Weil deine Augen ihn nicht sehen
zeigt, werden die Entführer vielleicht glauben, dass wir sie reinlegen wollen.«
»Aber er muss da sein!« Margaret bemerkte den fast hysterischen Ton in ihrer Stimme und biss sich so fest auf die Lippe, dass sie Blut schmeckte. »Er muss da sein«, wiederholte sie flüsternd. Ihr Blick blieb an den Fotos der Zwillinge
hängen, die auf dem Klavier standen. Meine beiden Kleinen, dachte sie. O Gott, mach, dass wir sie wohlbehalten zurückbekommen.
»Er hat die feste Absicht, dort zu sein«, sagte Martinson. »Er wollte um keinen Preis im Krankenhaus bleiben.« Er tauschte Blicke mit den Agenten aus.
Am Ende war es Steve, der aussprach, was sie alle dachten: »Und wenn er wieder einen Anfall bekommt, wenn er in dem Augenblick, in dem er die Nachricht erhält, wo er das Geld übergeben soll, verwirrt ist oder ohnmächtig wird? Was passiert dann? Für den Fall, dass es Bailey nicht gelingt, Kontakt aufzunehmen, hat Kater Karlo angedroht, dass wir unsere Kinder nie wiedersehen werden.«
FBI-Agent Tony Realto ließ sich seine Gedanken nicht anmerken, doch seine anfänglichen Befürchtungen waren mittlerweile zur Gewissheit geworden. Wir hätten diesen Bailey niemals mit hineinziehen dürfen. Und überhaupt, warum musste er sich auch so aufdrängen?
20
AM MITTWOCHMORGEN um zwanzig nach zehn stand Lucas am Fenster seiner Wohnung, starrte auf die Straße und zog nervös an seiner fünften Zigarette. Und wenn sich Kater Karlo die sieben Millionen schnappt und uns einfach sitzen lässt? Ich hab zwar die Aufnahme mit seiner Stimme, aber vielleicht reicht das nicht, ging ihm durch den Kopf. Und was sollen wir mit den Kindern machen, wenn er sich einfach absetzt?
Aber auch wenn Kater Karlo es ehrlich meint und die Übergabe der Million arrangiert – wir müssten auf jeden Fall zu zweit sein, Clint und ich, damit wir uns irgendwo das Geld schnappen und verschwinden können, ohne dass sie uns erwischen. Bestimmt wird irgendwas schief gehen. Lucas spürte es in den Knochen, und er achtete auf diese Art von Vorgefühl. Es hatte sich als richtig erwiesen, als er, noch als Jugendlicher, zum ersten Mal von den Bullen geschnappt worden war. Und weil er es als Erwachsener ignoriert hatte, hatte er sechs Jahre im Knast absitzen dürfen. Auch damals, als er in dieses Haus eingebrochen war, hatte ihn eine dunkle Ahnung davor gewarnt, es zu betreten, obwohl er die Alarmanlage bereits außer Gefecht gesetzt hatte.
Und wieder hatte ihn sein Gefühl nicht getrogen. Es hatte separate Überwachungskameras gegeben, die jede seiner Bewegungen registriert hatten. Würden sie Clint und ihn
heute Abend erwischen, gäbe es voraussichtlich lebenslänglich.
Und wie krank war das eine Kind? Wenn es ihnen unter den Händen wegstarb, würde alles noch viel schlimmer werden.
Sein Handy klingelte. Kater Karlo war dran. Lucas schaltete sein Aufnahmegerät ein.
»Die Sache läuft wie geschmiert, Bert«, sagte Kater Karlo. »Die Auslandsüberweisung hat geklappt. Und ich bin mir sicher, dass das FBI nicht das Leben der Kinder aufs Spiel setzen und Ihnen zu dicht auf den Fersen sein wird.«
Er sprach wieder mit diesem heiseren Krächzen, womit er meinte, seine Stimme verstellen zu können. Lucas drückte den glimmenden Zigarettenstummel auf dem Fensterbrett aus. Red nur weiter, Junge, dachte er sich.
»Sie sind jetzt am Zug«, fuhr Kater Karlo fort. »Wenn Sie heute Abend Ihr Geld zählen wollen, dann hören Sie jetzt genau zu. Wie Sie wissen, werden Sie ein gestohlenes Auto brauchen. Sie haben mir versichert, dass es für Harry kein großes Problem ist, eins zu beschaffen.«
»Ja. Das ist eines der wenigen Dinge, die er wirklich gut beherrscht.«
»Den ersten Kontakt mit Franklin Bailey werden wir heute Abend um acht Uhr vor dem Time Warner Building am Columbus Circle herstellen. Zu diesem Zeitpunkt müssen Sie und Harry an der West Fifty-sixth Street geparkt bereitstehen, auf der Höhe der Passage zur Fifty-seventh Street, gleich östlich der Sixth Avenue. Sie werden in dem gestohlenen Auto sitzen. Sie werden die Nummernschilder dieses Wagens mit denen eines anderen Autos ausgetauscht haben.«
»Kein Problem.«
»Dann werde ich Ihnen jetzt sagen, wie die Sache ablaufen wird.«
Lucas lauschte und musste widerstrebend anerkennen, dass der Plan gute Aussichten auf Erfolg hatte. Nachdem er
überflüssigerweise Kater Karlo noch einmal versichern musste, dass er das besondere Handy bei sich haben würde, hörte er nur noch das Knacken in der
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