte ein ordentlicher Kniff in den Arm sie wieder zur Vernunft gebracht.
Clint saß immer noch vor dem Fernseher. Angie fing an, den Tisch abzuräumen. »Diese Zeichentrickvideos da«, kommandierte sie, während sie die Teller ins Becken stellte, »die müssen noch in den Karton mit der Schreibmaschine.«
Dieser komische Kater Karlo hatte Lucas angewiesen, alles, was sie mit der Entführung in Verbindung bringen könnte, im Meer zu versenken. »Damit meint er die Schreibmaschine, die wir für die Lösegeldforderung benutzt haben, und alle Kleider oder Spielsachen oder Bettwäsche, auf denen DNS-Spuren sein könnten«, hatte Lucas Clint erklärt.
Die haben keine Ahnung, wie gut mir das in den Kram passt, dachte Angie.
»Angie, dieser Karton ist zu groß«, protestierte Clint. »Lucas wird Probleme haben, den abzuwerfen.«
»Er ist überhaupt nicht zu groß«, keifte sie zurück. »Der Verdampfer muss auch noch rein, kapiert?«
»Schade, dass das Kinderbett nicht reinpasst.«
»Nachdem wir die Kinder ausgesetzt haben, kannst du es gleich auseinander nehmen, wenn du zurückkommst. Dann kannst du es morgen entsorgen.«
Zwei Stunden später bekam Lucas einen Wutanfall beim Anblick des Kartons, aber darauf war Angie vorbereitet. »Hättest du nicht einen kleineren Karton nehmen können?«, herrschte er sie an.
»Natürlich hätte ich. Vielleicht
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